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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

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Haupt, R.: Hakons Halle zu Bergen: nach norwegischen Berichten
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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Käst«

Verlag von t. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge. XVII. Jahrgang 1905/1906 Nr. 13. 26. Januar

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewei beblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der "Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und
Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13 Anzeigen 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse usw. an.

HAKONS HALLE ZU BERGEN

Nach norwegischen Berichten.

In ganz Norwegen ist nächst dem Dome zu
Drontheim das schönste und merkwürdigste Bau-
denkmal der Vergangenheit die Hakonshalle bei
Bergen. Sie ist den Nordmannen, was uns Goslar
und Gelnhausen und die anderen kaiserlichen Häuser;
aber sie ist mehr; denn sie ist noch heute denselben
Zwecken brauchbar und dienstbar, für die sie Nor-
wegens Könige in grauer Vorzeit errichtet haben.

Sie liegt von den Festungswerken umgeben außer-
halb der eigentlichen Stadt, nahe der Stelle, wo die
Dampfschiffe heute anlegen, mit ihren zugehörigen
Bauwerken, dem großen Turm und dem zwischen
ihr und dem Turm erbauten Hause des Kommandanten
eine Gruppe bildend, die aus den Werken heraus
schon in weiter Ferne dem Herankommenden zu-
winkt. Diese Festung hat von alten Zeiten her den
Namen Bergenhus. Der Blick aus ihren Fenstern
oder vom Turme ist unbeschreiblich schön.

Im Anfange des 12. Jahrhunderts ließ sich in
dieser Gegend, nahe dem jetzigen Bergenhus, Eystein
Magnusson (f 1122), der erste König, der zu Bergen
seinen Sitz aufschlug, einen Königshof aufführen.
Der Bau war aus Holz1). König Hakon Hakonsson
(Hakon der Alte, f 1263) begann 1247 den Bau
eines Reichssaales. Das ist nun der große einfache
rechteckige Bau, der unter dem Namen Hakonshalle
noch heute steht. Er erscheint ganz als ein Beispiel
der englischen Hallen; uns Deutsche erinnert er nach
der von ihm gegebenen Beschreibung, abgesehen von
dem gotischen Stil, in dem er erbaut ist, sehr an
des Kaisers und Reiches Saal zu Gelnhausen.

Der Grundbau enthält Keller. Das erste Geschoß
hat einzelne gewölbte, etwas düstere Räume, das
Hauptgeschoß einen einzigen gewaltigen Saal mit
Balkendecke.

Man tritt in diesen von der Treppe aus, die an
der südlichen Schmalseite des Baues halbrund ange-
baut ist, durch ein stattliches Portal des 15. Jahrhunderts.
Die Halle zeigt an der linken (westlichen) Langseite
sieben Fenster, an jeder Giebelseite eins; an der Ost-

1) Der Platz dieses Königssitzes hieß Sverreberg. Das
Gebäude ist 1477 von den Hanseaten eingeäschert worden.

seite sind zwei große Kamine. An der nördlichen
schmalen Seite ist der Raum um ein paar Stufen
erhöht; hier ist der Hochsitz des Königs.

Eine Nebentreppe führt in der Mauer vom unteren
Geschosse herauf. Wie die Anlage der Haupttreppe
gewesen ist, ist nicht bekannt; der jetzige Treppenbau
ist erst angebaut, als vor einigen Jahren die um-
fassende Wiederherstellung des Gebäudes stattfand.
An Ausstattung fehlt es noch vollständig, und es
sind auch die Wände kahl, denen nach altnordischer
Sitte Behang mit Teppichen gebührt. Wenn König
Oskar II. nach Bergen kam, wohnte er beim Komman-
danten, das heißt dieser mußte so lange ausziehen.
Das Königliche an der Wohnung war nur die freilich
unverächtliche Aussicht.

Gleich unseren deutschen Kaiserhäusern hat
Hakons Saal nach den Tagen des Glanzes solche
der tiefsten Erniedrigung gehabt. Im 13. Jahrhundert
war für Bergenhus die Glanzzeit; die Könige hatten
hier ihren festen Sitz und in der Christkirche von
Bergen ihre Ruhestätte. Hakon Hakonsson hatte den
weiten Bereich der Burg mit Mauern umgeben, und
im Inneren freistehend den großen starken Turm
errichtet. Die anderen Gebäude waren aus Holz,
darunter König Inges Halle, die Hakon schon vor-
gefunden hatte und stehen ließ. In der Umfassungs-
mauer Türme und zwei Eingänge. Gleich vor den
Mauern lagen ein paar Kirchen der Stadt.

In der Halle hat 1261 Magnus Lagaböter Hoch-
zeit gehalten, ist 1280 Erich Magnusson gekrönt
worden und hat 1299 Hakon V. die Huldigung
angenommen.

Dann kamen die Tage der Stille, und mit und
nach ihnen die Tage des Verfalls über Burg und
Stadt. Selten betrat mehr ein Herrscher Bergenhus,
und um die Berger Kirchen, die fast alle in Trümmern
lagen, wuchs Gras. Im Jahre 1500 schaute man von
den Burgmauern auf Ruinen von Kirchen und Stiften.

In der Renaissancezeit folgte ein Umschwung.
Die dänischen Könige, die seit langen Zeiten auch
Norwegen beherrschten, haben nun auch zu Bergen-
hus ihre Lust zu bauen betätigt. Vor allem sollte
es aber, unter den geänderten Verhältnissen, wieder
wehrfähig sein, zum Schutze der Stadt und des
Hafens. So ließen Christian II. und sein Nachfolger
die verfallenen Mauern verbessern und erweitern;
die Burg ward zur Festung. Die verkommenen
 
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