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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

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Schmidt, Karl Eugen: Der Salon der Artistes français
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5902#0220

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Personalien — Wettbewerbe — Denkmalpflege

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von Florenz und Siena, vor den Wandgemälden des Fried-
hofes zu Pisa, beim Colleoni und beim Oattamelata.
Wie aus den Renaissanceszenen des Grafen Qobineau
redet aus diesem Gemälde jene furchtbar schöne, prächtige
und stolze Zeit, wo die Kriegsleute Bildersammler, die
Päpste Heerführer waren, wo die Künstler zum Dolche
griffen, um sich des Konkurrenten zu entledigen und
wo ganz Italien in einem Taumel leidenschaftlich durch-
jauchzter Pracht und Schönheit schwelgte und tobte.

Jules Adler, der tüchtige Schilderer moderner Arbeiter,
hat heute eine vor der Armenküche der Verteilung harrende
Schar Männer, Frauen und Kinder dargestellt, eine Arbeit,
die sich wie seine früheren durch realistische Auffassung,
wirkungsvolle Darstellung und gesunde, kräftige Technik
auszeichnet. Das Dreibild der »Bergleute von Anzin« von
Lucien Jonas verdient Erwähnung um der brutalen Wucht
willen, womit diese in der unbarmherzigen Tretmühle un-
ausgesetzter Arbeit zum bloßen Lastvieh herabgedrückten
Menschen dargestellt sind. Zwischen den Arbeitshelden
Meuniers und diesen Arbeitstieren gähnt der weite Ab-
grund, der den Optimismus von dem Pessimismus, das
Ideal von der Wirklichkeit trennt.

Die Leute, die um den Hingang Henners und Bou-
guereaus trauern, finden Trost bei Cave und Seignac, die
das Rezept Bouguereaus, und bei Zwiller, der die Manier
Henners getreulich übernommen. So erben sich nicht nur
Gesetz und Rechte, sondern auch die Manieren beliebter
Künstler wie eine ewige Krankheit fort.

Ich nenne noch den Amerikaner Manuel Barthold, der
bei Frans Hals in die Lehre gegangen ist und eine alte
Holländerin ausstellt, die ohne Zweifel eine Nachkommin
der wackeren Hille Bobbe von Hadem ist; den Russen
Hirschfeld, der zu der bretonischen »Schule« gehört und
auch in diesem Jahre wieder ein treffliches Bild mit bre-
tonischen Fischern ausstellt; den Österreicher Raffael
Kirchner, der in einem tüchtigen weiblichen Bildnis zeigt,
daß er nicht nur auf dem Gebiete der illustrierten Post-
karte Vortreffliches leistet; den Karikaturisten Charles
Leandre, der außer dem sehr guten Bildnis seiner Mutter
ein Dreibild ausstellt, das in humoristischer Weise die
Laufbahn des Malers illustriert; Ferdinand Cormon, der
in seiner Vorlage für einen vom Staate bestellten Gobelin
bei dem Bemühen, farbig zu wirken, etwas bunt wird,
ohne sich sonst über die ihm eigene akademisch korrekte
Nüchternheit zu erheben; den Ungar Läszlö, dessen Bildnis
des Kardinals Vay de Vaya seinen Ruhm nicht erhöhen
wird; Jean Pierre Laurens, der ein ausgezeichnetes Doppel-
bildnis seiner Eltern bringt; den vortrefflichen Landschafter
Alexis Morlot, der den guten Traditionen der poetischen
Schule von Barbizon treu bleibt; die Wienerin Anna Mör-
stadt, welche ein famos saftig und frisch gemaltes Ochsen-
gespann in hell leuchtender Sonne gesandt hat; den an den
holländischen Meistern geschulten Amerikaner Joseph Ra-
phael, dessen »Geburtstag des Bürgermeisters van den
Broek« sich sogar im Amsterdamer Reichsmuseum zeigen
dürfte; den vielleicht allzu berühmten Rochegrosse, der
unter dem Titel »Die rote Freude« ein wüstes Durch-
einander von nackten Frauenleibern, brennenden Palästen,
mordenden Würgern, rauchenden Ruinen und dampfenden
Blutströmen zeigt; den Schotten Spenlove-Spenlove mit
einer famosen Winterlandschaft, in der stille Menschen
den Sarg des alten Lotsen erwarten, der jetzt gleich aus
dem niedrigen Hause getragen werden wird.

KARL EUGEN SCHMIDT.

PERSONALIEN
Der Architekt Professor Friedrich Thiersch, der Bild-
hauer Professor Josef Floßmann in München, sowie Pro-

fessor Max Liebermann, Berlin, sind zu Mitgliedern der Aka
demie der bildenden Künste in Dresden ernannt worden.

St. Petersburg. Zum Konservator an der Gemälde-
galerie der Kaiserlichen Ermitage wurde der Assistent Dr.
James von Schmidt ernannt. An seine Stelle ist als
Assistent Nikolaus Freiherr von Wrangeil "getreten, der bis-
her als Volontär beim Russischen Museum Kaiser Alexan-
der III. tätig war. Gleichzeitig ging der Assistent Dr.
Harald Freiherr von Kroskull von der Gemäldegalerie zu
der Abteilung für Mittelalter und Renaissance über.

Der Dresdener Landschaftsmaler Robert Sterl hat
den Professortitel erhalten. — Dr. Richard Graul, der
Direktor des Grassimuseums in Leipzig, ist gleichfalls zum
Professor ernannt worden.

WETTBEWERBE

Bei dem Wettbewerb, der für die Herstellung zweier
Wandgemälde für den neuen Stadtverordneten-Sitzungssaal in
Quedlinburg ausgeschrieben worden ist, wurde der Ent-
wurf des Berliner Malers Otto Markus mit dem 1. Preis
gekrönt und zur Ausführung bestimmt. Der Darstellung
liegen Ereignisse aus der Geschichte der Stadt zugrunde.

DENKMALPFLEGE

Am 27. und 28. September wird in Braunschweig
der siebente Tag für Denkmalpflege unter dem
Protektorat des Prinzen Albrecht von Preußen stattfinden.

Der Wiederaufbau von Christiansburg. Die
Wiederaufrichtung des 1884 abgebrannten Schlosses zu
Kopenhagen ist nun endlich, nach unsäglichen Mühen
und Verhandlungen und Arbeiten, durch den Reichstag
günstig entschieden. Christiansburg hat glücklicherweise nur
zwanzig Jahre in Trümmern gelegen, sonst wäre noch gar
zu befürchten gewesen, daß zwischen den Kampf der
Wiederaufbauer und der Abtrager (denn auch solche gab
es!) sich noch die Ruinenschwärmer gestürzt hätten und
da wäre ja kein Absehen und kein friedliches Ende ge-
wesen. Immerhin verdient das gewaltige Trümmerskelett
einer ernsthaften und achtungsvollen Erinnerung, durch das
über zwanzig Jahre das »Auge des Nordens«, die Haupt-
stadt am Sunde, an bedeutungsvollster Stelle nicht sowohl,
wie der große Haufe meint, verunziert, sondern um einen
großen, mächtigen Eindruck bereichert gewesen ist, der
dem eindrucksfähigen Beschauer den Charakter der Stadt
mit bestimmt hat.

Das Schloß Christians VI., 1733 gegründet zu einem
würdigen Sitz der unbeschränkten, sich in nichts be-
schränkenden Königsmacht (vergl. das Werk F. Meldahls
»Die Friedrichskirche in Kopenhagen«; dänisch und deutsch,
Kopenhagen und Berlin, 1896), war entworfen und im
Bau eine Zeitlang geleitet von Häuser, 1740 vollendet;
das größte Verdienst an der Ausführung hatte (neben
Leclerc, Thurah und anderen) Nicolaus Eigtwedt. Es hat
16 Millionen Mark gekostet. Der Brand des Schlosses am
26. Hornung 1794 verzehrte alles Brennbare; 1828 war sein
Bau wieder hergerichtet (nach C. F. Hansens Plänen) und so
hat es gestanden bis 1884. Die nun zur Wiederherstellung
zunächst bewilligten Mittel belaufen sich auf 9 Millionen
Mark. Als für die Ausführung am meisten geeignet
wurden in langen Verhandlungen die Pläne des Archi-
tekten Thorwald [örgensen anerkannt Sie ergeben in der
Hauptansicht das alte Königsschloß Vor der langen und
hohen Front ist eine pomphafte Mittelpartie von viermal
zwei Säulen, riesige Fenster dazwischen, darüber ein ge-
waltiger schmückender Giebelabschluß, dahinter, in Flucht
mit der Front, ein mächtiger Turm. Bei den endgültigen
Feststellungen erhoben sich grundsätzliche Widersprüche
von neuem, und der Kampf der Leidenschaften tobte
 
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