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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

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Kühl, Gustav: Das Virchow-Denkmal
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Neues aus Florenz
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5902#0212

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407

Neues aus Florenz — Personalien — Ausstellungen

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sondern es handelt sich um das Gedächtnis Rudolf Virchows.
Davon ist aber bei Klimsch wenig zu merken. Nicht daß es
an sich zu verwerfen wäre, wenn der Künstler den Ge-
feierten persönlich nur andeutet und ihm ein freies Mo-
nument erfindet — im Gegenteil! Aber niemand wird
beim Betrachten dieser symbolischen Plastik und ihres
schweren Unterbaues auf den Gedanken kommen, das sei
ein Denkmal zum Gedächtnis eines Gelehrten; er wird
die Verewigung eines allbewegenden Ereignisses, einer
Volkstat darin vermuten. Der psychische Eindruck des Ge-
samtbildes ist falsch und deshalb hatten die Arzte und
Naturforscher wohl ein Recht, sich gegen die Ausführung
zu verwahren.

In dieser Beziehung wäre die Arbeit von Paul Leib-
küchler, die mit dem zweiten Preise bedacht ist, derjenigen
von Klimsch vorzuziehen, falls nicht überhaupt noch ein-
mal von vorn konkurriert werden soll. Sie ist lange nicht
so bedeutend, so eigen, so interessant wie diese, aber
erstens ist sie einheitlicher im Aufbau, und dann ist es
eben wirklich ein Virchowdenkmal: Der Gefeierte sitzt in
erhöhtem Sessel auf breitem, vielstufigem Sockel einsam
wie ein König da; doch zeigen Haltung und Gesichtszüge,
daß man's durchaus nicht mit einem König zu tun hat,
sondern wirklich mit dem energischen Denker und dem
mißmutigen Charakter, der Virchow war. Freilich ist
nun noch wieder die Frage, ob ein so breit angelegtes
Denkmal auf einen engen Platz und zwischen hohe
Häuser paßt. Es ist aber vorläufig das einzige, das
neben dem von Klimsch ernsthaft in Betracht kommen
kann; unter den übrigen Entwürfen ist wohl manches
Erfreuliche, aber nichts, was zur Ausführung drängte.

a. KÜHL.

NEUES AUS FLORENZ.
Bei früherer Gelegenheit wurde von der Erwerbung
eines Orgelflügels für die Uffizien berichtet, mit der Ge-
stalt eines Engels auf der einen, eines Bischofs auf der
anderen Seite, der dem Melozzo da Forli angehört. Nun
ist auch das Gegenstück angekauft und aufgestellt worden:
mit der Madonna und wiederum einem männlichen Heiligen
auf Innen- und Außenseite. Dieses Stück ist um vieles
schwächer, als jenes andere Bild und ist gewiß nur als
Arbeit eines Schülers anzusehen (als solche betrachtet es
Ricci selbst). Der Heilige hat geringe Qualitäten in Einzel-
heiten; die Gewandmotive sind, wenn auch etwas massig
und überreich, so doch klar entwickelt; die Farbenzusammen-
stellung ist eigentümlich, aber beide Flügel zusammen er-
geben eine auffallende farbige Disharmonie. Auch kann
man die sehr schwache Zeichnung der Hand nicht über-
sehen.

Die Madonna auf der Gegenseite ist noch um ein
wesentliches schwächer, obschon farbig reizvoll, sie ist
gewiß die Arbeit keines Meisters. Da aber die beiden
Gestalten dieses Flügels ganz zu Ende geführt sind, da-
gegen der großartige Engel des anderen Flügels nicht, so
wird das Problem, wie man sich die Entstehung des ganzen
Werkes vorzustellen habe, äußerst kompliziert, und es gibt
keine Antwort, es befriedigend zu lösen.

Corrado Ricci hat diese beiden Stücke, das Doppel-
bildnis Frederigos von Montefeltro und seiner Gattin und
das kleine Triptychon aus Fiorenzo di Lorenzos Schule in
dem Saal aufstellen lassen, die früher Botticellis Haupt-
werke (die Tondi usw.) nebst anderen Cimelien florenti-
nischer Quattrocentokunst aufnahm, weil er allein zwei
Fenster nebeneinander hai, daher die gleichmäßig gute Be-
sichtigung beider Seiten gestattet. Im übrigen ist der Saal
leer gemacht worden; an zweien der Wände hat man die
kartographischen Fresken, vom Ende des 16. Jahrhunderts,

von deren Existenz man wußte, wieder aufgedeckt. Die
dritte Wand schmücken zwei reiche, zeitgenössische Gobe-
lins und in die Mitte vor diese Wand ward die antike Gruppe
von Bacchus und Ompalos gestellt, deren Restauration von
Baron von Liphart, Bayersdorffer u. a. dem Michelangelo
zugeschrieben worden ist. Die Neuaufsteilung setzt gerade
die ergänzten Teile in helles Licht und wird wohl den
alten Zweiflern neuen Zuwachs gewinnen.

Als Ganzes hat dieser Raum, der seine schöne, reich
bemalte Deckendekoration aus der zweiten Hälfte des
16. Jahrhunderts bewahrt hat, durch das neue Arrangement
sehr gewonnen; er ist selten einheitlich und harmonisch
geworden.

In der neuerlichen Konkurrenz der Entwürfe für den
Neubau der Biblioteca Nazionale hat der römische Archi-
tekt Cesare Bazzoni den Preis davongetragen. Man rühmt
seinem Entwurf nach, daß er die Anforderungen, die mo-
derne Technik an ein Bibliotheksgebäude stellt, mit dem
anzugliedernden alten Teil — Brunellescos zweiten Hof
von Santa Croce — taktvoll zu vereinigen verstanden hat.

G. Gr.

PERSONALIEN
Die Berliner Akademie der Künste hat von aus-
ländischen Künstlern einen Maler, zwei Bildhauer und
einen Graphiker zu ihren Mitgliedern erwählt, den Maler
Bruno Liljefors in Engshoenen, die Bildhauer Jules Lagae
in Brüssel und Auguste Rodin in Paris und den Graphiker
Ferdinand Schmutzer in Wien.

AUSSTELLUNGEN
Der Leipziger Kunstverein hat sich durch die
Nachlaßausstellungen zweier bisher nicht allzu bekannter
Künstler, Ludwig Hofelich und Leopold Burger, ein ent-
schiedenes Verdienst erworben. Hofeiich, der ein ge-
borener Leipziger war, ist, wie seine Nachlaßausstellung
zeigt, als Künstler in seinen kleinen köstlichen, stimmungs-
reichen Gemälden ungemein hoch zu bewerten. Neben
einem warmen Farbengefühl offenbart er in seinen Natur-
schilderungen, denen eine gewisse Feierlichkeit eigen ist,
eine malerische Vortragsweise, die minutiös und duftig
zugleich anmutet und von sehr apartem Reize ist. Ein
köstliches kleines Selbstporträt gibt uns das Bild des
Meisters im Arbeitskleid und erinnert in Auffassung und
Technik stark an die Bildnisse aus der ersten Periode des
Frans Hals.

Von dem 1903 in Wien verstorbenen Maler Leopold
Burger zeigt die Ausstellung mehr Studien und Entwürfe
zu vom Künstler geplanten zyklischen Werken als aus-
geführte Gemälde. Burger ist zweifellos eine eigenartige
Künstlernatur gewesen, die in sich einen Zug vom sozialen
Weltapostel und vom Künder menschlichen Mitleids ver-
einigte. Selbst ein Kind des niederen Volkes, hat er tief
das Elend und Leid der unteren Klassen empfunden, und
der Gedanke an die Tragik des Lebens, an den rauhen
Sorgenbrecher Tod lebt in seinen Werken greifbar auf.
Im einzelnen sind dieselben jedoch sehr ungleichmäßig.
Soviel ist sicher, dem Tod ist diese starke Künstlerseele,
von der man noch Größeres hätte erwarten dürfen, viel
zu früh anheim gefallen. Bn.

Das Leipziger Buchgewerbemuseum hat eine Aus-
stellung von Werken ostasiatischer Druckkunst veranstaltet,
die vor allem die Geschichte der chinesischen Buchkunst
illustrieren. Außerdem ist aus dem Besitz der Firma
K. W. Hiersemann in Leipzig eine stattliche Anzahl von
japanischen Farbenholzschnitten ausgestellt, die einen Über-
blick über die Geschichte der japanischen Holzschnittkunst
 
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