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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

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Wulff, Oskar: Ein Schlusswort über das Mosaik von S. Michele in Affricisco
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5902#0052

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87

Ein Schlußwort über das Mosaik von

S. Michele in Affricisco — Erwiderung

S8

EIN SCHLUSSWORT ÜBER DAS MOSAIK VON
S. MICHELE IN AFFRICISCO.

Der in der »Kunstchronik« Nr. 1 erschienene Artikel
über den »Erhaltungszustand des Ravennatischen Mosaiks
im Kaiser-Friedrich-Museum« ist von der Direktion des
Museums der Redaktion der »Rassegna d'Arte« mit der
Bitte um Wiedergabe zugesandt worden. Diesem Wunsche
wurde nicht entsprochen. Wie berechtigt er war, beweist
der Umstand, daß sich selbst in den kurzen Hinweis auf
unsere Ausführungen, den das neue Heft der Zeitschrift
zur Einleitung einer polemischen Entgegnung C. Riccis
bringt, ein schweres Mißverständnis eingeschlichen hat.
Aus keiner meiner bisherigen Äußerungen wird man her-
auslesen können, daß ich die Schäden des Denkmals haupt-
sächlich auf die ungünstigen Umstände zurückgeführt habe
denen es — zum Glück nur kurze Zeit — an seinem ur-
sprünglichen Platze ausgesetzt war. Daß aber in ihnen für
die Zukunft eine Gefahr lag, gegen die zur Zeit der Ab-
nahme keine genügenden Vorkehrungen getroffen waren,
diese Tatsache vermag auch Riccis Versicherung, daß sich
in Ravenna selbst Kunstfreunde zu seinem Schutze ge-
funden hätten, nicht aus der Welt zu schaffen. Wenn ein
Marmorkapitäl daselbst in der Folge unbeschädigt blieb,
so bildet das bei der verschiedenen Widerstandskraft der
Materien — Kalkmörtel und Marmor — gegen das Zu-
sammenwirken von Feuchtigkeit und mechanischen Kräften,
keinen ernstlichen Gegenbeweis. Riccis Erwiderung trifft
überhaupt nur Neben- oder Vergleichspunkte und wiederum
nicht den Kern der Frage. Ich will ihm gerne zugeben,
daß ich mir in der Bezeichnung der damals restaurierten
Mosaiken von S. Apollinare Nuovo eine Unklarheit des
Ausdrucks habe zuschulden kommen lassen (vgl. die Be-
richtigung in Nr. i). Wenn er jedoch meinem Hinweis
auf die umfänglichen Restaurationen ravennatischer Mo-
saiken entgegenhält, in Ravenna ständen nur gänzlich er-
neuerte Figuren, Köpfe, Gewandpartien usw. neben voll-
kommen erhaltenen, — ob dieser Vorzug gerade so groß
ist, bleibe dahingestellt — so mag das für die in neuester
Zeit unter seinen Augen durchgeführten Wiederherstellungs-
arbeiten zutreffen, dagegen nicht für die zweifellos an den
meisten Denkmälern und meines Erachtens auch in S. Gio-
vanni in fönte vorhandenen älteren Flickereien. Schließlich be-
rührt das alles nicht unmittelbar die Frage der Erhaltung des
Mosaiks von S. Michele. Es genügt auch nicht, daß Ricci
wieder die mir und allen Fachgenossen bekannten Pro-
zesse seiner Abnahme, Ausbesserung, Versendung usw.
nochmals aufzählt, um zu beweisen, daß es nun ganz und
gar seinen ursprünglichen Charakter verloren haben müsse.
Erst die ins einzelne gehende Untersuchung kann ent-
scheiden, wieviel daran noch den ursprünglichen Stilcha-
rakter rein bewahrt. Wie ich darüber denke, habe ich be-
reits eingehend begründet und stehe nicht an, auf Riccis
Appell an meine Freimütigkeit, dessen es darnach nicht
bedurfte, nochmals zu erklären, daß ich die Köpfe der drei
Hauptfiguren nach ihrer ganzen technisch-stilistischen Zu-
sammensetzung zu den besterhaltenen Stücken ravenna-
tischer Mosaikmalerei zähle, die uns über deren Entwicke-
lungstendenz hochwichtige Aufschlüsse geben. Daß bei Aus-
wechselung der Unterlagen und bei der Anbringung auf
einer neuen Mörtelschicht in ihrer Zeichnung minimale Ver-
schiebungen stattgefunden haben dürften, und daß dadurch
die Proportionen der Gestalten vielleicht noch etwas mehr
beeinflußt worden sind, berechtigt noch lange nicht, die Be-
deutung des Mosaiks in der Weise herabzusetzen, wie es
durch Ricci geschehen ist. Von den Gestalten der Heiligen
Cosmas und Damian und des Weltenrichters abgesehen, die
in der Tat nur spätere Lückenbüßer darstellen, gibt uns

aber auch das Ganze, wenngleich keine völlig ungetrübte,
so doch immer noch eine sehr deutliche und tiefe Vor-
stellung von dem Zusammenklang der Bilder und der Pracht
der Farbenharmonie. Da diese Gesamtwirkung eine stil-
getreue ist und außerdem die wichtigsten Partien ihren
originalen Charakter bewahren, so kommt es nicht darauf
an, wieviel Quadratzoll mehr oder weniger neuer Glas-
stifte in den untergeordneten oder rein ornamentalen Teilen
eingefügt sind. Damit muß ich die Diskussion so lange
für beendet halten, als Ricci nicht in der Lage ist, sein
schnell gefälltes Verdikt durch Besichtigung des Originals
einer Nachprüfung zu unterziehen. o. Wulff.

ERWIDERUNGEN
Unter »Personalien« brachte die »Kunstchronik« in Nr.33
eine Nachricht, die sich mit dem Rücktritt des Herrn Prof.
Dr. Justi von der Leitung des Städelschen Instituts be-
schäftigt. Trotz der zahlreichen Unrichtigkeiten, die dieser
Artikel enthält, hatten wir nicht beabsichtigt, eine Erwiderung
zu bringen, ebensowenig, wie wir auf den ebendort zitier-
ten Angriff der »Vossischen Zeitung« oder Äußerungen
anderer Blätter geantwortet haben. Wir unterließen jede
Polemik in der festen Überzeugung, daß die Entwickelung
der Dinge unsere Rechtfertigung vor der Öffentlichkeit besser
übernehmen würde, als es mit kurzen Dementierungen ge-
schehen kann. Der Umstand aber, daß wir bei den Ver-
handlungen über Neubesetzung der Direktorstelle erfahren
müssen, daß die unwidersprochenen Behauptungen der
Presse in den beteiligten Kreisen ganz unberechtigte Be-
denken wachgerufen haben, veranlaßt uns, Sie um die Auf-
nahme folgender Richtigstellungen höflich zu ersuchen.

1. Die Gründe, die Herrn Professor Justi zum Aus-
scheiden aus seiner Stellung veranlaßt haben, sind durch-
aus falsch wiedergegeben. Herr Professor Justi, sowie sein
Vorgänger, Herr Professor Dr. Weizsäcker, der fast vierzehn
Jahre lang an unserem Museum tätig war, müssen sehr
erstaunt gewesen sein, als sie von den hier herrschenden
»unleidlichen Verhältnissen« lasen und von den »endlosen
Widerwärtigkeiten«, mit denen sie zu kämpfen gehabt. Die
Wahrheit ist, daß keiner der beiden Herren jemals mit der
Administration eine nennenswerte Differenz hatte; kein
Mißklang persönlicher oder dienstlicher Art störte jemals
die gemeinschaftliche Arbeit. Professor Weizsäcker schied
aus, als er einen ehrenvollen Ruf nach Stuttgart erhielt;
Professor Justi gab seine Demission, als die Administration
es ablehnte, sich ihm gegenüber in bezug auf ihr zukünf-
tiges Verhalten zu den städtischen Behörden zu binden.
Wir vermeiden es, hier auf Details einzugehen; nur das sei
erwähnt, daß nach Ausschaltung unberufener Vermittler die
direkten Verhandlungeu zwischen den berufenen Gremien
anscheinend erfolgreich verlaufen.

2. Die Erwähnung der Amtsniederlegung des Herrn
Direktorial-Assistenten Flett ist an der zitierten Stelle durch
nichts gerechtfertigt. Herr Flett verläßt seinen Posten, weil
er aus dem Museumsdienste überhaupt ausscheiden will:
in keiner Weise haben ihn dazu unsere »unleidlichen« Ver-
hältnisse bestimmt.

3. Unrichtig ist ferner die Nachricht, die Stadt Frank-
furt habe zwei große Legate erhalten. Richtig ist vielmehr,
daß der Stadt Frankfurt das Legat des verstorbenen Herrn
Pfungst aus Worms zufiel, dessen jährliche Erträgnisse
30000 Mark nicht übersteigen werden. Ein anderes Ver-
mächtnis, das des Herrn Karl Schaub, im Betrage von etwa
800000 Mark, fiel nicht der Stadt zu; nach der Bestimmung
des Stifters sollen die Erträgnisse zur Vermehrung der
Sammlungen des Städelschen Instituts verwendet werden.

4. Unrichtig ist schließlich die Behauptung des Auf-
satzes, die »Stadt habe der Städelschen Administration die
 
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