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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

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Hermanin, Federico: Römischer Brief, [1]: (neue Ausgrabungen auf dem Forum Romanum - Das Museum)
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5902#0099

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Nekrologe — Personalien — Denkmalpflege

182

Kaiser und die ihm am nächsten stehenden be-
stimmt und die untere für Senatoren und Gefolge.
Eine solche Art von Tribüne mit höheren und
niedrigeren Logen sieht man auf dem Konstantins-
bogen. Der höhere Bau mißt zwanzig Fuß seitlicher
Länge. Boni kam zur Ansicht, das Ganze als Tribunal
des Trajan anzusehen, durch eine genaue Prüfung
der berühmten Anaglypha des Trajan, von denen
man nie so recht wußte, zu welchem Monument sie
wohl gehört haben könnten, so daß man angenommen
hatte, sie könnten zu den seitlichen Schranken der
Rostra Augusti gehört haben.

Boni nimmt an, daß auf den zwei Trajanischen
Reliefs der Kaiser zweimal auf den Rostra dargestellt
sei und ein drittesmal endlich auf dem suggestum
seines Tribunals und zwar in der mittleren Gruppe
des nördlichen Reliefs, die sich auf die pueri und
puellae alimentariae bezieht. Der Kaiser sitzt auf
der sella curulis und hält in der linken Hand wahr-
scheinlich das Zepter. Er ist von Lictoren begleitet
und ihm nähert sich die symbolische Figur Italiens,
welche ein Kind im Arme hält und ein anderes an
der Hand führt. Die Nähe der Marsiasstatue zeigt
uns, daß man diese Darstellung des Kaisers nahe an
den Lacus Curtius setzte und deutet dadurch auf den
gerichtlichen Charakter der Darstellung, weil doch
Marsias ein Symbol der Gerechtigkeit und der Frei-
heit war. Plinius und Tacitus loben Trajan wegen
der Einrichtung des Tribunal principatus und weil
es ihm gelungen sei, die Freiheit trotz des Fürsten-
tums bestehen zu lassen. Nun sind die Anaglypha
zwanzig Fuß lang wie die Seiten der ausgegrabeneu
Logenfundamente und daher nimmt Boni an, daß sie
dort als Seitenschranken gestanden haben, so daß der
Kaiser vorne den freien Blick auf das Comitium, das
Argiletum und die versammelte Volksmenge hatte,
und auf den Seiten die großen Reliefs, auf denen
die anderen Forumsmonumente dargestellt waren, die
in Wirklichkeit sich seinem Blick entzogen. Die
Darstellung der Opfertiere bezieht sich dann wohl
auf die purificatio des Ortes, wo das Tribunal er-
richtet wurde; eine purificatio, die sich als notwendig
erwies, weil die Stelle durch die Errichtung des Domi-
tianischen Monumentes unrein geworden war. Das
Tribunal wurde wohl zerstört, als man im 4. Jahr-
hundert die Bases honorariae baute.

Höchst interessant ist die Arbeit der Einrichtung
des ehemaligen Klosters von Santa Francesca Romana
als Museum, in welchem Boni alles Bewegliche, was
bei den Ausgrabungen auf dem Forum gefunden
wird, zu sammeln und geordnet auszustellen gedenkt.
Das alte Kloster ist wie umgewandelt und Maurer
und Tischler sind emsig beschäftigt mit Umbauen und
Restaurieren. Das Restaurieren ist so peinlich ge-
wissenhaft durchgeführt, daß dadurch Rom um ein
interessantes, kunsthistorisch wichtiges Denkmal reicher
werden wird. Wie so oft bei römischen Bauten
findet sich hier im alten Olivetanerkloster in nicht
großem Räume das Zusammenarbeiten von Jahr-
hunderten und Boni hat es so eingerichtet, daß die
verschiedenen Bauten vollständig zur Geltung kommen

werden. Sein Werk ist um so lobenswerter, als er
bei den zeitlich und künstlerisch so verschiedenen
Bauten keine Zeit und keinen Stil vorgezogen hat,
] was ja bei den modernen Restaurierungen so oft der
Fall ist. So ist die eigentümlich verschnörkelte
Treppe aus dem 17. Jahrhundert, die sich um ernste
Renaissancepfeiler kapriziös windet, unberührt ge-
blieben und über sie steigt man zum Quattrocento-
klosterhof, zwischen dessen achteckigen Pilastern die
verbauten Bogen eines alten chiostro aus dem 12.
Jahrhundert ganz zum Vorschein gekommen sind,
und der sich an die Apsis der Kirche lehnt. An den
Wänden des Klosterganges sind mittelalterliche Fresken
mit großer Geduld fixiert worden. Aus dem Hof
führt eine Tür in die eine Cella des hadrianischen
Tempels der Venus und Roma, die bis vor kurzem
unzugänglich war. Der wunderschöne Marmorfuß-
boden ist zum Vorschein gekommen und eine große
Menge Bruchstücke von Porphirpilastern, die man
wieder aufrichten wird. Im unteren Geschosse des
Museums wird das prähistorische Sepulcretum, welches
in freier Luft einem sicheren Untergange geweiht
wäre, untergebracht werden; in den oberen Sälen, in
großen Regalen, sollen die genau nach Schichten ge-
ordneten Funde aufgestellt werden. Ein geräumiger
Saal, welcher mit schönen Kopien der wichtigsten
Fresken von Santa Maria Antiqua geschmückt ist,
wird für die Vorlesungen eingerichtet, ein anderer
für die Bibliothek, in der Boni möglichst alles zu
sammeln gedenkt, was nicht nur das Forum, sondern
alle klassischen Altertümer Roms betrifft.

FEDERICO HERMANIN.

NEKROLOGE
Der treffliche Porträtist und Oenremaler Johannes
Kleinschmidt ist in Kassel im Alter von 47 Jahren ge-
storben.

In Petersburg ist der einundachtzigjährige Landschafts-
maler Leo Felixowitsch Lagorio, der in seiner Heimat
ungemein geschätzt wurde und von dem das Museum der
Akademie der Künste eine große Landschaft »Capo di
monte in Sorrento« besitzt, gestorben. Besonders beliebt
waren seine Bilder vom Schwarzen Meer und aus der Krim.

Der tüchtige römische Architekt Enrico Guj ist ge-
storben. Er war seit langen Jahren Professor am Poly-
technikum und bis vor kurzem Präsident der Accademia di
S. Luca in Rom. Zu seinen besten Arbeiten gehört die Wieder-
herstellung der Farnesina dei Baullari, bei welcher er sein
feines Gefühl für Renaissancekunst glänzend zeigen konnte.

PERSONALIEN
Die Künstlervereinigung Luitpold-Gruppe hat auf
ihrer Generalversammlung am 16. Dezember den Vorstand
für das neue Vereinsjahr gewählt: 1. Vorsitzender ist
Professor Karl Marr, 2. Vorsitzender P. F. Messerschmidt.
Ferner befinden sich noch folgende Künstler im Vorstand:
Professor Fritz Baer, Kunz Meyer, Professor Wilhelm
Löwith, Raoul Frank, Professor Karl Bios, Ph. Otto Schaefer,
Georg Schuster-Woldan, Walter Thor, Hermann Urban,
Wenzel Wirkner.

DENKMALPFLEGE
Holländische Denkmalpflege. Die »München. Allg.
Ztg.« gibt eine Zusammenstellung der Summen, die der
 
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