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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

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Neueste Veränderungen des römischen Stadtbildes
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5902#0038

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Sammlungen

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Ausstellung zu sehen gewesen, so das Votivbild des Orafen
Qumprecht zu Neuenahr vom Meister von S. Severin,
die mit minutiöser Feinheit ausgeführten, ungemein reiz-
vollen Figuren des Evangelisten Johannes und der heiligen
Agate von Quinten Massys (der Düsseldorfer Katalog
äußerte Zweifel an dieser Zuteilung), das Damenbildnis
van Dycks, das lachende Selbstbildnis des greisen Rem-
brandt neben der Büste eines römischen Kaisers, die Bild-
nisse eines Ehepaares und das Fischermädchen von Frans
Hals und einige schöne Landschaften. Unter den damals
nicht ausgestellten steht Rembrandts Bildnis eines Geist-
lichen im pelzverbrämten Mantel, der von der Bibellektüre
aufblickend dem Beschauer sein hageres durchgeistigtes
Gesicht zuwendet, an erster Stelle. Unter den Landschaften
gehören die von Ruisdael und Hobbema nicht zu den her-
vorragendsten Werken dieser Meister, dagegen finden wir
einige ganz ausgezeichnete Marinen, darunter ein höchst
interessantes Nachtstück von Aelbert Cuyp. Unter den
wenigen nicht holländischen Werken befinden sich zwei
Werke von Murillo, eine büßende Magdalena und ein Bild
in der Art der Münchner Gassenbubenbilder mit einer
alten Frau, die sich wütend nach einem sie beim Essen
störenden Jungen umsieht, und eine prächtige Ansicht des
Canale grande von Canaletto. — Die bereits kurz erwähnte
Ausstellung der Sarreschen Sammlung islamischer Kunst
im ersten Stock des Museums erregt das Interesse der
Kunstfreunde in hohem Maße. Besonders seit der denk-
würdigen Ausstellung im Pariser Musee des Arls decoratifs
ist auch in weitere Kreise der Forscher und Sammler die
Erkenntnis gedrungen, daß die Erzeugnisse dieser Kunst
einen solchen Geschmack in Farbe und Formgebung und
eine solche Meisterschaft der technischen Behandlung
zeigen, wie sie sonst nur die Japaner besitzen. In Paris
schien sogar eine Zeitlang die Japanschwärmerei durch
sie zurückgedrängt zu werden. Eine besondere Anziehungs-
kraft besitzt die Sarresche Sammlung noch dadurch, daß
wir es nicht mit mehr oder minder zufälligen Ankäufen
eines reichen Liebhabers, sondern mit den Ergebnissen der
Forschungsreisen eines ausgezeichneten Gelehrten zu tun
haben. Sowohl die mittelalterliche Blütezeit der persischen
Kunst im 12.—14. Jahrhundert wie ihre Nachblüte im 16. und
17. Jahrhundert sind mit charakteristischen Werken ver-
treten. Unsere Aufmerksamkeit wird zunächst durch die
Teppiche angezogen, unter denen ein Gartenteppich (das
heißt ein Teppich mit der Darstellung eines stilisierten,
von geradlinigen Kanälen durchzogenen Gartens), ein Tier-
teppich aus dem 16. Jahrhundert und mehrere Vasenteppiche
hervorgehoben seien. Sehr reich und mannigfaltig sind
die Fayencen vertreten: Tongefäße mit Goldlüster aus den
Ruinen von Rhages (unweit Teheran, 13. Jahrhundert), von
wo die Technik auch nach Ägypten überging, Fliesen aus
persischen Gebetsnischen, darunter besonders einige in
einem wundervollen Dunkelviolettblau, spanisch-maurische
Majoliken aus dem 14.—17. Jahrhundert, Nachahmungen
chinesischen Porzellans, besonders der Seladonvasen, in
Fayence usw. Außer reizvollen Ornamenten finden wir
bei diesen Unterglasurmalereien schon im 13. und 14. Jahr-
hundert nicht nur flotte Tierfiguren, sondern auch mensch-
liche Figuren in Gebetsstellung usw. Das Bilderverbot
des Islam war ja lange nicht so streng und allgemein-
gültig, wie man früher annahm. Auch unter den Gläsern
befinden sich einige sehr schöne Stücke, so besonders eine
syrische Moscheenlampe aus dem 14. Jahrhundert. Weit
bedeutender aber ist die Sammlung der Metallarbeiten, be-
sonders der sogenannten Mossularbeiten, mit Gold, Silber,
Kupfer tauschierter und dann mit ornamentalen Zeichnungen
versehener Metallgefäße. Immer wieder erstaunt man
dabei über die vielerlei Beziehungen zwischen weit ent-

fernten Ländern, und zwar keineswegs nur innerhalb der
Welt des Islams. Persische Metallarbeiten werden in
Venedig nachgeahmt, umgekehrt gelangen ägyptische
Bronzeleuchter in die Grabkapelle der Colleoni zu Tiene
bei Vicenza. Chinesisches Porzellan wird für den Export
mit europäischem Dekor versehen und diese eigentümliche
Bastardware in Persien nachgeahmt. Außer diesen kunst-
gewerblichen Erzeugnissen enthält die Sammlung auch
persisch-indische Zeichnungen und miniierte Handschriften,
darunter einen prachtvoll gebundenen Koran aus dem
16. Jahrhundert. a.

Antiken in Amerika. Wer nach der großen Republik
jenseits des Ozeans eine Studienreise macht, wird meistens
dahingeführt, um die moderne Technik, die ungeheure
Entwickelung, die merkwürdigen volkswirtschaftlichen Ver-
hältnisse kennen zu lernen. Dabei betrachtet man natürlich
auch mit, was die Museen, öffentliche und zugängliche
private, an Kunstschätzen, namentlich Bildern der Renais-
sance und von den berühmten französischen Malern des
letzten und englischen des 18. Jahrhunderts, besitzen. Die
Archäologie hat bis jetzt nur diejenigen Gelehrten über
das Wasser getrieben, welche sich mit den alten Kulturen
Zentral- und des nordwestlichen Südamerikas beschäftigen
wollten. Ein Aufsatz Furtwänglers, der über das von dem
Münchener Gelehrten während seiner amerikanischen Reise
1904 Gesehene berichtet, in den Sitzungsberichten der
bayrischen Akademie der Wissenschaften, »Antiken in den
Museen Amerikas« (1905, p. 241 ff.) weist aber darauf hin,
daß auch die klassische Archäologie in Anbetracht der
stattlichen Menge, darunter ganz hervorragender, Denkmäler
antiker Kunst mit Amerika zu rechnen hat. An der Spitze
der amerikanischen Antikensammlungen stehtals ein Museum
allerersten Ranges das >Museum of fine Arls« in Boston,
das in wenigen Dezennien in bewundernswerter Weise
geschaffen worden ist. Diese Sammlung, über deren Wachs-
tum wir durch die jährlichen Berichte des deutschen Archäo-
logischen Anzeigers au fait gehalten sind, ist mit ebensoviel
Umsicht, historischer Kritik und Wissen, wie mit feinem,
künstlerischem Geschmacke ausgewählt. Die Abteilungen
der Marmorskulpturen — das Münchener Gipsmuseum besitzt
die Abgüsse zweier Jünglingstorsi praxitelischen Stils aus
Boston, die das Entzücken aller Besucher bilden —, der
Vasen, der griechischen Bronzen und Terrakotten, der
Gemmen und der Goldarbeiten, alle enthalten gewählteste
Stücke ersten Ranges. Im Jahre 1903 hat dieses Museum
von Herrn Francis Bartlett nicht weniger als 290 Gegen-
stände aus verschiedenen Kunstzweigen der Antike, darunter
20 Marmorwerke, zum Geschenk erhalten. Furtwängler
betont ausdrücklich, daß die Schätze dieses Museums, das
unter der Leitung Edward Robinsons steht, bei den archäo-
logischen Studien in Zukunft eine wichtige Rolle spielen
werden, und von keinem Gelehrten übersehen werden
dürfen. — Auch das »Foggs Museum of Art« in der Bostoner
Universitätsstadt Cambridge enthält eine kleine Sammlung
von Antiken. — Das nach Boston reichste Museum an
Wertvollem und Gutem aus der Antike ist das Metropolitan
Museum of Art in New York. Von der jüngsten einzigartigen
Erwerbung desselben, dem jonisch-etruskischen Bronze-
wagen aus Norcia, war an dieser Stelle schon die Rede.
Auch die Wandmalereien von Bosco Reale sind bekannt.
Außerdem zählt Furtwängler noch zahlreiche hervorragende
Bronzegegenstände auf, darunter einen Camillus, das heißt
einen römischen Opferknaben aus dem 1. Jahrhundert vor
Chr., eine prächtige Gruppe »Thronendes Bild der Kybele
auf einem von zwei Löwen gezogenen Wagen«, einen beten-
den Jüngling, etruskische Arbeit nach peloponnesischem
Vorbild um 400 vor Chr., Bronzestatuette des thronenden
Zeus, eine der schönsten erhaltenen sitzenden Zeusbronzen,
 
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