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Vermischtes
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der Darstellung des Mosaiks und den Fragmenten aus
Euripides Tragödie Erechteus, oder besser gesagt, zwischen
dem griechischen Originalwerk, nach welchem der römische
Künstler wohl sein Mosaik komponiert hat, und der Tra-
gödie. Im sitzenden Manne sieht er Erechteus und in
dem Mädchen dessen Tochter, welche der nebenstehende
greise Priester zu opfern im Begriff ist, um die Stadt vor
dem Angriff des Eumolpos, der Eleusiner und Trakier zu
retten. In der dargestellten Frau erkennt Professor
Engelmann Prascithea, die Gemahlin des Erechteus, und
in den danebenstehenden jüngeren die zwei anderen Töchter,
die der Schwester freiwillig in den Tod folgen werden.
Der dahinstürmende Mann wäre dann Eumolpos, die
Schlange, die sich um sein Bein windet, das Sinnbild der
Athena, die ihre Stadt schützt. Der vierzehnjährige Knabe
in der Mitte auf dem Schöße der Frau soll Erechteus Erbe
und Thronfolger sein. Professor Engelmann deutete
schon auf die Beziehungen hin, welche diese einzig da-
stehende Darstellung des Mythus des Kampfes zwischen
Erechteus und Eumolpos mit den Fragmenten des Skul-
pturenschmuckes des Erechtheion haben kann, und schloß
seinen Vortrag, indem er den Wunsch aussprach, daß es
jemand gelingen möge zu erfahren, wo das verschwundene
hochinteressante Mosaik hingekommen ist. — Dr. L. Pollah
berichtet über den interessanten Fund eines marmornen
Laokoonarmes, den er bei einem Antiquar gemacht hat.
Die Überzeugung, daß der rechte Arm des Laokoon falsch
ergänzt ist in seiner emporgestreckten Stellung, ist allge-
mein und nicht anfechtbar. Der Arm war in der letzten
Anstrengung, den tödlichen Biß der Schlange abzuwehren,
zusammengebogen, so daß man am Kopfe der Statue noch
sieht, wo die Locken wegen des Ansatzes der geballten
Hand abgebrochen sind. Tizian, in seiner von Niccolö
Boldrini in Holz geschnittenen Karikatur von Baccio Ban-
dinellis Kopie des Laokoon, stellt mit richtigem künstle-
rischem Gefühl den rechten Arm auch nicht ausgestreckt,
sondern gebogen dar. Der von dem Vortragenden ge-
fundene Arm ist in gebogener Stellung und es befindet
sich daran ein Bruchstück der Schlange, die, wie in der
vatikanischen Gruppe, schuppenlos ist. Die Hand ist ab-
gebrochen, und am oberen Teil ist ein Stift aus Bronze.
Der Arm ist in kleineren Proportionen und oberflächlicher
gearbeitet als die Gruppe, und nicht wie diese aus grechetto,
sondern aus parischem Marmor; gehörte also wohl zu
einer etwas kleineren Kopie. Wichtig ist der Fund, weil
man dadurch endlich die Gewißheit gewonnen hat, wie
die berühmte Gruppe richtig ergänzt werden müßte. Dr.
Pollak hat das wertvolle Bruchstück dem Vatikanischen
Museum geschenkt. Federico Hernm,,,;,.
VERMISCHTES
In Bremen ist eine Vereinigung nordwestdeutscher
Künstler gegründet worden. Unter den Mitgliedern dieser
Vereinigung sind an erster Stelle die Worpsweder Maler
Mackensen, Modersohn und Vogeler zu nennen, dann
Bernhard Winter, Carlos Grethe, Feddersen, Ernst Oppler-
Hamburg, Dettmann, Alberts, Hein, Gotthard Kuehl, Claus
Meyer, P. Behrens, Magnussen und Schaper. Diese neue
Vereinigung verfolgt den Zweck, gemeinsame Ausstellungen
zu veranstalten, wo ihre Kunst, die, durch die Heimat be-
einflußt, eine starke persönliche Note trägt, sich nach außen
hin zeigen soll. In der Bremer Kunsthalle wird im Herbst
dieses Jahres die erste Ausstellung der neuen Vereinigung
stattfinden.
Die Künstlerkolonie Rastede. Der Großherzog
von Oldenburg wird in seiner Sommerresidenz Rastede, an
der Bahn Oldenburg-Wilhelmshaven, einem reizenden
kleinen, von Park und Wald eingeschlossenen Ort, eine
neue Künstlerkolonie begründen. Bildhauer Professor
Peterich-tAünchzn hat vom Großherzog den Ruf erhalten,
nach Rastede überzusiedeln, woselbst ihm ein dem Groß-
herzog gehöriges, in unmittelbarer Nähe des Schlosses be-
legenes Vorwerk zur Verfügung gestellt werden soll.
In London wird bei Colnaghi jener prachtvolle Tizian
aus dem Palazzo Barberini, das Porträt des Kardinals
Bembo darstellend, zum Kauf angeboten. Auch dieses
Kunstwerk ist aus Italien herausgekommen, ohne daß es
der Staat und die Behörden verhindern konnten.
Nach erfolgter Ergänzungswahl hat sich der Vorstand
der Münchener Künstlergenossenschaft neu konstituiert
und setzt sich für das Jahr 1906 wie folgt zusammen: der
Präsident ist Karl Albert von Bauer, Stellvertreter August
Holmberg; Schriftführer Richard Groß, Stellvertreter des-
selben Ludwig Dasio; Kassierer Karl Georg Barth. Außer-
dem gehören dem Vorstand noch die folgenden Künstler
an: Julius Adam, Adolf Eberle, Adolf Echtler, Johann
Friedrich Engel, Joseph Michael Holzapfel, Hermann Knopf,
Emil v. Lange, Franz Pernat, Richard Scholz, Heinrich
Wadere, Ludwig Willroider.
Unter dem Namen »Verbindung bildender Künst-
lerinnen Berlin-München«; hat sich eine Ausstellungs-
gruppe von zwölf Damen gebildet. Derselben gehören an
aus Berlin die Damen Dora Hitz, Käthe Kollwitz, Sabine
Lepsius, Hedwig Weiß, Julie Wolfthorn, Eva Stört; aus
München: Linda Kögel, Sophie v. Scheve, Mary v. Kunowski,
Viktoria Zimmermann, Ida C. Ströver und Anna v. Amira.
Die Kupferplatten Rembrandts. Der »Temps«
brachte vor-kurzem die etwas merkwürdige Nachricht, daß
95 Originalkupferplatten Rembrandtscher Radierungen auf-
gefunden und dem Museum im Haag überwiesen worden
seien. Wie die »Frkf. Ztg.« meldet, haben die glücklichen
Finder dieses Kunstschatzes eine Anzahl neuer Abzüge
herstellen lassen, die in Form eines Albums in den Ver-
kauf gebracht werden sollen. Jüngst wurden nun dem
Kupferstichkabinett der Bibliotheque Nationale etwa ein
Dutzend dieser Abzüge vorgelegt, deren Prüfung ein be-
denkliches Schütteln des Kopfes bei den Begutachtern
hervorgerufen haben soll. Man darf deshalb den weiteren
Mitteilungen über diesen seltenen Fund mit Interesse ent-
gegensehen.
Kunstausstellungen auf dem Ozean. Schon vor
einiger Zeit tauchte der Gedanke auf, die schönsten
deutschen Ozeandampfer den Zwecken von Gemäldeaus-
stellungen dienstbar zu machen, um auf diese Weise der
deutschen Kunst, die »drüben« noch so wenig gekannt
und geschätzt wird, neue Absatzgebiete zu erschließen.
An sich wäre die Idee nicht schlecht, wenn man nicht
fürchten müßte, daß es auch bei den größten Luxus-
dampfern von modernstem Typ doch vielleicht an der
nötigen Beleuchtung — elektrisches Licht wäre bei Be-
trachtung von Kunstwerken nur ein Notbehelf — und an
dem erforderlichen Raum fehlen könnte. Doch scheinen
diese Bedenken die maßgebenden Kreise Hamburgs,
welche, wie wir hören, die Sache bereits in die Hand
genommen und sowohl mit den besten deutschen Künst-
lern, als auch mit den ersten Reedereien Verhandlungen
eingeleitet haben, nicht abzuschrecken, so daß über kurz
oder lang jeder Ozeandampfer seine eigene Kunstausstel-
lung mit sich führen wird, die hoffentlich zwanglos und
unberührt von der Kritik auf dem Meere schaukeln wird.
In Leipzig geht man mit dem Plan um, ein Schiller-
Denkmal auf der Promenade vor dem Alten Theater zu
errichten, das man am 150. Geburtstage des Dichters im
Jahre 1909 zu enthüllen gedenkt.
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der Darstellung des Mosaiks und den Fragmenten aus
Euripides Tragödie Erechteus, oder besser gesagt, zwischen
dem griechischen Originalwerk, nach welchem der römische
Künstler wohl sein Mosaik komponiert hat, und der Tra-
gödie. Im sitzenden Manne sieht er Erechteus und in
dem Mädchen dessen Tochter, welche der nebenstehende
greise Priester zu opfern im Begriff ist, um die Stadt vor
dem Angriff des Eumolpos, der Eleusiner und Trakier zu
retten. In der dargestellten Frau erkennt Professor
Engelmann Prascithea, die Gemahlin des Erechteus, und
in den danebenstehenden jüngeren die zwei anderen Töchter,
die der Schwester freiwillig in den Tod folgen werden.
Der dahinstürmende Mann wäre dann Eumolpos, die
Schlange, die sich um sein Bein windet, das Sinnbild der
Athena, die ihre Stadt schützt. Der vierzehnjährige Knabe
in der Mitte auf dem Schöße der Frau soll Erechteus Erbe
und Thronfolger sein. Professor Engelmann deutete
schon auf die Beziehungen hin, welche diese einzig da-
stehende Darstellung des Mythus des Kampfes zwischen
Erechteus und Eumolpos mit den Fragmenten des Skul-
pturenschmuckes des Erechtheion haben kann, und schloß
seinen Vortrag, indem er den Wunsch aussprach, daß es
jemand gelingen möge zu erfahren, wo das verschwundene
hochinteressante Mosaik hingekommen ist. — Dr. L. Pollah
berichtet über den interessanten Fund eines marmornen
Laokoonarmes, den er bei einem Antiquar gemacht hat.
Die Überzeugung, daß der rechte Arm des Laokoon falsch
ergänzt ist in seiner emporgestreckten Stellung, ist allge-
mein und nicht anfechtbar. Der Arm war in der letzten
Anstrengung, den tödlichen Biß der Schlange abzuwehren,
zusammengebogen, so daß man am Kopfe der Statue noch
sieht, wo die Locken wegen des Ansatzes der geballten
Hand abgebrochen sind. Tizian, in seiner von Niccolö
Boldrini in Holz geschnittenen Karikatur von Baccio Ban-
dinellis Kopie des Laokoon, stellt mit richtigem künstle-
rischem Gefühl den rechten Arm auch nicht ausgestreckt,
sondern gebogen dar. Der von dem Vortragenden ge-
fundene Arm ist in gebogener Stellung und es befindet
sich daran ein Bruchstück der Schlange, die, wie in der
vatikanischen Gruppe, schuppenlos ist. Die Hand ist ab-
gebrochen, und am oberen Teil ist ein Stift aus Bronze.
Der Arm ist in kleineren Proportionen und oberflächlicher
gearbeitet als die Gruppe, und nicht wie diese aus grechetto,
sondern aus parischem Marmor; gehörte also wohl zu
einer etwas kleineren Kopie. Wichtig ist der Fund, weil
man dadurch endlich die Gewißheit gewonnen hat, wie
die berühmte Gruppe richtig ergänzt werden müßte. Dr.
Pollak hat das wertvolle Bruchstück dem Vatikanischen
Museum geschenkt. Federico Hernm,,,;,.
VERMISCHTES
In Bremen ist eine Vereinigung nordwestdeutscher
Künstler gegründet worden. Unter den Mitgliedern dieser
Vereinigung sind an erster Stelle die Worpsweder Maler
Mackensen, Modersohn und Vogeler zu nennen, dann
Bernhard Winter, Carlos Grethe, Feddersen, Ernst Oppler-
Hamburg, Dettmann, Alberts, Hein, Gotthard Kuehl, Claus
Meyer, P. Behrens, Magnussen und Schaper. Diese neue
Vereinigung verfolgt den Zweck, gemeinsame Ausstellungen
zu veranstalten, wo ihre Kunst, die, durch die Heimat be-
einflußt, eine starke persönliche Note trägt, sich nach außen
hin zeigen soll. In der Bremer Kunsthalle wird im Herbst
dieses Jahres die erste Ausstellung der neuen Vereinigung
stattfinden.
Die Künstlerkolonie Rastede. Der Großherzog
von Oldenburg wird in seiner Sommerresidenz Rastede, an
der Bahn Oldenburg-Wilhelmshaven, einem reizenden
kleinen, von Park und Wald eingeschlossenen Ort, eine
neue Künstlerkolonie begründen. Bildhauer Professor
Peterich-tAünchzn hat vom Großherzog den Ruf erhalten,
nach Rastede überzusiedeln, woselbst ihm ein dem Groß-
herzog gehöriges, in unmittelbarer Nähe des Schlosses be-
legenes Vorwerk zur Verfügung gestellt werden soll.
In London wird bei Colnaghi jener prachtvolle Tizian
aus dem Palazzo Barberini, das Porträt des Kardinals
Bembo darstellend, zum Kauf angeboten. Auch dieses
Kunstwerk ist aus Italien herausgekommen, ohne daß es
der Staat und die Behörden verhindern konnten.
Nach erfolgter Ergänzungswahl hat sich der Vorstand
der Münchener Künstlergenossenschaft neu konstituiert
und setzt sich für das Jahr 1906 wie folgt zusammen: der
Präsident ist Karl Albert von Bauer, Stellvertreter August
Holmberg; Schriftführer Richard Groß, Stellvertreter des-
selben Ludwig Dasio; Kassierer Karl Georg Barth. Außer-
dem gehören dem Vorstand noch die folgenden Künstler
an: Julius Adam, Adolf Eberle, Adolf Echtler, Johann
Friedrich Engel, Joseph Michael Holzapfel, Hermann Knopf,
Emil v. Lange, Franz Pernat, Richard Scholz, Heinrich
Wadere, Ludwig Willroider.
Unter dem Namen »Verbindung bildender Künst-
lerinnen Berlin-München«; hat sich eine Ausstellungs-
gruppe von zwölf Damen gebildet. Derselben gehören an
aus Berlin die Damen Dora Hitz, Käthe Kollwitz, Sabine
Lepsius, Hedwig Weiß, Julie Wolfthorn, Eva Stört; aus
München: Linda Kögel, Sophie v. Scheve, Mary v. Kunowski,
Viktoria Zimmermann, Ida C. Ströver und Anna v. Amira.
Die Kupferplatten Rembrandts. Der »Temps«
brachte vor-kurzem die etwas merkwürdige Nachricht, daß
95 Originalkupferplatten Rembrandtscher Radierungen auf-
gefunden und dem Museum im Haag überwiesen worden
seien. Wie die »Frkf. Ztg.« meldet, haben die glücklichen
Finder dieses Kunstschatzes eine Anzahl neuer Abzüge
herstellen lassen, die in Form eines Albums in den Ver-
kauf gebracht werden sollen. Jüngst wurden nun dem
Kupferstichkabinett der Bibliotheque Nationale etwa ein
Dutzend dieser Abzüge vorgelegt, deren Prüfung ein be-
denkliches Schütteln des Kopfes bei den Begutachtern
hervorgerufen haben soll. Man darf deshalb den weiteren
Mitteilungen über diesen seltenen Fund mit Interesse ent-
gegensehen.
Kunstausstellungen auf dem Ozean. Schon vor
einiger Zeit tauchte der Gedanke auf, die schönsten
deutschen Ozeandampfer den Zwecken von Gemäldeaus-
stellungen dienstbar zu machen, um auf diese Weise der
deutschen Kunst, die »drüben« noch so wenig gekannt
und geschätzt wird, neue Absatzgebiete zu erschließen.
An sich wäre die Idee nicht schlecht, wenn man nicht
fürchten müßte, daß es auch bei den größten Luxus-
dampfern von modernstem Typ doch vielleicht an der
nötigen Beleuchtung — elektrisches Licht wäre bei Be-
trachtung von Kunstwerken nur ein Notbehelf — und an
dem erforderlichen Raum fehlen könnte. Doch scheinen
diese Bedenken die maßgebenden Kreise Hamburgs,
welche, wie wir hören, die Sache bereits in die Hand
genommen und sowohl mit den besten deutschen Künst-
lern, als auch mit den ersten Reedereien Verhandlungen
eingeleitet haben, nicht abzuschrecken, so daß über kurz
oder lang jeder Ozeandampfer seine eigene Kunstausstel-
lung mit sich führen wird, die hoffentlich zwanglos und
unberührt von der Kritik auf dem Meere schaukeln wird.
In Leipzig geht man mit dem Plan um, ein Schiller-
Denkmal auf der Promenade vor dem Alten Theater zu
errichten, das man am 150. Geburtstage des Dichters im
Jahre 1909 zu enthüllen gedenkt.