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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

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231

Wettbewerbe

Denkmalpflege

232

Operation, der liebenswürdige Genremaler Eduard Charle-
mont, Bruder des Malers Hugo und des Bildhauers
Theodor Charlemont. Geboren zu Znaim 1848 als Sohn
eines Zeichenlehrers, begann er als dessen Gehilfe bei
Miniaturporträts und war schon als Knabe Zeichenlehrer
an einer Töchterschule. An der Wiener Akademie, die er
mit 15 Jahren bezog, wurde Engerth sein Lehrer. Später
zog ihn Makart in sein Atelier (das er gelegentlich auch
gemalt hat). In dieser schmuck kostümierten Welt gedieh
er rasch und malte meist kleine Genrebilder, mit viel
Stillebengehalt, dem er eine minutiöse Technik zuwandte.
Kleinmalerische Eleganz, spielende Fertigkeit, nieder-
ländisch-pariserisch geschultes Atelierwesen wurden seine
Merkmale Seine Bilder: »Die Antiquare« (1872), »Schnee-
wittchen«, »Der Kriegsplan« (ein Kriegsrat im Kostüm des
dreißigjährigen Krieges), »Die Schlangenbeschwörer«,
»Serailwächter in der Alhambra«, »Holländische Köchin
am Fenster« usw. bewegen sich auf der Linie Meissonier-
Gerome. Schon in den siebziger Jahren ging er nach
Paris, wo er bis in die letzte Zeit blieb, für Wien ein
Verschollener. In Privathäusern (bei Sektionschef Baron
Wehli, in Reichenberg beim Fabrikanten Baron Liebig, ge-
legentlich auch in London) schmückte er Plafonds. Sein
Hauptwerk wurden die drei großen Deckengemälde im
Foyer des Wiener Burgtheaters (1888): »Iphigenia in Aulis«,
»Sommernachtstraum« und als Mittelstück »Apollo und
die Musen«. Ihr Charakter ist die derniere elegance von
damals, Zeichnung sehr delikat, Farbe etwas süß, Kompo-
sition herkömmlich. Das Apollobild verpufft in Licht, aus
dem aber die Köpfe scharf wie Notenköpfe hervorschauen,
das Iphigenienbild hat einen salonmäßigen Gewittereffekt,
am besten gelingt der Sommernachtstraum, eine attische
Fels- und Hainlandschaft, mondbeglänzt in grauem Abend-
dämmer, Spuk- und Scherzstimmung alles, mit Elfen- und
Paniskentreiben in Luft und Kluft, so recht für den tän-
delnden Pinsel Charlemonts. Jedes Bild ist 18 Meter lang
und segmentförmig, so daß sie sich im Halbkreis zusam-
menschließen. In den Hasenauerschen Bau passen sie
gut hinein. l. Hevesi.

Am 6. Februar ist in Ajaccio der verdienstvolle Mün-
chener Bildhauer Professor Wilhelm von Ruemann im
Alter von 56 Jahren gestorben. Er wurde 1850 in Han-
nover geboren, hatte sich in den Jahren 1872 — 1874 auf
der Kunstakademie in München herangebildet und war bis
1880 im Atelier des Professors Wagmüller, dessen Stil-
richtung- er sich anschloß, tätig. Nach dem Modell seines
Lehrers führte er sein erstes Werk, das Münchener Liebig-
denkmal, aus, zu dem er das Sockelrelief selbst komponierte.
Weitere Werke von ihm sind der Monumentalbrunnen für
die Stadt Lindau, das Bayerische Landesdenkmal auf dem
Schlachtfelde von Wörth, das Ohmdenkmal vor dem Poly-
technikum zu München, das Grabmal der Herzogin Ludo-
vica von Bayern in der Glyptothek und zahlreiche andere
Werke, die bereites Zeugnis von dem starken bildhauerischen
Talent des Verstorbenen ablegen. Der letzte Auftrag, den
Ruemann vor zwei Jahren erhielt und der ihn speziell in
der letzten Zeit stark beschäftigte, war die Errichtung eines
Pettenkoferdenkmals auf dem Maximiliansplatz zu München.
Auch die Kgl. Nationalgalerie zu Berlin hat dem verstor-
benen Künstler vor einigen Jahren durch Ankauf einer
nackten sitzenden Mädchenfigur in Marmor geehrt. Im
Reichstagsgebäude befinden sich eine Bismarck- und eine
Moltkeherme von der Hand des Verstorbenen. Ruemanns
Kunst durchwehte ein kräftiger Realismus, der durch die
ein wenig idealisierte Struktur der Form oft ein wenig
herabgemildert wurde. Neunzehn Jahre endlich hat der
Künstler das verantwortliche Amt eines Professors der
Bildhauerkunst an der Münchener Akademie bekleidet und

unter seinen Schülern nennt man vor- allem die Bildhauer
Hubert Netzer, Hermann Hahn und Hugo Kaufmann.

Venedig. Am 14. Januar starb hier im Alter von
80 Jahren Corn. Niccolo Barozzi, eine der bekanntesten
Persönlichkeiten Venedigs. Barozzi bekleidete im Laufe
seines fast nur kunstgeschichtlichen Studien gewidmeten
Lebens eine ganze Reihe von Ehrenämtern, war längere
Jahre Direktor der Galerie der Akademie, später des Archäo-
logischen und Städtischen Museums und zuletzt seit einigen
Jahren Sekretär der Akademie. Wenn der prächtige 40 cm
lange Fries des Tiepolo, »Das Wunder der ehernen
Schlange«, seinerzeit von Unterzeichnetem in den Kellern
des Domes von Castelfranco entdeckt, wo das Bild sechzig
Jahre lang gerollt und zerquetscht gelegen, nicht weiter
verfaulte, sondern in der Galerie aufgestellt wurde, so ist
das Barozzis, des damaligen Galeriedirektors, bleibendes
Verdienst. Es gelang ihm mittels der Regierung die Rück-
gabe des armen Bildes an den Staat zu erzwingen. Barozzi
war durch seine genaue Kenntnis der hiesigen Kunst-
schätze dazu ausersehen, der Cicerone aller gekrönten
Häupter, welche sich in Venedig aufhielten, zu werden. Er
war der am reichsten dekorierte Mann in Venedig. Von großer
Herzensgüte stellte er gleichwohl sein reiches Wissen allen
Kunstfreunden zur Verfügung und den einheimischen und
fremden Künstlern sich mit Rat und Tat hilfreich und zu-
vorkommend zur Seite. Er war auch als Kunstschriftsteller
tätig. Eine der beliebtesten und geehrtesten Persönlich-
keiten Venedigs ist mit ihm aus dem Reiche der Lebenden
geschieden. August Wolf.

Der Maler Adolf Veith, der letzte männliche Sproß
des alten Hauses D. Veith & Co., einer ehemals berühmten
Steindruckerei und Verlagsanstalt in Karlsruhe, ist, 62 Jahre
alt, nach längerem schweren Leiden gestorben.

WETTBEWERBE

Vom Senate der Königlichen Akademie dir Künste
werden zwei größere Reisepreise unter günstigen Be-
dingungen für jüngere deutsche Künstler ausgeschrieben.
1. Der 4000 Mark betragende Dr. Hugo Raußendorff-Preis
für Maler aller Fächer, die ihren Studien auf einem deut-
schen höheren Kunstunterrichtsinstitute noch obliegen oder
letzteres nicht länger als ein Jahr verlassen haben und 2. der
von Roiasche Preis in Höhe von 3600 Mark für deutsche
Bildhauer. Die Bewerber um diesen Preis sind bezüglich
ihrer Ausbildung an ein Programm nicht gebunden. Die
Einreichung der Bewerbungen hat bis zum 27. Oktober igoö
zu geschehen. Ausführliche Programme können von der
Akademie der Künste in Berlin W. 35 bezogen werden.

Das Komitee der Internationalen Kunstausstellung
Mailand 1906 hat ein internationales Preisausschrei-
ben für den Entwurf einer Ansichtskarte erlassen, welche
auf die Eröffnung des Simplontunnels und die Mailänder
Ausstellung Bezug nimmt. Der Verfertiger des besten Ent-
wurfes erhält den Preis von 3000 Lire. Von den nächst-
besten drei Entwürfen wird der erste mit 1000 Lire, die
beiden anderen mit 500 Lire prämiiert. Die Entwürfe
können dem Ausführungsausschuß bis zum 4. März ein-
gereicht werden.

DENKMALPFLEGE
f.- Über wünschenswerte Reformen in der schweize-
rischen Denkmalpflege, im weitesten Sinne der Erhal-
tung von Baudenkmälern, hat Architekt Eugen Propst in
Zürich dem eidgenössischen Departement des Innern auf
Ansuchen ein Gutachten unterbreitet, das Anregungen von
allgemeinerem Interesse enthält. Das Gutachten, auf eine
Reihe von Verpfuschungen und vollen Verlusten alten ästhe-
tischen Besitzes des Landes im einzelnen zu sprechen
 
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