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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

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Hermanin, Federico: Die kaiserlichen Fora und die Verkehrsadern des modernen Rom
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5902#0237

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grabungen nicht auf immer ausgeschlossen bleibe und das
Problem kompliziert sich, weil die Via Cavour, welche
fortgesetzt werden soll, eine Breite von 20 Meter hat und
diese Breite durch die an den Seiten zu errichtenden Häuser
vervierfacht werden würde. Wenn man das Projekt des
Ingenieur Ceas ausschließt, welches, um die Kaiserfora zu
retten, die Villa Aldobrandini, den Palazzo Valentini und
die Kirchen von Santa Caterina, Santa Maria di Loreto
und S. Nome di Gesü zerstört und natürlich nicht an-
nehmbar ist, bleiben der beachtenswerten Pläne drei. Im
Projekt von Herrn Tolomei sollte die Via Cavour an der
Einfassungsmauer des Augustusforum entlang laufen, so
daß dieses gewaltige Monument frei bleiben würde, und
dann das Trajansforum auf Bögen durchkreuzen bis Piazza
Venezia. Lanciani bemerkte, daß man diesen letzten Teil
des Projektes, welcher wohl mit Recht viele Gegner finden
würde, wohl beiseite lassen und sich einfach mit der
Mündung der Straße in die Area, die um das trajanische
Forum liegt, begnügen könnte. Diese Area, durch Ab-
tragung der südlichen Reihe kleiner Häuser bis an den
Fuß des Nationaldenkmals erweitert, würde vollkommen ge-
nügen, um der Via Cavour eine bequeme Verbindung mit
Piazza Venezia zu lassen. Dem Projekt Tolomei sehr ähn-
lich ist das von den Staatsingenieuren des Genio Civile
vorgeschlagene, weil die Via Cavour auch erst am Forum
Augusti entlang geführt wird und der Unterschied nur
darin liegt, daß die Straße nachher rechtwinklig am süd-
westlichen Ende des trajanischen Forums laufen sollte.
Radikal von diesem ersten ist das dritte Projekt der Archi-
tekten Crimini und Testa abweichend, welche die große
Straße von Piazza Venezia an am Fuße des Nationaldenk-
mals entlang, also wie jetzt die enge Via di Marforio, und
durch Abtragung der Kirchen von S. Giuseppe dei Falegnami
und S. Martina bis ans Forum Romanum führen möchten.
Die Straße sollte dann von dort aus auf eiserner Brücke das
Comitium überschreitend, am Sant'Adriano vorbei in die
jetzige Via Cavour münden. Durch dieses Projekt würde die
ganze Region der Kaiserfora für etwaige Ausgrabungen
frei bleiben, aber die Zerstörung von Santa Martina mit
der interessanten Fassade von Pietro da Cortona und die
eiserne Brücke über das Comitium, wodurch die moderne
Straße auf die Höhe des Architravs der alten Tür des
Secretarium Senatus kommen würde und eine archäo-
logische Regulierung dieses wichtigsten Platzes des Forums
ins Reich der Unmöglichkeit setzen, sprechen gegen dieses
Projekt. Wahrscheinlich wird wohl das Projekt Tolomei,
durch die Erweiterung der Umfassungsmauern des Forum
Traianum vervollständigt, den anderen vorgezogen werden.
Lanciani machte die Anwesenden darauf aufmerksam, wie-
viel schwerer es mit jedem Tage wird, die modernen In-
teressen einer großen Stadt mit dem archäologischen Areal
in Eintracht zu bringen. Man bedenke, so schloß er seinen
schönen Vortrag, daß bald im Herzen Roms eine historisch
und archäologisch heilige Region sein wird, die vom Co-
losseum über den ganzen Palatin bis zur Tiber reicht und
von dort über das Kapitol bis ans Trajansforum, durch
welche man keine Straßen ziehen sollte und keine Neu-
bauten erlauben. Wie schwer die Lösung solcher Probleme
ist, zeigt die jetzige Debatte über die Weiterführung der
Via Cavour durch die Region der Kaiserfora, aber man
kann sicher sein, daß nichts gemacht werden wird, was
nicht vorher gründlich bedacht ist. federico hermanin.

NEKROLOGE
Einen beklagenswerten Verlust hat die Kunstwissen-
schaft durch den Tod des ehemaligen Direktors des Printen-
kabinetts in Amsterdam Johann Philipp van der Kellen

erfahren, der 75 Jahre alt in Baarn bei Amsterdam ge-
storben ist. Ursprünglich Graveur bei der königlichen
Münze in Utrecht, erlangte er gleichzeitig durch unausgesetzte
Beschäftigung speziell mit den Kupferstichen der Alten
auf diesem Gebiete eine solche Kennerschaft, daß sein
Urteil maßgebend wurde. Im Jahre 1866 erschien das
auch heute noch grundlegende Werk »Le Peintre Graveur
hollandais et flammand«. Im Laufe der Zeit veröffentlichte
er noch eine Anzahl Monographien über Meister der hol-
ländischen Kunst wie van de Velde usw. Die Direktion
des Printenkabinetts hatte van der Kellen dreiundzwanzig
Jahre inne. Ihm verdankt die Sammlung eine bedeutende
Bereicherung durch seltene und köstliche Stiche. Seine
Privatsammlung von Kupferstichen genoß hohen Ruf: er
mußte sie indes verkaufen, als er den Direktorposten am
Printenkabinett übernahm.

Karl Hummel, dem noch vor wenigen Monaten das
seltene Fest der diamantenen Hochzeit beschieden gewesen
ist, dessen Namen im Geistesleben Weimars seit langem
seinen Ehrenplatz behaupten durfte, ist am 16. Juni eben-
dort, 85 Jahre alt, gestorben. In seinem künstlerischen
Schaffen, speziell seinen Landschaftsgemälden, wirkte noch
bis in die letzten Jahre Fr. Prellers Einfluß nach. Als
Radierer hat er uns manches köstliche Blatt geschenkt.
Zahlreiche seiner Gemälde befinden sich in den königlichen
Schlössern zu Berlin.

Der Maler Eugen Siegert, den man als klugen und
feinsinnigen Künstler gerade in den letzten Jahren zu
schätzen begonnen hatte, ist in Berlin im Alter von 48 Jahren
gestorben.

Im Haag ist 42 Jahre alt der holländische Figuren-
maler P. de Josselin dejong gestorben. Seine Spezialität
war im besonderen die Wiedergabe von großen Hütten-
und Eisenwerken mit den sehnigen Figuren der in der
Feuersglut tätigen Arbeiter. Auch als Landschaftsmaler
und Porträtist war der Künstler sehr geschätzt. Das
städtische Museum zu Amsterdam besitzt von ihm ein Bild
»Moraspieler in einer italienischen Herberge«.

PERSONALIEN

Der Deutsche Kfinstlerbund ernannte bei der dies-
jährigen Preisverteilung die folgenden Künstler zu Stipen-
diaten der Villa Romana: Herrn. Schlittgen-Mütichen, Max
Beckmann-Berlin, Dorn M/z-München.

Das Kultusministerium hat die von der Genossenschaft
der ordentlichen Mitglieder der Akademie der Künste voll-
zogenen Wahlen bestätigt und die Berliner Künstler Skar-
bina, Meyerheim, Woldemar Friedrich, Peter Breuer, die
Architekten Karl v. Oroßheim und Julius Raschdorf zu Mit-
gliedern des Senats der Akademie der Künste für die
Zeit vom 1. Oktober dieses Jahres bis Ende September
1909 berufen.

Dem Geschichtsmaler Richard Knötel in Berlin ist
vom preußischen Kultusminister der Professortitel verliehen
worden.

Zum Direktor des Saalburger Museums ist der Geh.
Baurat Professor Louis Jacobi in Homburg v. d. H. er-
nannt worden.

Rom. Professor Giovanni Piancastelli hat die Direktion
der Galleria Borghese niedergelegt und Professor Giulio
Cantalamessa ist aus Venedig dorthin berufen worden.

Für die durch den Tod des Direktors Bosch erledigte
Stelle eines zweiten Direktors des Germanischen Mu-
seums zu Nürnberg wurde Dr. Stegmann, der bereits seit
einer Reihe von Jahren als Konservator an dieser Anstalt
tätig ist, gewählt.
 
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