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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.5902#0280

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543

Vermischtes

544

dieses liebenswürdigen landschaftlichen Stilisten, der in
gewissem Sinne ein Mitstrebender von Karl Haider ge-
nannt werden kann. Wie bei diesem, so spielt auch bei
Steppes die Linie eine große, ja fast die ausschlaggebende
Rolle. Darauf beruht andererseits der große rhythmisch-
musikalische Gehalt seiner Landschaften, deren außer-
ordentlicher Linienwohllaut letzten Endes wohl auf alte
deutsche Vorbilder zurückzuführen ist. Bilder wie »Die
Waldkapelle« können cum grano salis mit den herrlichen
Schöpfungen Altdorfers in Vergleich gesetzt werden, so
groß ist die graphische Delikatesse ihrer Zeichnung, so
fein und bleich sind ihre zarten bräunlichen Töne, so liebe-
voll und freundlich die Kleinarbeit, die selbst das feine
Filigran meilenweit entfernter Baumwipfel mit spitzigem
Pinsel nachzeichnet. Andere Bilder sind von lebhafterem
koloristischem Reiz, so wenn der Künstler den gelben
Laubschleier herbstlicher Birken direkt vor das tiefe Blau
ferner Höhenzüge setzt oder wenn er (»Der Weg durch
die Wiesen«) die zahllosen Abstufungen von Orün schildert,
die ein sanftes Wiesental in dem melodischen Wogen
seiner Flächen darbietet. Der Hauptakzent dieser Kunst
liegt in einer stillen, feinen Schwermut, und vor vielen
Bildern des bayerischen Meisters wird man an Lenaus
und Eichendorffs schönste Lieder erinnert.

Seit 1. September enthält die Galerie Wimmer eine
Kollektion moderner Franzosen. Neben Courbet, dessen
gewaltige, statuarische Landschaftskunst zu allen Zeiten
die Herzen der Menschen erregen und erschüttern wird,
sind Corot, Monet, Sisley, Pissarro, Renoir und Stevens
vertreten. Uber die Corots und Renoirs ist nichts Be-
sonderes zu sagen, da sie durchaus uncharakteristisch
sind. Von Monet ist ein sehr farbiges Stück Gartenland
zu sehen, mit einigen Hütten im Vordergrunde, über die
ein fremdartiges, ergreifendes Rosenlicht ausgegossen ist-
Pissarro ist mit mehreren seiner breitentfalteten Ebenen
vertreten, in deren Schilderung sich seine blasse, flockige
Malerei und seine liebenswürdig lyrische Naturauffassung
aufs schönste bewährt. Das Seestück von Stevens zeigt
eine reiche Welt von zartem Grau, in dem wenige gelb-
liche und bläuliche Hauche sichtbar werden. Das Ganze
ist sehr einheitlich und beinahe groß gesehen.

Leipzig. Die von der Kunsthandlung P.H.Beyer & Sohn
veranstaltete Ausstellung unter dem Titel »Das Hochgebirge
und seine künstlerische Darstellung« ist bei Gelegenheit der
37. Generalversammlung des deutsch-österreichischen Alpen-
vereins eröffnet worden. Dieselbe ist sehr umfangreich
ausgefallen und umfaßt an die 500 Nummern. Die Öl-
gemälde beherbergt der Leipziger Kunstverein, während
Aquarelle, Zeichnungen und graphische Arbeiten in dem
oben genannten Salon vereinigt sind. Einen künstlerischen
Erfolg kann man dieser Veranstaltung nicht nachsagen.
Neben der überwiegenden Durchschnittsware findet man
nur ganz wenige Bilder, auf denen das Auge mit Wohl-
gefallen haften bleibt. Aber auch diese werden in der
Masse des Mittelgutes und dem ewigen, abstumpfend
wirkenden Einerlei der Motive erdrückt. Will man das
Fazit dieser Ausstellung, deren Gedanke ursprünglich origi-
nell gewesen sein mag, ziehen, so kann man behaupten,
daß es in Deutschland eine eigentliche alpine Kunst nicht
gibt, was freilich nicht ausschließt, daß wir Künstlern wie
Fritz Baer, Otto Sinding, Hans Beat Wieland, Erler-Samaden

und wenigen anderen treffliche Darstellungen der alpinen
Hochgebirgslandschaft verdanken. Aber unsere Zeit, die
in ihrem Gefühl und ihrer Sehnsucht so außerordentlich
der sogenannten Stimmungsmalerei zuneigt, findet diesen
Darstellungen gegenüber, die bei mehr oder weniger
künstlerischer Auffassung doch lediglich nur im Motiv
ihren Wert haben, nur schwer den richtigen Standpunkt.
Vortreffliches bietet im einzelnen die Graphische Abteilung,
in der wir Werken von Hermann Struck, Alois Kplb, Sophie
Herwig und anderen begegnen. Erwähnenswert aus dieser
Abteilung erscheint vor allem ein ungemein stimmungs-
volles Aquarell von Zeno Diemer mit der Darstellung des
Monte Baldo von Malcesine aus. Im ganzen aber muß
man leider der Veranstaltung einen künstlerischen Erfolg
durchaus bestreiten.

Um so erfreulicher wirkt eine gleichzeitig in Leipzig
stattfindende Ausstellung von Werken Walter Cranes im
Kunstsalon Pietro Del Vecchio, die neben einer Reihe un-
gemein ansprechender kleiner landschaftlicher Aquarelle
einige Hauptwerke des Engländers, und zwar vornehmlich
solche aus der letzten Zeit, umfaßt. Diese späten Bilder
verraten in Cranes Schaffen ein merkwürdiges Zurück-
greifen auf den reinen Präraffaelismus in dem Sinne, wie
ihn Rossetti geübt hat, dessen Gemälden der Künstler zum
Teil sogar seine Figuren entlehnt. Auf Stücken wie die
»Vier Jahreszeiten«, die wie eine neue Fassung der Botti-
cellischen »Primavera« anmuten, oder »Die Geburt der
Venus«, die in ihrer gobelinartigen Weichheit und dich-
terisch tiefen arkadischen Stimmung selbst das Werk des
allen Florentiners in Schatten stellt, spricht sich neben
einem starken seelischen Gehalt vor allem ein wunder-
volles malerisches Gefühl aus, das derartige Bilder auch
unserem modernen Empfinden bei allen quattrocentistischen
Anklängen, die sie enthalten, durchaus sympathisch macht.
Daß Crane auch unabhängig von den Traditionen des
Präraffaelismus ein bedeutender Maler ist, beweist eine
schwermütig-klagende, herbstlich bewegte Landschaft am
Meer, »Schloß Dunsten» . Endlich kommt auch der Buch-
künstler Crane in der Ausstellung zu Worte, die eine Reihe
von Originalzeichnungen zu den von ihm illustrierten eng-
lischen Märchenbüchern enthält und nur bedauern läßt,
daß das Bild des erstaunlich vielseitigen Meisters nach
dieser Seite hin nicht ganz erschöpfend gegeben werden
konnte. Bn.

In der gegenwärtigen Ausstellung bei Ed. Schulte in
Berlin erregt der Finne Axel Gallen das größte Interesse.
Neben den Werken dieses Meisters sieht man solche von
dem Russen Leonid Pasternak, von den Niederländern
Alfonse van Beurden und Görke Henkes. Unter den Deut-
schen tritt Carl Hofer besonders hervor.

Die vom Verein Berliner Künstler arrangierte Begas-
Ausstellung ist am 15. September in der alten kgl. Hoch-
schule in Berlin eröffnet worden und umfaßt annähernd
80 Werke, die einen vollständigen Überblick über die ge-
samte Tätigkeit des Bildhauers geben.

VERMISCHTES

Die deutsche Kunstgenossenschaft kann am 28. Sep-
tember auf ein 50jähriges Bestehen zurückblicken.

Der diesjährige deutsche Kunstgewerbetag findet
in der Zeit vom 25.—26. September in Dresden statt.

Inhalt: Pariser Brief. Von Karl Eugen Schmidt. — Rembrandts Radierungen. Von Hans W. Singer. — Alfred Stevens t; Dr. H. W. Auer t;

Elia Ajolfi ti Eugen Felix f; F- E. Leroux t; L. F. Boitle f; Heinrich Burckhardt ti Johann Lindner t; F. X. Pawlik t; Eugenio
Qignous t- — Personalnachrichten. — Zur Frage des Ott-Heinrich-Baues. — »Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz« ;
Bologna, Palazzo des Podesta; Aus Holstein. — Denkmäler in Amsterdam, Bremen, Wien und Fresselines; Ooethebrunnen in Franzens-
bad. - Funde im Vatikan; Entdeckung von Holzreliefs; Wandmalereien von St. Maria Im Kapitol in Köln entdeckt. — Ausstellungen in
Perugia, Kristiania, München, Leipzig und Berlin. — Jubiläum der deutschen Kunstgenossenschaft; Deutscher KunstgewerbeUg.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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