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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Hevesi, Ludwig: Otto Wagners moderne Kirche
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Lindner, Arthur: Karl Aldenhoven
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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0018

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Karl Aldenhoven

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dem kirchlichen Charakter entspräche. In dem Brenn-
punkte wäre Altar oder Kanzel anzubringen, so daß
der Priester gleichsam als die Seele der Gemeinde
erschiene, und wenn er betete, sein Gebet in der
fdee in die Unendlichkeit, des Ewigen Wohnung,
»maus hallte, und man sich selbst dabei ein Symbol
anschaulich vorstellen könnte, wenn er lehrte, daß es
stimmen des Ewigen seien, die in das Allerheiligste
der Kirche, den Brennpunkt, sich konzentrierten, und
sp in des Priesters Seele fielen, die darin stände und
s'e nun wieder aus sich hervorstrahlte.« . . . Ahnungen
einer tastenden Seele, wie überraschend treffen sie
zusammen mit der ganz anderswoher gesickerten
Eingebung eines bauenden Architekten.

Wien, 9. Oktober. LUDWIG HEVESI.

KARL ALDENHOVEN
Geb. zu Rendsburg, 25. Nov. 1842, gest. zu Köln, 24. Sept. 1907

Dat is de Dot, de Allens fritt,
Nimmt Kunst un Wetenschäp di mit;
De kloke Mann is nu vergän —
Gott gävv em selik Uperstän!

Theodor Storni.

Diejenigen Kölner, welche ihren Museumsdirektor
nicht persönlich kannten, hielten ihn stets für einen
Landsmann, denn sein Name ist am Rhein weit ver-
breitet und schon im 14. Jahrhundert erscheint eine
Klarissenschwester Agnes de Aldenhoven als Stifterin
auf altkölnischen Miniaturen. Karl Aldenhoven aber
stammte aus dem meerumschlungenen Schleswig-
Holstein und hat auch seine Knabenjahre in Ratzeburg
und Altona verlebt. Dann freilich ging's in die Fremde.
In Jena mag die Burschenschaft, derer seit 1862 an-
gehörte, den zeitlebens in ihm regen politischen Sinn
zur Entwickelung gebracht haben. Seine literarischen
Interessen aber bestimmte wohl stark der Jugend-
aufenthalt auf dem klassischen Boden der alten Schiller-
stadt, und mit Recht durfte von ihm gesagt werden,
daß er ein Stück Goethescher Kultur und Weltan-
schauung auf unsere Tage gebracht habe. Dann hörte
Aldenhoven zu Bonn bei Anton Springer und Otto
Jahn, dem Freunde seiner Eltern, kunstgeschichtliche
und archäologische Vorlesungen, und der Abschluß
seiner Studien vollzog sich in Kiel, wo er täglich
einkehrender Gast im Hause des Dichters Klaus
Groth war.

Im glücklichen Besitze eines Staatsstipendiums trat
Aldenhoven 1866 seine Romfahrt an, zugleich mit
dem früh verstorbenen Archäologen Fr. Matz aus
Lübeck. Und noch ein zweiter Sohn jener Hanse-
stadt gesellte sich zu ihm, der junge Photograph
Nöhring, der ihn auf dem campo vaccino in unver-
fälschtem Heimatsdialekt nach der Wohnung des Herrn
von Schlözer fragte und ihm dann, mit der Rechten
im Löwenrachen von bocca della veritä, schwören
mußte, von jeder römischen Aufnahme ein Pflicht-
exemplar abzuliefern. Aldenhovens Freundschaften
hielten fürs Leben; fast vierzig Jahre später machte
ihm Nöhring die Abbildungen für seine »Geschichte
der Kölner Malerschule«.

Gleich seinem Vater wurde Aldenhoven Gymnasial-
lehrer. Zuerst in Husum. Hier kam dem jungen
Kandidaten der Amtsrichter Theodor Storm in herz-
licher Freundschaft entgegen. Ein anderer älterer
Genosse, der ihm als Landsmann und Gelehrter, als
Dichter und Politiker nahe stand, dessen Statuette bis
zuletzt seinen Schreibtisch schmückte und an den in
späteren Jahren sogar seine Erscheinung, das wallende
weiße Haupthaar unter dem Schlapphute, erinnerte,
war Theodor Mommsen.

Seit 1871 wirkte Aldenhoven am Gymnasium zu
Gotha, bis er, durch Gesundheitsrücksichten gezwungen,
diesen Beruf aufgab und auf Veranlassung des Ministers
von Seebach zum Leiter der herzoglichen Bibliothek
berufen wurde. Als dann 1877 der reiche Neumann-
sche Renaissancebau des Gothaer Museums vollendet
war, ernannte Herzog Ernst II., wohl unter Zutun
seiner kunstsinnigen Nichte, der späteren Kaiserin
Friedrich, seinen Bibliothekar zum Direktor desselben.
Unter diesem fanden die bis dahin im Schlosse
Friedenstein aufgespeicherten Kunstschätze ihre würdige
Aufstellung. Von Gotha aus zog Aldenhoven häufig
hinaus zu dem uns durch Stauffer-Berns Radierung
vertrauten Landsitze Gustav Freytags und in Siebleben
feilte er mit dem Dichter gemeinsam beim Wein an
den Korrekturbogen der »Ahnen«.

Dann begann mit dem Frühjahr 1890 der letzte
Abschnitt in Aldenhovens Lebensgang, die Kölner Zeit.
Hier galt es wieder, aus einem Magazin ein Museum
zu schaffen, und die weiten, im Farbenglanze der alt-
kölner Altarwerke leuchtenden Oberlichtsäle geben ein
rühmliches Zeugnis, wie dieses dem neuen Direktor
gelungen ist. Als Resultat seines jahrelangen ver-
trauten Verkehrs mit der rheinischen Kunst schrieb
Aldenhoven dann sein grundlegendes Buch über die
Kölner Malerschule, zugleich als Textband zu dem
schon früher von ihm in Gemeinschaft mit Ludwig
Scheibler herausgegebenen Tafelwerk. Was er sonst
zu sagen hatte, kleidete er gern in die Form des
Essays, und so entstanden, häufig als Niederschriften
vorher gehaltener Vorträge oder als Tagebuchblätter
auf den zur Bearbeitung des italienischen Bädeker
unternommenen Reisen, im Laufe der Zeit zahlreiche
Aufsätze über allerhand Themen der Kunst- und
Kulturgeschichte. Er versandte diese kleinen feinen
Arbeiten gern an seine Freunde, sonst aber führten
sie, in die verschiedenen Jahrgänge der »Nation« zer-
streut, ein für die Allgemeinheit ziemlich verstecktes
Dasein. Und dies ist zu bedauern, denn wenn Alden-
hoven vielleicht auch weniger neue Forschungsresultate
mitzuteilen hatte, so gewährte es doch einen hohen
Genuß, seiner Betrachtungsweise zu folgen und sich
durch seine stets geistvolle und ganz persönliche Auf-
fassung anregen zu lassen. Dabei war er ein Meister
der Form, sowohl der Rede als der Schrift und das
gern von ihm angewandte Wort: »II faut avoir de
l'äme pour avoir du goüt« fand bei ihm selbst seine
beste Bestätigung.

Über Aldenhovens Stellung zur Malkunst unserer
neuesten Zeit kursierten vielfach irrige Berichte. Von
bedingungsloser Bewunderung alles sich als modern
 
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