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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0074

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nymus ebendort, der leider in den Abbildungen fehlt, sein
eme Figur, die schon deutlich die stilisierenden Neigungen
Bertoldos und dessen ausgesprochenen Sinn für den Kontra-
post offenbart. Das entwickelt dann der geigende Arion
im Bargcllo, der in der mangelhaften Entwickelung der

roPortionen auch noch der früheren Zeit angehört, wie

ich die Gruppe Nessus und Dejanira. Den Höhepunkt
^on Bertoldos Werk bezeichnet der Bellerophon in Wien.

cnließlich geht er zu zierlicher Stilisierung und scharfer
^■eichnung über, wie der »Adam« in Berlin, die Wappen-
nalter auf Tafel XII und der Modeneser Herkules zu Pferde
'eigen. Ein Stück von außerordentlicher Frische ist der
lowenbändigende Herkules bei Salting in London. Wenn
die prachtvolle Kämpfergruppe in der Sammlung Foule
U afel XIV) wirklich von ihm ist, so wäre das eine außer-
gewöhnliche Leistung, von einer Freiheit der Gruppierung,
Lebendigkeit der Bewegung, einer Breite und Weichheit
der Behandlung, die schon cinquecentistisch anmutet.

Entgegen dem klassischen Bertoldo offenbart sich
I ollajuolo auf den ersten Blick als der lebensvolle Realist,
bei dem die Linie nicht zu feiner Harmonie abgestimmt,
sondern zum Ausdruck äußerster Anspannung und lebhafter
Aktion möglichst aufgeregt wird. Auch ruhig stehende
Figuren sind in übertriebener Anstraffung aller Muskeln
gegeben, so daß sie immer etwas Gespreiztes haben. Aber
solche Gestalt wie der Herkules, aus der Beitschen
Sammlung, jetzt in Berlin (Tafel XVI), ist doch ein Meister-
stuck der Realistik und der Lebendigkeit der Vorstellung,

■e alles Gleichzeitige in Florenz bedeutend überragt. Auch
Q|e Neapolitaner Figur (Tafel XV), die bei Pierpont Morgan,
geigen ähnliche Vorzüge. Sollte nicht die kleine Davidfigur
im Louvre, dem Donatello zugeschrieben (Tafel V), eher

gehl" Pollaiuol° sein- Die drei auf Tafel XVU ab"
zu eten Figuren erscheinen dagegen zu matt unb leblos,

Wenig feurig für diesen temperamentvollen Meister,
ka t 3S VOn Donatello abgebildet, ist zumeist schon be-
nt gewesen. Wieder sind in der Berliner Sammlung
meisten und zugleich besten Stücke: der prachtvolle dem
cone in dem starken Realismus der Charaktersierung
'e der stofflichen Oberflächenbehandlung so verwandte
Johannes (Tafel IV), wie der entzückende Putto von dem
eneser Taufbrunnen, endlich der lebensvoll dramatische
jugendliche David — ein Meisterstück in der Frische der
Auffassung und der Energie der Haltung, das erste Beispiel
es Kontrapostes als Ausdruck der inneren Aktion. Hinzu
kommt dann die hochinteressante Leuchterfigur, wohl in
uonatellos Werkstatt in Siena entstanden, der erste weibliche
Akt der Renaissance (Tafel V). Außer dieser hat nur noch
er Putto im Bargello Anspruch auf Eigenhändigkeit. Die
' utten auf Tafel VII VIII gehören verschiedenen Meistern
die dem Donatello bald näher, bald ferner-stehen Der David
im Louvre erscheint mir mit der starken Drehung des
Körpers und dem entwickelten Realismus ein Werk der
zweiten Hälfte des Quattrocento, dem Pollajuolo nahe
verwandt.

GhiheUr er dieSe" HauPtmeistern der Florentiner Schule sind
absolut ei"er karyatidenartigen Figur in Berlin (nicht
Venn S'i u^' Adriano Fiorentino mit einer bezeichneten
enusgestalt bei Foule und Antonio Filarete mit der be-
teten Nachbildung des Marc Aurel vertreten. Von
Text !? S'Ch bestimmt keine Figur nachweisen. Im
gebildet ^"'^ entfernt verwandte Figuren ab-

DonAtUM dk F,orentiner Schule folgt dann, wieder unter
Bella Fuhrung, die von Padua. Als Hauptmeister treten
III F*'CCi° aUf' deren Werke in Lieferung II und

vollsi'^!i S'nC'' Frs* wenn d'e weiteren Lieferungen ein
landiges Bild der Paduaner Schule geben, möchten

wir ausführlicher über diese bedeutendsteSchule italienischer
Bronzekleinplastik berichten. Gerade sie bietet für das
moderne, entwickelte Kunstgewerbe eine Fülle von An-
regungen und ist zudem interessant durch den eigenartig
strengen, klassizistischen Charakter, der ein Hauptmerkmal
der Paduaner Schule ist. Bodes Text gibt auch hier die
treffende Charakteristik zu den Abbildungen als Grundlage
zu weiterer Forschung und Vertiefung
Franz Weinitz, Das fürstliche Residenzschloß zu Arolsen.
Leipzig, C. Grumbach, igo7.

Das Schloß, das Graf Friedrich Anton Ulrich von
Waldeck 1710 zu Arolsen erbaute, ist ein Bau nach dem
Muster französischer Schlösser der Zeit und enthält in der
Ausstattung seines Innern des Denkwürdigen genug, um
eine monographische Studie zu rechtfertigen. Der leitende
Baumeister war Heinrich Horst aus Herford. Mit dem
Residenzschloß entstand die Neustadt Arolsen nach einem
»regulären« durch die Schloßanlage bedingten Plane. Fürst
Friedrich Anton Ulrich erließ zur Förderung dieserGründung
1719 eine Anzahl Privilegien und Freiheiten. 1720 wurde
die Residenz von dem Fürsten bezogen, was Conrad
Hermann Reineck als ein »untertänigst-treu-gehorsamster
Knecht« in einem ebenso hölzernen wie servilen Poem
feierte. Die fürstlichen Privilegien und diese geschmack-
losen Verse sind für die Zeit des Absolutismus recht be-
zeichnende Kuriosa. Weinitz schildert kurz die Vergangen-
heit der Residenz, die an die Stelle eines älteren Schlosses
aufgeführt wurde, beschreibt den barocken Neubau und
seine späteren Anbauten und gibt ein knappes Inventar
der in dem Schloß im Wandel der Zeit angesammelten
Kunstgegenstände, das wohl den Wunsch nach etwas ein-
gehender Behandlung lebendig werden läßt. Unterstützt
wird diese von Zimmer zu Zimmer schreitende Beschreibung
durch eine Auswahl von Abbildungen. Die barocken
Stuckdecken im Schloß sind beachtenswert, sonst bietet
die Ausstattung der einzelnen Räume, nach den Bildern
zu schließen, nichts gerade Berückendes. Interessant sind
aber eine Reihe guter Bilder von Gainsborough, Aldegrever,
Tischbein, West und anderes mehr. Die merkwürdige
Geschichte der Stadtgründung erzählt auf Grund urkund-
lichen Materials R. Flade. Das ganze Werk präsentiert
sich als ein schmuckes und gediegenes Prachtwerk und
wird nicht verfehlen, die Kunstfreunde nach dem hübsch-
gelegenen Arolsen zu locken, das den Charakter der alten
Stadtanlage noch treu bewahrt hat. R. a.

Von Hanfstaengls prachtvoller Publikation der
Prado-Galerie, deren Erscheinen neulich hier angekündigt
wurde mit ausführlichen Angaben über Umfang, Einrich-
tung und Bedeutung des Ganzen, liegen jetzt die zweite
und dritte Lieferung vor. Während die erste Lieferung
ausschließlich Velazquez gewidmet war, ist der Inhalt der
beiden neuen Mappen mannigfaltiger. Neben sechs Wer-
ken von Velazquez erscheinen drei Bilder von Raffael,
zwei von Tizian und eins von Murillo.

Zwei von den Bildnissen in Jagdkostüm, die Velazquez
für die Torre de la parada malte, können wir in den
wundervoll gelungenen Heliogravüren genießen, den Prin-
zen Baltasar Carlos, sechs Jahre alt, demnach 1635 gemalt,
und den König Philipp II. etwa aus derselben Zeit. Dann
das Porträt eines Bildhauers, in dem Justi den Martinez
Montanes erkannt hat. Das anscheinend nicht ganz fer-
tige — äußerlich unfertige, innerlich vollendete — Bildnis
gehört offenbar ebenfalls in die mittlere Periode des Meisters.
Der Bildhauer arbeitet an einer überlebensgroßen Büste
des Königs Philipp II. — Nicht ganz von der Hand des
Meisters ist das große Reiterporträt der Königin Isabella
von Bourbon, das einzige gute Porträt, das wir von des
Königs erster Gemahlin besitzen. Kostüm und Schabracke
 
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