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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Florentiner Brief, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0076

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KUNSTCHRONIK

' WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

1907/1908

Nr. 8. 6. Dezember.

Neue Folge. XIX. Jahrgang

^M^^^^^äid^rBdMttt zur .Zeitschrift für bildlnT^tTund1 zum .Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal ta. den Sommer-
monaten Juii bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. D,e Abonnentender >Ze, technft farMdenae
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die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von H aase^is^nJStVogl e^Rud^Wosse usw^an.

FLORENTINER BRIEF
Im Laufe des Sommers sind in den Sammlungen
einige Veränderungen der Aufstellung vorgenommen
worden, die hervorgehoben zu werden verdienen.

In den Uffizien bot dazu die unmittelbare Ver-
anlassung die Einreihung einiger Bilder, von denen
zwei, in die »Sala del Baroccio« gebracht, die Ent-
fernung anderer Bilder erheischten. Es sind dies eine
Madonna mit dem kleinen Johannes von Pontormo
und eine Caritas des Salviati. Pontormos Bild zeigt
einen Teil der Vorzüge seines Autors, den feinen
Geschmack für Farben, die Kenntnis des Nackten und
sein Gefühl für die Konturlinie. Als Ganzes aber ist
das Bild durch die Zusammendrängung der Figuren
m,t schräger Hauptachse äußerst unglücklich. Die
große Caritas des Salviati, vielleicht das Bild, das
vasari erwähnt, zeigt den Einfluß Michelangelos auf
seinen Florentiner Zeitgenossen unangenehm deutlich;
zudem ist es geschmacklos bunt. Man findet beide
Bilder, sowie einen hübschen kleinen Bacchiacca, der
bei den kleinen toskanischen Bildern untergebracht
worden ist, im VIII. Heft des offiziellen Bollettino
d arte abgebildet.

Um der genannten Bilder willen wurden mehrere
nilder von Bugiardini und Sogliani in den ersten
Korridor gebracht, wo sie im Zusammenhang mit
den Arbeiten Bacchiaccas, Granaccis und anderer die
Florentiner Kunst im Anfang des 16. Jahrhunderts
von ihrer besten Seite vertreten.

Durchgreifender sind die Änderungen gewesen,
die die Aufstellung der Galerie des Palastes Pitti er-
anren hat. Hier sind die Bedingungen insofern sehr
"gunstig, als erstens keinesfalls neue Räume dazu
L^""6" werden können, zweitens eine Änderung

lieh h UChtUngsverhältnisse unmöglich ist und end-
n die zahlreichen großen Altarbilder von vornherein
einen wichtigen Teil des verfügbaren Raumes fest
eiegen. Es kann sich also hier in allen Fällen nur
arum handeln, wirkliche Ungerechtigkeiten der
[iangung gut zu machen. Und hier hat der jetzige
"er, Dr. Giglioli, das Mögliche taktvoll geleistet.
u'e Hauptänderungen betreffen die nach hinten
nicht15 ''^enden Räume, die Sale d'Ulisse (noch
"t vollendet), di Prometeo und della Giustizia.

sach an letzt6r Stelle genannte Raum ist in der Haupt-
ne zu einem Venezianer Saal umgestaltet, die Sala

di Prometeo umschließt vorwiegend Florentiner und
Mittelitaliener. Hier findet man jetzt im besten Licht
den Aretino Tizians, als Gegenstück zum Tommaso
Mosti (wie schwer konnte man sonst dieses wie jenes
sehen); auch die zwei interessanten Frauen porträts —
das eine von Bonifazio —, die früher im ersten Saal
in der höchsten Reihe hingen, sind hier endlich der
Betrachtung zugänglich gemacht; und so Tintorettos
Venus und Vulkan, so die tüchtigen Bildnisse Moronis,
Gegenstücke, und andere mehr.

Im Florentiner Saal ist der Inhalt in der Haupt-
sache gleich geblieben, nur die Disposition im ganzen
geändert worden. Gern findet man zwei Bilder
Pontormos den früheren dunkeln Plätzen entrissen,
den sehr bedeutenden Sant' Antonio (freilich ist er
in hohem Maße der Auffrischung des Firnisses be-
dürftig) und das bewegte Märtyrerbildchen. Auch
die sogenannte Monaca, ein unzweifelhaftes Werk des
Bugiardini, hängt jetzt in diesem Saal. Zwei der
Tondi, die von Signorelli und Albertinelli, haben
schöne alte Originalrahmen erhalten, statt der ab-
scheulichen viereckigen aus dem 19. Jahrhundert; ein
Tondorahmen wird für den Filippo Lippi hergestellt
und wird das Bild ganz unverkürzt zeigen, während
jetzt alte Malerei vom Rahmen verdeckt bleibt.

In diesem Saal, nahe zum Fenster, hängt jetzt
auch das urbinatische Jugendbild Raffaels, während
an dessen Statt im Korridor der Miniaturen der »Gold-
schmied« getreten ist, mit der Bezeichnung als Ridolfo
Ghirlandaio, die von Morelli herrührt. Ich glaube,
sie wird einer Nachprüfung zu unterziehen sein, wo
das gute Licht das Studium möglich macht; voraus-
gesetzt freilich, daß die Leitung der Galerie sich dazu
entschließt, dieses bedeutende, aber in den Fleisch-
partien ganz übermalte Bild dem Restaurator zu über-
geben. Daneben hängt jetzt Franciabigios Jünglings-
porträt.

Die Sala d'Ulisse wird zwei der großen Schlager
der Galerie zum ersten Male so zeigen, wie sie ge-
sehen werden müssen: Tizians Cardinal Ipolito im
ungarischen Kostüm und den prachtvollen Barbaro
von Paolo Veronese. Erst jetzt kann man sehen,
daß dieses letztere Porträt unvergleichlich schön er-
halten ist; es zeigt alle letzten Lasuren und Drucker;
noch kann man die Breite des Pinsels erkennen, mit
der er die höchsten Lichter hinsetzte. Vielleicht wäre
 
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