Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

DOI Artikel:
Wolf, August: Neues aus Venedig
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0080

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
137 Nekrologe — Personalien — Denkmalpflege

— Denkmäler — Funde — Ausstellungen

138

die Gründung der Anstalt durch den venezianischen, später
heilig gesprochenen Priester Q. Miani unter dem Schutze
des Erlösers und hegleitender Engel gefeiert wird, sowie
zwei kleinere Darstellungen sind im Barockstile gehalten
und erinnern an die Art des Pater Pazzo. Cherubini be-
tätigt eine reiche, an den großen Vorbildern gestärkte
Phantasie und wußte seine Malereien vortrefflich dem hier
gebotenen Stile anzupassen. In unglaublich kurzer Zeit
ward die kolossale Arbeit bewältigt und ist Venedig um
eine Sehenswürdigkeit reicher geworden. — Neben Bressanins
Saaldekoration im Konservatorium ist nun dieses das zweite
größere dekorative Unternehmen, dessen Venedig sich
rühmen darf.

Die Arbeiten am Markusglockenturm schreiten langsam,
sehr langsam weiter. Man hat fünf Wochen Zeit gebraucht,
ein neues Gerüst anzubringen mit Dachbedeckung. Man
verspricht genau, um wie viele Meter der Turm allmonat-
lich wachsen soll und versichert, daß das Material für die
oberen Teile des Turmes bereits zugehauen sei. Alle Teile
der Loggetta sind vorbereitet und zum Teil zur Probe zu-
sammengesetzt. Die vier Bronzestatuen, sowie das Gitter-
tor sind wiederhergestellt. Am kupfernen, vergoldeten
Engel, welcher den Turmhelm krönen wird, wird zurzeit
gearbeitet.

Im Dogenpalast wird fleißig gearbeitet unter Leitung
des tüchtigen Rupolo. — In der Sala dello scrutinio ist
1 alma giovane's großes Jüngstes Gericht wieder an seinen
Platz, die neuerbaute Wand, verbracht worden. Das große
' aradiesbild des Tintoretto dagegen wird noch zwei Jahre
warten müssen, bis zu welcher Zeit die neuerbaute Mauer
völlig ausgetrocknet haben soll. — Für Weiterbau der
Frari- und S. Giov. ePaolo-Kirche sind weitere 500000 Frs.
ausgesetzt worden. So erlitten diese wichtigen Arbeiten
keinerlei Unterbrechung. — Letztere Kirche ist mittlerweile
urn ein wahres Kunstwerk reicher geworden: das Bronze-
grabmal des Sebastiano Venier, des Siegers von Lepanto.
Unter großen Festlichkeiten wurden am 30. Juli seine Ge-
beine aus der Kirche degli Angeli in Murano nach S. Giov.
e Paolo übertragen und allda sein Denkmal enthüllt. Dal
Zotto hat die Gestalt des Helden in Bronze verewigt und
als Geschenk dem Andenken Veniers geweiht. Voll Energie
ist das Bewegungsmotiv, mittels welchem uns Venier ent-
gegentritt, das gewaltige Schwert vor sich setzend, während
die rechte Faust den Kommandostab umklammert. Unbe-
deckten Hauptes, den Oberkörper in Rüstung, scheint der
ganze Mann selbst aus Stahl und Eisen geformt zu sein.
Der löwenähnliche Ausdruck des prächtigen, mit mächtigem
Barte gezierten Antlitzes ist wahrhaft überwältigend. Die
braungoldene Patina der Bronze verstärkt den ernsten
Eindruck dieses wahrhaft schönen Standbildes. — Die
Ausstellung hatte nichts aufzuweisen, was sich mit diesem
Kunstwerke hätte messen können. Von Straßener weiterungen,
Neubauten und den großen baulichen Unternehmungen
auf dem Lido ein andermal.

Venedig, im November. a. wolf.

NEKROLOGE
Der bekannte und sehr geschätzte Architekturmaler
1 rofessor Paul Ritter ist in Nürnberg am 26. November
gestorben.

Der Landschaftsmaler Balduin Wolff in Düsseldorf
'st, 88 Jahre alt, gestorben. Er war in Schmiedeberg ge-
boren und hat bei Schadow und Schirmer studiert.

In Frankfurt a. M. starb der Bildhauer Franz Krieger.

PERSONALIEN
Das Berliner Kunstgewerbemuseum verliert seinen
eltberühmten Mitbegründer und Leiter, den Geheimen

Regierungsrat Professor Dr. Julius Lessing; er zieht sich
in den Ruhestand zurück. An seine Stelle ist Dr. Otto
von Falcke, bisher Direktor des Kölner Kunstgewerbe-
museums, berufen worden, ein durch seine Tatkraft und
bedeutende Kennerschaft allgemein hochgeschätzter Ge-
lehrter. Was Lessing in seiner Stellung geschaffen und
gewirkt hat, darüber kann nicht mit wenigen Worten ge-
sprochen werden. Wir werden versuchen, dies in einer
eingehenden Charakteristik demnächst auszusprechen.

Am 3. Dezember beging der Maler Fritz Werner in
Berlin, der auf Menzels Wegen die Zeit des 18. Jahr-
hunderts in so vielen trefflichen Werken verbildlicht hat,
seinen 80. Geburtstag.

Den Vorsitz im Deutschen Künstlerbund hat Graf L.
von Kalckreuth, der ihn niedergelegt hatte, wieder über-
nommen.

Dem Architekten Professor Joseph M. Olbrich, dem

neuernannten Direktor der Kunstgewerbe-Akademie in
Düsseldorf, ist vom Großherzog von Hessen die goldene
Verdienstmedaille für Kunst und Wissenschaft verliehen
worden.

Infolge der deutsch-nationalen Kunstausstellung in
Düsseldorf hat der Kaiser folgenden Künstlern die goldene
Medaille verliehen: Max Ciarenbach (Düsseldorf), Professor
J. P. Junghanns (Düsseldorf), Franz Kiederich (Düsseldorf),
W. Schmurr (Düsseldorf), John Quincy Adams (Wien),
Professor Hans Olde (Weimar), Fritz Klimsch (Charlotten-
burg), August Kraus (Charlottenburg), Josef Pallenberg
(Köln).

DENKMALPFLEGE

In Verona wird die Reiterstatue des Cän Grande
durch eine Nachbildung ersetzt werden, während das
Original in das dortige Museum verbracht werden soll.

DENKMÄLER

Dem verstorbenen Maler Anton Burger wird in
Cronberg i. T. ein Denkmal errichtet werden, dessen Aus-
führung dem Münchener Bildhauer K. L. Sand übertragen
wurde.

FUNDE

Im Familienbesitz des bayerischen Grafen Joseph
Arco-Zinneberg befindet sich eine kleine, auf Holz ge-
malte Geburt Christi, bei der jetzt gelegentlich einer
Restaurierung das Monogramm Dürers zum Vorschein
gekommen ist mit der Jahreszahl 1489. Gegenüber den
darüber in der Presse gebrachten Mitteilungen möchten
wir sagen, daß nach Ansicht eines sehr bekannten Kunst-
historikers, der das Bild gesehen hat, es sich um einen
beachtenswerten, aber ihm noch höchst unsicher erschei-
nenden Fund handelt.

AUSSTELLUNGEN

Aus Stuttgarts Kunstleben. Wer kennt es nicht,
das Schlößlein Lichtenstein, das von steilem Felsen herab-
schaut ins Echatztal und das gar viele naive Gemüter für
den Schauplatz von Wilhelm Hauffs lieblicher Erzählung
halten! Tatsächlich ist es ja in der ersten Hälfte des
ig. Jahrhunderts erbaut worden; in seinem Inneren jedoch
birgt es gar manchen Zeugen aus der Zeit des Herzogs
Ulrich, wie uns die vom Stuttgarter Galerieverein vorge-
führte Ausstellung altdeutscher Bilder aus der Sammlung
des Herzogs Wilhelm von Urach auf Schloß Lichtenstein
beweist. Der Ausstellung fehlen die großen Namen, man
wird mitunter sogar an Sachsens Worte aus den »Meister-
 
Annotationen