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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Wulff, Oskar: Die Kunstgeschichte auf dem internationalen Kongress für historische Wissenschaften (Berlin 1908)
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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0300

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge. XIX. Jahrgang 1907/1908 Nr. 32. 11. September.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und
Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann, Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse usw. an.

Die nächste Nummer der Kunstchronik, Nr. 33, erscheint am 25. September

DIE KUNSTGESCHICHTE AUF DEM INTER-
NATIONALEN KONGRESS FÜR HISTORISCHE
WISSENSCHAFTEN (BERLIN 1908)

Der Kunstgeschichte war auf dem Berliner Kon-
greß eine von acht Sektionen zugeteilt, diese aber
war in zwei Halbsektionen für Archäologie und
neuere Kunstgeschichte geschieden (Vlla und VHb),
die sich nur gelegentlich zu kombinierten Sitzungen
vereinigten. Trotzdem durften wir schon nach dem
Programm von der internationalen Zusammenkunft
zahlreicher und mancher namhaften Fachgenossen in
einem Zentrum der europäischen Wissenschaft im
Laufe der einen Woche eine bedeutende Summe
neuer Forschungsergebnisse zu erhalten hoffen. Der
wirkliche Ertrag wird sich in einem Epilog besser
abschätzen lassen, wenn wir das Gebotene nicht in
der äußeren Abfolge der Tagung, sondern im Rahmen
der geschichtlichen Entwicklung rückschauend über-
blicken. Unverhüllbar tritt dann freilich sogleich die
eine große Enttäuschung hervor, daß einzelne der
wichtigsten Epochen, — die italienische Frührenaissance
und das Barockzeitalter, — auf dem Kongreß kaum
mit einem Wort gestreift worden sind. Aber monate-
lange Bemühungen der Sektionsleitung um ein reich-
haltiges Programm mußten zunichte werden, wenn
die angekündigten Beiträge der berufenen Autoritäten
zum Teil erst unmittelbar vor der Eröffnung abgesagt
wurden. Mit Bedauern mußte auch das auffallend
spärliche Erscheinen der Mitforscher unseres west-
lichen Nachbarlandes empfunden werden. Nichtsdesto-
weniger dürfen wir mit dem Erreichten zufrieden sein,
steuerten doch die Vertreter Englands, der Niederlande,
Österreichs und der skandinavischen Länder dazu voll-
wertige Beiträge.

Der knapp bemessene Raum erlaubt hier nicht,
die archäologischen Forschungen jenseits des Grenz-
gebietes der Spätantike zu berücksichtigen. Auf diesem
bewegten sich die Anregungen H. Poppelreuters zur
Ausdehnung der systematischen Gräberforschung auf
die östlichen Mittelmeerländer, denen die vereinigte
Sektion in einer Resolution ihre Zustimmung aus-
sprach. — F. Sarre führte durch seine »Mitteilungen
über die .noch nicht erschöpfend untersuchten' Rui-
nen von Rusafa Sergiopolis (und Halebije Zenobia)«
der altchristlichen Archäologie noch unausgebeutetes

Material zu. In der Diskussion wurde von N. Müller
und dem Unterzeichneten betont, daß die in zwei
bisher unbekannten Kirchen von zentralisierter Anlage
unzweifelhaft vorauszusetzenden Holzkonstruktionen
sich als neue Belege für die wichtige Rolle erweisen,
welche dieser Art der Bedachung als Vorstufe des
Kuppelbaues beizumessen ist. Zumal, wenn Sarre
mit Recht die Erbauung der daneben liegenden Sergius-
kirche als reiner Basilika (in die erst nachträglich
Säulenarkaden eingezogen wurden) und der ihr gleich-
artigen Schmuckfassade der Stadtmauer nicht weit vor
Justinian (in Anastasius' Zeit?) ansetzen zu müssen
glaubt. Ein zweites, für die Ursprungsfragen der
byzantinischen Dekoration bedeutsames Problem ist
in den Beziehungen beschlossen, die sich zwischen
Rusafa zu Palmyra und Baalbek einerseits und zu
Konstantinopel andererseits spinnen. Es liegt wohl
am nächsten, den gemeinsamen Ausgangspunkt in
Antiochia, nicht in Mesopotamien, zu suchen. —

/. Wilpert wiederholte vor der kunstgeschichtlichen
Sektion im Auszuge seine schon in der kirchen-
historischen vorgetragenen Ausführungen über die
Mosaiken von S. M. Maggiore an der Hand der vor-
trefflichen Farbenaufnahmen, die er im Maßstabe von
1ji und 1I6 von ihnen herstellen läßt. Zeit und Um-
fang früherer Restaurationen sind von ihm sorgfältig
festgestellt worden. Nur die früheste unter Hadrian I.
bleibt meines Erachtens hypothetisch und daß erst
durch sie der Goldgrund teilweise auch in die
Szenerie des alttestamentlichen Bilderzyklus zur Er-
höhung der dekorativen Wirkung eingeflickt worden
sei. So lange dafür nicht zwingende Beweise vor-
liegen, widerspricht dem schon die technische Um-
ständlichkeit eines solchen Verfahrens. Das allmäh-
liche Eindringen des Goldgrundes in die bildmäßige
Wiedergabe des Schauplatzes findet vielmehr sowohl
im Relief (Mosesszenen der Sabinatür) wie in der
Miniatur (Wiener Genesis und anderes mehr) seine
Parallele in der fortschreitenden Verflüchtigung der
konkreten Räumlichkeit zum abstrakten Räume. Um
so weniger Grund bleibt für eine Zurückdatierung
der Mosaiken des Langhauses in die Zeit des Liberius
wegen einzelner ikonographischer Abweichungen
(fehlender Engelflügel und Nimben) vor das Triumph-
bogenmosaik Sixtus' III. übrig. Bei der weitgehenden
 
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