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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 2.1888-1889

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Heft 12
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.11724#0187

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sei, die Sprache zualeich zu reiniaen und zu bereichern.
Auch Gustav Freytag steht mit uns auf diesem Staud-
punkte, das hat er durch die That bewiesen, indem
er in der jüngsten Ausgabe seiner werke viele Fremd-
wörter, die er früher gebraucht hatte, in der fein-
sinnigsten und geschmaekoollsten weise verdeutschte
(vgl. hierzu einen Aufsatz von Rünkler, der in dem
nächften ^efte meiner „Zeitschrift für den deutschen
Unterricht" erscheinen wird). !Nan täuscht sich völlig,
wenn man glaubt, die Bewegung gegen die Fremd-
wörter sei eine künstlich gemachte. Nein, sie ist aus
dem innersten Rern unseres volkes und unserer Zeit
mit Notwendigkeit hervorgewachsen, darin liegt das
Geheimnis ihres Lrfolgs. Der Sprachverein sstzt sich
nun die Aufgabe, diese Bewegung zu leiten und in
der rechten Bahn zu erhalten. wer daher dafür ist,
daß das rechte Waß in diesem Aampfe innegehalten
werde, der schließe sich dem deutschen Sprachverein
an. wer den deutschen Sprachverein bekämpft, der
wird an dieser Mäßigung rütteln, den Rampf gegen
die Fremdwörter wird er nicht beseitigen. So liegen
die Berhältnisse für jeden, der unbefangen die That-
sachen prüst.

Daß wir endlich auf dem Standpunkte Iakob
Grimms stehen und zwar auf diesem vor Allem, da-
für bürgt wohl allein schon die Thatsache, daß Rudolf
Lsildebrand, der feinsinnige Aenner der deutschen
F-prache, dessen ungemeine ^achkenntnis voir Iakob
Grimm fchon im Iahce aufs Lebhafteste gerühmt
wurde, Aütglied des d^utschen Sprachvereiiws ist.
Auch wir lehnen wie Zakob Giimm den ärgerlichen
j?urismus ab; aber wir sind wie Iakob Grimm der
Nleinung, daß die Fremdwörter die deutsche Nede
nichts angehen, und mit ihm sprechen wir festen Mutes
und frohen Ännes aus, was er in seiner Rede „über
das jdedantische in der deutschen Sprache" sagt: „In
die volle Gewähr und den reichen Schmuck der uns
angeerbten ^prache werden wir erst eingesetzt, sobald
wir sie erforschen, reinhalten und ausbilden. Zur
schmählichen Fessel gereicht es ihr, wenn sie ihre
eigensten und besten wörter hintan setzt und nicht
wieder abzustreifen sucht, was ihr pedantische Barbare:
aufbürdete; man klagt über die fremden Ausdrücke,
deren Tinmengen unsere Sprache schändet: dann
werden sie wie Flocken zerstieben, wann Deutschland,
sich selbst erkennend, stolz alles großen Heils bewußt
sein wird, das ihm aus seiner Sprache hervorgeht."

Otto Lyon.

Muslk.

* Das verbältnls der /Dusik zur Diebt-

llnust bespricht w. Talaminus in der „Geraer
Zeitung". „t)oesie und Riusik", so beginnt er, „sind
zwei schöne Schwestern, von denen jede in einer nnr
ihr eigentümlichen weise zum menschlichen Gemüte
spricht. Die wirkung jener beruht auf ihrer Rlar-
heit und Bestimmth eit, die der letzteren auf
ihrer schwankenden Dieldeutigkeit:ihreSprache
hat in dieser Beziehung Ähnlichkeit mit der Algebra:
u -j- d — o kann ebensogut heißen: ^o -j- H
wie 20 -j-ZO— 50 und so ins Unendliche fort.
wohl fühlt man einem Tonstücke an, welche der ver-
schiedenen Saiten des menschlichen Gemütes es an-
schlägt, aber immer bleibt ein Gehalt, der nie durch
das plastisch-klare und bestimmte wort wiedergegeben

werden kann." Denn die Rürsik hat es mit Lmpfin-
dungen zu thun, „deren letzte Ursache ebenso sehr auf
dem Gebiete des Nerven- wie des Gemütslebens zu
suchen ist." Dem verfasser ergiebt sich aus alledem,
daß die Gebilde der Nlusik sowohl wie die der j?oesie
an und für sich noch nicht vollkommen seien: die
beiden Schwesterkünste gehen ihre verschiedenen wege
— die j?oesie erzeugt durch j?hantasiebilder Stimmung,
die Rlusik durch Stimmungen j)hantasiebilder. „Trst
in ihrer vereinigung, wie sie im Liede und der Oper
stattfindet, entsteht das vollendete Runstwerk, welches
sshantasie und Seelenleben mit gleicher Gewalt er-
greift." Selbstverständlich führen solche Gedanken
Lalaminus zu wagner, der das „zu Ungunsten der
Dichtkunst lange verkehrte und verschobene Verhältnis"
der beiden Rünste wieder hergeftellt babe. Seine
Ausführungen über wagners Bedeutung berühren
sich im Gegenstande und in der Tendenz zu nah mit
denen Ulax Rochs (Rw. I, 2 3), als daß wir auch sie
hier zu skizziren versuchen dürften: „wenn wagner
auch kein anderes verdienst besäße, als daß er uns
die gänzliche vernachlässigung der berechtigten For-
derungen der ssoesie vom Lsalse geschafft, auf die
Notwendigkeit guter Texte und der Gleichstellung von
Ukusik und Dichtkunst in der Oper hingewiesen hat:
so würde man schon um deswillen ihn als einen bahn-
brechenden Reformator begrüßen müssen." Auch die
„jDrogrammmusik" der „neudeutschen" Schule wird
übrigens vom Derfasser auf seinem wege berührt: er
fteht ihr als einer bloßen „Bermischung von jDoesie
und wlusik, die der letzteren zumutet, was nur jene
verinag" ablehnend gegenüber. wir hoffen über
jDrogrammusik binnen Rurzem einen Anfsatz bringen
zu können, der vielleicht neue Gesichtspunkte aufstellen
dürfte.

Mldende Ikünste.

* Für die Werliner /Duseell tritt anläßlich der
Beratungen des Rultusetats im preußischen Ab-
geordnetenhause ein Leitaufsatz der „National-Zeitung"
(t6t) ein, von dem wir um so lieber im Auszuge
berichteu, als wir auch den Anschein vermeiden
möchten, als gält' es uns überhaupt, „gegen Berlin"
zu schreiben, und als legten wir deshalb den Aufsatz
Rifferts den Lesern vor. Die Frage der „Zentralisation"
liegt anders, handelt es sich ums Runstschaffen,
das bestimmten Verhältnissen durchaus angepaßt
werden soll, als handelt es sich um das wissen von
der Runst, dem Dergleichs- und Lernstoff zugeführt
werden muß. Der Verfasser hebt zunächst hervor,
daß die j?rovinzialmuseen in preußen durchaus nicht
arm sind, „daß manche, wie Rassel, Frankfurt, Röln,
j?erlen besitzen, um die sie auch Berlin beneiden kann.
Daß so in jeder j?rovinz die Freude am Schönen
belebt, der Runst und dem Runstgewerbe Anregungen
und Vorbilder gewährt werden, ist ein großer ^egen;
doch liegt es in der Natur der Sache, daß diese wir-
kung immer nur eine beschränkte und einseitige bleiben
muß. Zn den kleineren chammlungen ist bestenfalls
ein Rünstler oder eine Schule glänzend vertreten: einen
Überblick über alles zu bieten, was auf künftlerischem
Gebiete erstrebt worden ist und noch erstrebt werden
kann, werden ihre beschränkten Uttttel ihnen nie er-
lauben. Dies würde fich auch nicht ändern, wenn

—S
 
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