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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 2.1888-1889

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Heft 18
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.11724#0285

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Stellung des zu j)orträtirenden, durch passende An-
ordnuna des Beiwerks, durch feiue Belichtung usw.--
lauter Dinge, die eine malerische Begabung erfordern
— ein künstlerisches Gepräge tragen. Ia, selbst die
jDbotographie eines leblosen Gegenstandes oder eines
Runstwerkes kann eine gewisse küustlerische Bedeutung
gewinnen, wenn es ihr gelingt, die Larbeu und Licht-
wirkungeu des Originals iu einer für gebildete Augen
wohlthuenden weise auf einen neutralen Nenner zu
reduziren. Nirgend wird dies klarer, als bei der
kViedergabe von Glgemälden durch xchotographischen
Lichtdruek, unveränderlichen Aohledruek und Heliogravüre.
L)ierin haben es Linzelne — und zwar nicht sowohl
durch Netouche, als vielmehr durch verständnisvolle
Aufnahme- und Druckpraktik soweit gebracht, daß
uns durch die wiedergabe ein neuer, in gewissem
Sinne selbständiger Genuß wird. Zn manchen
Fällen können sogar Glgemälde, deren Gindruek
durch unruhige, uiiharmonische Larbengebungen be-
einträchtigt ist, bei der neutralfarbigen Neproduktion
gewinnen, indem hier Nomposition und Lichtverteilung,
d. h. die rein zeichnerischen i)ntentionen des
Nünstlers, zum nahezu vollkommenen Ausdruek ge-
langen.

Auf die Technologie dieser und anderer photo-
graphischer Neproduktionsarten, die man wohl unter
dem Namen (bseliographies zusammenfassen kann,
einzugehen, ist hier nicht der Grt. Nur das mag
hier hervorgehoben sein, daß dieselbsn — um höheren
künstlerisch-stilistischen Ansprüchen zu genügen — einer-
seits über die ganze, auf dem als Unterlage dienen-
den Stoff (f?apier usw.) überhaupt zulässige Skala
von Licht und Schatten verfügen müssen, und daß
andererseits schon bei der xhotographischen Aufnahme
Rorrekturen der Farbenabgleichung vorgenommen
werden müssen, welche der Lichtwirkung der ver-
schiedenen Farbentöne auf das menschliche Auge
gerecht werden. Denn bekanntlich hat dieses für
die einzelnen Strahlengattungen des Spektrums nach
rechts und links eine dem «photographischen» Auge
nichl ganz enhprechende Lichtwertung: die gewöhnliche
h)hotographie bringt die roten und gelben Strahlen
dunkler, die blauen und violetten Strahlen dagegen
heller zur Geltung, als sie unserem Auge erscheinen.
Die photographischen 2lufnahmen, bei denen man
durch Linschalten farbiger Gläser oder durch eigens
zubereitete jAatten diesen Übelstand aufzuheben sucht,
nennt man (nicht ganz treffend) achromatische
oder orthochromatische.

Fast alle mechanisch-graphischen Dervielfältigungen
haben eine helle Grundlage zur Doraussetzung, aus
welcher die Schattirungen und dunkleren Farben
lasurartig oder mehr oder weniger durchsichtig abge-
stuft erscheinen. Lin pastoser Auftrag der Lichter
findet uicht einmal bei dem sog. Olfarbendruck statt.
wir köuuen daher als stilistisches Gesetz für alle
graphischen Vervielfältigungen aufstellen: daß die-
selben den Gharakter künstlerisch vollendeter Lsaud-
zeichnungen erstreben sollen.

Bei den direkt aus s?hotographie beruhenden Re-
produktionen nach der Natur, nach plastischen Nunst-
werken und nach Glgemälden kann das künstlerische
Dorbild selbstverständlich nur die gewischte oder
getuschte, bezw. die Nreide- oder Aquarell-

zeichnung sein. kVenn auch in der hseliogravüre ^
usw. Leinheiten der Details und Abtönungen erzielt
werden können, welche für die menschliche Hand x^^m
erreichbar sind, so ändert dies dennoch nichts an dem
Prinzip. Der künstlerische Neiz der einsarbigen und
der isochromen Zeichnung besteht eben hauxtsächlich
darin, daß sie die zufällige Buntscheckigkeit der Natur
vereinfacht und an die Stelle zahlreicher Farbenauto-
ritäten eine einheitliche, in allen Teilen vergleichbare
und daher verständlichere Lichtenergie setzt.

Ls muß nun anerkannt werden, daß im Großen
und Ganzen die photographischen Zweige der Aus-
stellung dieser künstlerischen Anforderung in hohem
Grade gerecht geworden siud. Namentlich die durch
unvergäugliche, körperhafte pigmente hergestellten
einsarbigen Drucke von geätzten Glasplatten (Licht-
drucke), Steinplatten (s)hotolithographien) und Rupfer-
platten (üeliogravüren), zeigen zum Teil eine virtuose,
künstlerische Lichtwirkung. Die in den Trstlings-
photographien und den früheren Lichtdrucken be-
obachteten verschwommenen Übergänge und das Ganze
deckenden Töne sind in den besseren Arbeiten fast
ganz verschwunden. lVie sehr man die Trinnerung
an diese alten Gebrechen zu beseitigen strebt, geht auch
daraus hervor, daß man bei feineren Arbeiten in
unvergänglichem sdigmentdruck meistens den chokolade-
artigen Photographieton meidet und Larben an-
wendet, welche mehr an den alten Nnpferdruck von
Radirungen und die 5chwarzkunst oder Aquatinta-
töne erinnern.

Als das jüngste Tnkelkind der s)hotographie muß
hier die aus der Photozinkographie hervorgegangene
sog. Autotypie erwähnt werden, welche Nlischees
von photographisch abgetönten Bildern für die Buch-
druckpresse liefert und erst in allerletzter Zeit einen
die Textillustration mächtig beeinflussenden Nmfang
angenommen hat. Genau genommen war schon der
sog. Lichtdruck nichts anderes als «üochdruck»; aber
selbst in seiner üerstellung aus der Schnellpresse hält
derselbe, was Massenproduktion und Billigkeit anbe-
langt, keinen Vergleich mit der Autotypie aus. Für
den Buchdruck kam es darauf an, Alischees aus einem
unverwüstlichen Material zu schaffen, das zugleich
eine verhältnismäßig tiefe Ätzung vertrug. Tin solches
Nbaterial ist das harte und dabei leicht ätzbare Zink.

Tin unumgänglicher Übelstand war seither und ist
noch das Trfordernis symmetrischer Linien (Naster),
oder s)unktirungen oder Granulationen, welche den
über das ganze Nlischee ausgebreiteten Grundton
bilden und, wenn sie dem unbewaffneten Auge allzu
aufdringlich sichtbar werden, die künstlerische Zllusion
stören. Ts ist nun die Aufgabe der neuen «Nunst»,
diese Störung durch Verfeinerung der Rastersvsteme
und geschickte Aushebung reiner Lichtstellen und
feiner Netouchen auf ein Nttnimum zu reduziren, was
übrigens mehreren AussteÜern, namentlich bei kleinersn
Formaten und bei reich detaillirten Darstellungen,
bereits in trefflicher lVeise gelungen ist. Auch die
Autotypie kann und muß, obschon sie darin kaum
jemals mit der bseliogravüre wird konkurriren können,
für ihre sdrodukte das Vorbild der getuschten ü^nd-
zeichnung bez. der Nadirung und Schwarzkunst im
Auge behalten. Tin verständnisvoller Druck kann
diesem Bestreben wesentlich zu üi!(e kommen; bei




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