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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 2.1888-1889

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Heft 21
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Vom Tage
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Sprechsaal
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https://doi.org/10.11588/diglit.11724#0337

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staat nach bedeutenden Runstdenkinälern abzusuchen sowie sür
deren Lrhaltung zu sorgen batte. Gleich daraus wurde diese
Maßreqel aus das gesammte Röniqreich ausqedehnt, und die
römische Zentralkommission mußte von den sdrovinzialbehörden
über Untersuchung und Stand der Arbeiten auf dem Lausen-
den gehalten werden. So anerkennenswert das ist, so ge-
nügt cs doch keineswegs, daß das einmalige Absuchen der
verschiedenen jdrovinzen als wesentlich erschöpsende Thätigkeit
der Beamten angesehen wird. wenn auch nicht theoretisch,
so ist man doch an vielen Drten xraktisch dahin gekommen,
daß Rirchen, Rlöster, sdrivathäuser, Standbilder, Brunnen usw.
sür «monumental» erklärt worden sind, ohne daß sich die Aom-
mission auch nur weiter um ihre Schützlinge bekümmert. Die
Lrklärung eines Gegenstandes sür monumental schließt sür
die Airche, die Gemeinde, die Stadt usw. die Berpslichtung
ein, nicht nur sür die Lrhaltung des augenblicklichen Zustandes
zu sorgen; sondern jedes Mal, wenn irgend eine veränderung
vorgenommen werden soll, muß die Rommission darüber be-
sragt und um ihre Zustimmung bzw. ihr Gutachten gebeten
werden. Eine der khauptgegenden, wo man sich weder um
die Aommission noch um deren Ansichten kümmert, ist das
S ab in e rg e b i r ge. In wie manchem der unscheinbarsten
Nester sinden sich hier köstliche Perlen mittelalterlicher Bau-
kunst und Malerei, aus die kein Mensch mehr achtet, und die
als einziges Zeichen, daß man in den engen Areisen der
Kommission Kenntnis von ihnen besitzt, ein äußerst kunstloses,
weiß angestrichenes Ljolzschild tragen, worauf in rohen Buch-
staben das N)ort: «Monumentales» steht. Im Norden Ita-
liens, in Ravenna, sieht es noch wesentlich trauriger aus.
Ner Zahn der Zeit, der in diesem so sehr ungesunden und
sumpfigen Lande schneller arbeitet als anderswo, vernichtet
sichtbar die dortigen herrlichen Bauwerke. San Appollinare
in Llasse ist ganz besonders vernachlässigt." Die angesührten
Behauxtungen werden durch nähere Angaben begründet.

^-Turnen und Aunst nennt A. Thoma einen Aus-
satz der „M. N. N.", der angesichts des Turnfestes in Mün-
chen erscheint. „lVer möchte leugnen," heißt es darin, „daß
ebenso, wie die Gymnastik bedeutsam war sür die Entwicklung
der bildenden Aunst, letztere hinwiederum aus die Gymnastik
veredelnd wirkte? In den Statuen der Uünstler, gefertigt
nach den schönsten und edelsten Gestalten und allerorts in
den Gymnasien und an den Schauplätzen der ösfentlichen Sxiele
aufgestellt, waren den hellenischen Turnern Muster körper-
licher Bewegung und Lsaltung gegeben, nach denen sie sich zu
bilden strebten,, deren Adel und Echönheit zu erreichen ihr
höchstes Ziel war. So erklärt es sich auch, warum man körper-
liche 5chönheit so hoch stellte, warum der Mangel an solcher
so sehr verletzte. Nirgends sreilich wetteiferte man so um die
Schönheit wie in Athen. Es mußte dieser lVettstreit den be-
deutendsten Einfluß ausüben aus die Blüte der Gymnastik,
die jdflege der letzteren dagegen ohne Bekleiduug ermöglichte
diese unerreichte ksöhe der bildenden Aunst. !Vie unsere
Turnkunst aber stets etwas Unabgeschlossenes und bsalbsertiges
haben wird gegenüber der griechischen Gymnastik, so wird
auch unsere j)lastik im Großen und Ganzen hinter der grie-
chischen zurückstehen müssen. Lservorragende Künstler werden
ja sicher trotz der gedungenen mangelhaften Modelle in Nach-
ahmung des von der klassischen Aunst Gebotenen Unüber-
tresfliches leisten, nie aber wird die Aunst so Gemeingut, wie

Zn Sachen: Runst nnd j)olitik.

Der vielsach mit einer gewissen Leidenschastlichkeit

sie dieses im griechischen Altertume war — es sehlt eben
unsercn Bildhauern jene so reiche Anregung, jene Fülle der
herrlichsten Gestalten, die überall dem griechischen Aünstler
entgegentraten, ohne daß er lange zu suchen hatte. Die
Grundzüge der chellenen müssen auch bei unserem xädagogi-
schen Turnen im Auge behalten werden, wenn die Schönheit,
von der Schiller so herrlich sagt, daß sie allein alle welt be-
beglückt und daß jedes wesen seine Schranken vergißt, so
lange es ihren Zauber ersährt, auf nnsern Turnxlätzen weilen
soll. Daß aber die Schönheit hier mit ihrem erfreuenden und
erhebenden Linfluß ein Lseimatrecht hat, ist leicht einzusehen.
All unsere Bestrebungen aus dem Gebiete der Lrziehung des
Körpers dienen, gleichzeitig mit allem Regen und Bewegen
zu seiner besseren Lntfaltnng, zu seiner schöneren Lrscheinung,
zu seiner herrlicheren Blüte."

» Über die Lindrücke, die er vom sranzösischen Uunst-
gewerbe auf der jdariser weltausstellnng gewann, schreibt
I. v. Falke in der „wiener Abendpost": „Nach der Idee
des Liffelturmes zu schließen, wer hätte nicht erwarten sollen,
auch in der ganzen französischen Uunstindustrie solche forcirte
Arbeiten zu sinden, Ubertreibungen der Formen, Vergröße-
rungen in das Rolossale, wo Maßhaltigkeit den seinen und
guten Geschmack bekundet! Ich gestehe, daß ich auch in dieser
Lrwartung nach j)aris gekommen bin; ich erwartete in der
ganzen Runstindustrie, aus welche ich es ja abgesehen hatte,
eine Fülle von Liffelthürmen im Rleinen zu finden, ich meine
nicht wirkliche Nachbildungen, denn diese sind zahlreich vor-
handen in der Gestalt von Messern, Scheeren, Seisen, Lhoco-
laden, Thermometern und was des Unsinns mehr ist; ich
meine Liffelthürme dem Geiste und Lharakter nach. Aber
ich mnß gestehen, ich habe in dieser Beziehung durchaus nicht
gesnnden, was ich erwartet hatte. Allerdings giebt es auch
in der sranzösischen Uunstindustrie kolossale Lrscheinungen,
aber sie sind mehr oder weniger vereinzelt oder bedeutungslos
neben dem, was sich als Regel und in der großen Menge
darstellt. Vielmehr kann ich nicht verhehlen, daß ich die
sranzösische Uunstindustrie vom Standpunkte eines reinen
Geschmackes nnd einer seinen vollendeten Arbeit weit besser
gefunden habe, als je aus einer srüheren Ausstellung. Die
Franzosen haben ihre Vorzüge behalten, ihre Unarten zum
großen Teile, wie sich noch im Linzelnen zeigen wird, ab-
gelegt; sie sind so zu sagen gereinigter im Geschmacke ge-
worden, verständiger, klüger in den Ideen. Daß sie dabei
ihre bisherigen Annstarten und Aunstftile, welche vorzugsweise
im t8- Iahrhundert ihre Vorbilder suchen, nicht ausgegeben
haben, vielleicht denselben noch entschlossener anhängen, kann
ihnen nicht zum Vorwurs gereichen. wir Msterreicher haben
uns allerdings von der bserrschast des sranzösischen Geschmackes
besreit, den Deutschen ist es gegenwär'ig wohl nicht minder
gelungen; das bedeutet allerdings einen großen Verlust sür
Frankreich, und wir haben ja auch oft genug die statistischen
Vergleiche gelesen, wie der Lrtrag der sranzösischen Aunst-
industrie um Millionen und Millionen sinkt; dennoch steht
diese aus der gegenwärtigen Ausstellung — wir scheuen uns
nicht, es offen zu sagen — in einer Größe, Vollkommenheit
und Massenhastigkeit da, welche aus einen beneidenswerten
Zustand schließen läßt. Mb das Alles nur um der Ausstellung
willen und für dieselbe aus jdatriotismus mit Gpsern ge-
schaffen worden? Das will uns durchaus nicht scheinen."

Lprecksaal.

CAnter sacblicver verantwortung der Derren Ltnscnder.)

erörterte Gegenstand wird auch im Sprechsaal des
vorletzten Stückes wieder besprochen — der bserr Ver-


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