—
! alle dicht an die Nampe treten, um zu ihm hinunter
zn gucken?
R. Wagner sagt: „Iedem wird die wichtigkeit
einleuchten, der mit der Absicht, den wirklichen <Lin-
druck einer dramatischen Aunstleistung zu gewinnen,
unsern Opernaufführungen beiwohnt und durch den
unerläßlichen Anblick der mechanischen Lsilssbewegungen
beim Vortrage der Attisiker und ihrer Leitung un-
willkürlich zum Augenzeugen technischer Lvolutionen
gemacht wird, die ihm durchaus verborgen bleiben
sollten, fast ebenso- sorgsam, als die Fäden, Schnüre,
Leisten und Bretter der Theaterdekorationen, welche,
aus den Rulissen betrachtet, einen bekanntlich alle
Täuschung störenden Lindruck machen." Solcher die
Täuschung störende Tindrücke giebt es aber außer
den erwähnten beim Theater noch eine Menge.
wir nennen hier bloß die offene verwandlung mit
ihrer verschiebung der wolken, Häuser und Bäume,
das knappe Zeitintervall für vorgänge, welche durch
viele Zahre getrenni sind, singende oder in versen
sprechende Nlenschen, welche eine dramatische Lsandlung
darstellen ro. All dies beruht auf einer stillschweigen-
den Lonvention zwischen Bühne und s)ublikum. Zu
diesen Tonventionen gehört auch das sichtbare
Orchester, mit seinen und seines Leiters „störenden
Tvolutionen", die das j)ublikum recht lieb gewonnen
zu haben scheint. So wünschenswert übrigens so manche
Reform beim Theater wäre, so müssen wir uns doch da.
gegen erklären, daß man gerade den Anfang gemacht
mit dem Verschwinden des Grchesters, des Stieskindes
Thaliens, das in individueller würdigung und An-
erkennung, in xekuniärer Beziehung usw. ohnedies so
schlecht wegkommt und das doch ein unentbehrlicher
Faktor bei allen Aufführungen ist.
Doch ja! Zn vielen großen Theatern ist beim
Schau- und Lustspiel schon lange das unsicht- und
unhörbare Orchester eingeführt. Mit welchem Tr-
folg? Nüchtern ist's und langweilig, und an das
auf der Bühne Dargebotene tritt um so größerer
Anspruch heran; anstatt die Zwischenaktmusik möglichst
zu vervollkommnen und sie zur kfebung der Stimmung
in den Dienst des recitirenden Schauspiels zu stellen,
wurde sie einfach kassirt. Führet auch noch in der
Gper das unsichtbare Orchester ein, und was werden
die Folgen sein? Der seelische Anteil, den der
Nlusiker an den Dorgängen auf der Bühne nimmt,
und der sich unwillkürlich auf seine Leistung überträgt,
fällt gänzlich weg und mit ihm die Begeisterung.
Ferner wird der echte Rünstler, der sich zur unsicht-
baren Maschine degradirt sieht, und dem die direkte
Anerkennung der Zuhörer entzogen wird, in seinem
Tifer erlahmen, der demoralisirenden Zerstreuungen
durch sonst nicht gesuchte vergnügungen, wie Rarten-
spiel, Trinkgelage, zu der die Langeweile und Unsicht-
barkeit verführen könnte, nicht zu gedenken.
wem die Anwesenheit des Grchesters die Zllusion
zu rauben vermag, dem raubt sie auch ein Blick
nach rechts oder links auf seine Umgebung, der
bringt auch keine Lmpfänglichkeit, kein Lingehen auf
die Zntentionen des Dargebotenen mit, und diesem
frommt auch das unsichtbare Grchester nicht. Die Ton-
massen zu zügeln, die Dynamik, wo es not thut, zu
beschränken und soinit das notwendige Lservortreten
der Sänger zu ermöglichen, hat jeder fähige Rapell-
meister in der Lsand und kann ihm füglich überlassen
bleiben; er soll nicht nur den Takt geben, sondern
auch so viel inneren Takt haben, um die Zntentionen
des Romponisten nachzufühlen, sein werk nachzu-
schaffen. Ghne solche Zntelligenz und Tüchtigkeit
des Dirigenten ist überhaupt eine gelungene Opern-
aufführung undenkbar.
Wildende Ikünste.
* Zustis „velazquez" als Kompendtum
praktiscber Nestdetik. II.
Technik; Manier.
Steht Zusti auch auf dem Standpunkt, wonach
die erste Ligenschaft eines werks der nachahmenden
Rünste wahrheit ist — besteht doch dessen Genuß
eigentlich in der wiedererkennung (I, 20) — und
macht er sich auch das wort Lalderons zu eigen,
daß die Maler weiter nichts seien als Nachahmer der
großen Natur: so legt er doch immer den Nachdruck
nur auf die Art, wie die Lrscheinungen gesehen
werden, nicht aber auf die Technik, die nur ein Aus-
fluß dieser Anschauungsweise ist. Dem Genie (wie
der Natur) haben noch immer für das, was es sah
und wollte, auch die Nlittel nicht gefehlt (I, 8 fg.).
Bei Vielen liegt das Große mehr im Arsenal ihrer
bewunderungswürdigen Darstellungsmittel, denen sie
jedweden F>toff anzupassen wissen, als in der Arbeit,
die sie dem Linzelnen zuwenden, in der Geisteskraft,
mit der sie aus jedem Gegenstande eigens die in ihm
latente Rraft herausdestilliren. wenn ihre Runst uns
stets berückt: das einzelne werk gewinnt uns nur
halben Anteil ab (to).
Unzutreffend ist velazquez ein Virtuose genannt
worden . . . Niit mehr Necht könnte man diejenigen
wialer virtuosen nennen, welchen der Gegenstand
nur Deranlassung zu sein scheint, ihre fertigen Dar-
stellungsmittel in mehr oder weniger neuen Dariationen
zu produziren. Zn diesem Sinn ist der virtuose ein
widerxart des wahren Rünstlers (II, 27 s).
Auch der sogenannten frei en Alanier (libertucl
y Irunqus^u), die man Lserrera nachrühmt — einen
Naturalisten kann man ihn kaum nennen, da er meist
sich selbst malte, und aus dem Ropfe malte — ver-
mag Zusti keinen so hohen wert beizumessen. Alan
spricht von ihr, als sei sie der heilige Geist der Runst,
und doch ist sie nur eine Alanier wie jede andere und
leicht von Nachahmern abzusehen. Spanisch ist sie
höchstens, weil sie der Bequemlichkeit zusagt (I, 6 3).
IIm genial zu scheinen, heißt es in dem bereits an-
geführten Dialog (tOt), hat der Greco die Bilder
schließlich mit jenen Golpes (Aleisterstrichen) übersät,
welche sie in den Llementarzustand zu verfetzen schei-
nen. Ligentlich heißt das arbeiten, um arm zu sein.
wie willst Du mir beweisen, äußert der Alte
daselbst, daß das vollendete, das verschmolzene
Bild weniger Nelief haben müsse, als das skizzenhafte
und zerhackte? . . . Rein Nlensch wird mir einreden,
daß nicht unser höchstes Ziel sein sollte: Der Natur
zu gleichen, d. h. in der Ferne und Nähe lebendig
zu erscheinen. Dollendet in der Nähe, und hervor-
springend aus dem Nahmen, sich rundend aus der
Ferne. wenn das eine Bild nur aus der Ferne
täuscht, und das andere von fern und nahe, so ist
doch wohl das zweite das beste. So malte van Dyck.
— 342 —
! alle dicht an die Nampe treten, um zu ihm hinunter
zn gucken?
R. Wagner sagt: „Iedem wird die wichtigkeit
einleuchten, der mit der Absicht, den wirklichen <Lin-
druck einer dramatischen Aunstleistung zu gewinnen,
unsern Opernaufführungen beiwohnt und durch den
unerläßlichen Anblick der mechanischen Lsilssbewegungen
beim Vortrage der Attisiker und ihrer Leitung un-
willkürlich zum Augenzeugen technischer Lvolutionen
gemacht wird, die ihm durchaus verborgen bleiben
sollten, fast ebenso- sorgsam, als die Fäden, Schnüre,
Leisten und Bretter der Theaterdekorationen, welche,
aus den Rulissen betrachtet, einen bekanntlich alle
Täuschung störenden Lindruck machen." Solcher die
Täuschung störende Tindrücke giebt es aber außer
den erwähnten beim Theater noch eine Menge.
wir nennen hier bloß die offene verwandlung mit
ihrer verschiebung der wolken, Häuser und Bäume,
das knappe Zeitintervall für vorgänge, welche durch
viele Zahre getrenni sind, singende oder in versen
sprechende Nlenschen, welche eine dramatische Lsandlung
darstellen ro. All dies beruht auf einer stillschweigen-
den Lonvention zwischen Bühne und s)ublikum. Zu
diesen Tonventionen gehört auch das sichtbare
Orchester, mit seinen und seines Leiters „störenden
Tvolutionen", die das j)ublikum recht lieb gewonnen
zu haben scheint. So wünschenswert übrigens so manche
Reform beim Theater wäre, so müssen wir uns doch da.
gegen erklären, daß man gerade den Anfang gemacht
mit dem Verschwinden des Grchesters, des Stieskindes
Thaliens, das in individueller würdigung und An-
erkennung, in xekuniärer Beziehung usw. ohnedies so
schlecht wegkommt und das doch ein unentbehrlicher
Faktor bei allen Aufführungen ist.
Doch ja! Zn vielen großen Theatern ist beim
Schau- und Lustspiel schon lange das unsicht- und
unhörbare Orchester eingeführt. Mit welchem Tr-
folg? Nüchtern ist's und langweilig, und an das
auf der Bühne Dargebotene tritt um so größerer
Anspruch heran; anstatt die Zwischenaktmusik möglichst
zu vervollkommnen und sie zur kfebung der Stimmung
in den Dienst des recitirenden Schauspiels zu stellen,
wurde sie einfach kassirt. Führet auch noch in der
Gper das unsichtbare Orchester ein, und was werden
die Folgen sein? Der seelische Anteil, den der
Nlusiker an den Dorgängen auf der Bühne nimmt,
und der sich unwillkürlich auf seine Leistung überträgt,
fällt gänzlich weg und mit ihm die Begeisterung.
Ferner wird der echte Rünstler, der sich zur unsicht-
baren Maschine degradirt sieht, und dem die direkte
Anerkennung der Zuhörer entzogen wird, in seinem
Tifer erlahmen, der demoralisirenden Zerstreuungen
durch sonst nicht gesuchte vergnügungen, wie Rarten-
spiel, Trinkgelage, zu der die Langeweile und Unsicht-
barkeit verführen könnte, nicht zu gedenken.
wem die Anwesenheit des Grchesters die Zllusion
zu rauben vermag, dem raubt sie auch ein Blick
nach rechts oder links auf seine Umgebung, der
bringt auch keine Lmpfänglichkeit, kein Lingehen auf
die Zntentionen des Dargebotenen mit, und diesem
frommt auch das unsichtbare Grchester nicht. Die Ton-
massen zu zügeln, die Dynamik, wo es not thut, zu
beschränken und soinit das notwendige Lservortreten
der Sänger zu ermöglichen, hat jeder fähige Rapell-
meister in der Lsand und kann ihm füglich überlassen
bleiben; er soll nicht nur den Takt geben, sondern
auch so viel inneren Takt haben, um die Zntentionen
des Romponisten nachzufühlen, sein werk nachzu-
schaffen. Ghne solche Zntelligenz und Tüchtigkeit
des Dirigenten ist überhaupt eine gelungene Opern-
aufführung undenkbar.
Wildende Ikünste.
* Zustis „velazquez" als Kompendtum
praktiscber Nestdetik. II.
Technik; Manier.
Steht Zusti auch auf dem Standpunkt, wonach
die erste Ligenschaft eines werks der nachahmenden
Rünste wahrheit ist — besteht doch dessen Genuß
eigentlich in der wiedererkennung (I, 20) — und
macht er sich auch das wort Lalderons zu eigen,
daß die Maler weiter nichts seien als Nachahmer der
großen Natur: so legt er doch immer den Nachdruck
nur auf die Art, wie die Lrscheinungen gesehen
werden, nicht aber auf die Technik, die nur ein Aus-
fluß dieser Anschauungsweise ist. Dem Genie (wie
der Natur) haben noch immer für das, was es sah
und wollte, auch die Nlittel nicht gefehlt (I, 8 fg.).
Bei Vielen liegt das Große mehr im Arsenal ihrer
bewunderungswürdigen Darstellungsmittel, denen sie
jedweden F>toff anzupassen wissen, als in der Arbeit,
die sie dem Linzelnen zuwenden, in der Geisteskraft,
mit der sie aus jedem Gegenstande eigens die in ihm
latente Rraft herausdestilliren. wenn ihre Runst uns
stets berückt: das einzelne werk gewinnt uns nur
halben Anteil ab (to).
Unzutreffend ist velazquez ein Virtuose genannt
worden . . . Niit mehr Necht könnte man diejenigen
wialer virtuosen nennen, welchen der Gegenstand
nur Deranlassung zu sein scheint, ihre fertigen Dar-
stellungsmittel in mehr oder weniger neuen Dariationen
zu produziren. Zn diesem Sinn ist der virtuose ein
widerxart des wahren Rünstlers (II, 27 s).
Auch der sogenannten frei en Alanier (libertucl
y Irunqus^u), die man Lserrera nachrühmt — einen
Naturalisten kann man ihn kaum nennen, da er meist
sich selbst malte, und aus dem Ropfe malte — ver-
mag Zusti keinen so hohen wert beizumessen. Alan
spricht von ihr, als sei sie der heilige Geist der Runst,
und doch ist sie nur eine Alanier wie jede andere und
leicht von Nachahmern abzusehen. Spanisch ist sie
höchstens, weil sie der Bequemlichkeit zusagt (I, 6 3).
IIm genial zu scheinen, heißt es in dem bereits an-
geführten Dialog (tOt), hat der Greco die Bilder
schließlich mit jenen Golpes (Aleisterstrichen) übersät,
welche sie in den Llementarzustand zu verfetzen schei-
nen. Ligentlich heißt das arbeiten, um arm zu sein.
wie willst Du mir beweisen, äußert der Alte
daselbst, daß das vollendete, das verschmolzene
Bild weniger Nelief haben müsse, als das skizzenhafte
und zerhackte? . . . Rein Nlensch wird mir einreden,
daß nicht unser höchstes Ziel sein sollte: Der Natur
zu gleichen, d. h. in der Ferne und Nähe lebendig
zu erscheinen. Dollendet in der Nähe, und hervor-
springend aus dem Nahmen, sich rundend aus der
Ferne. wenn das eine Bild nur aus der Ferne
täuscht, und das andere von fern und nahe, so ist
doch wohl das zweite das beste. So malte van Dyck.
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