äußert der Alte, nicht aus wie Sekten der Retzer?
Statt der Linheit der alten Zeit, die der Liicheit des
Glaubens glich, schlägt jeglicher seinen eigenen weg
ein, wie die Füchse des Ämson u. s. w. . . . Lin
schöner j?sad zur Unsterblichkeit! Nicht nur das
Schöne verachten sie, es scheint chre Hauptsorge, ^äß-
lichkeit und wildheit und blöde Dummheit zu er-
künsteln! IVie eine ^age klingt es, was ehedem von
der Uunst gesagt wurde: ein Uttttel und Werkzeug
sei sie zum höheren Flug.
Solchen Angrifsen gegenüber macht Zusti daraus
ausmerksam, daß schon damals der sonst ganz idealistisch
gesinnte pacheco in seiner ^rte cle kintura. sagte:
Zch halte mich an die Natur sür Alles und wenn
ich sie für jeden Teil und ununterbrochen vor Augen
haben könnte, um so besser würde es sein (I, t t ö).
wie aber sindet sich Iusti mit dem ^äßlichen
ab, das sich unoermeidlicher Weise im Gesolge des
Realismus einstellt? wo die Runstsormen eines Zeit-
alters, sagt er (II, 36t) sich ausgelebt und verbraucht
haben, da treten umstürzende Bewegungen aus, die
mit der Überlieserung aufräumen. Dann sieht man
sich der unendlichen Natur ohne Nledium gegenüber,
und das Häßliche, die vielgestaltige lVelt der mensch-
lichen Thierheit, das Thaos der Affekte tritt, unter
dem Lmsluß des IViderspruchsgeistes, vor die Lichter
der Bühne. So lebendig es dabei hergehen mag, so
sind diese Dinge doch an sich noch kein neues Lebens-
element der Runst, aber sie haben ihre Bedeutung
als Zngredienzien; lhäßlichkeit z. B. als Bestandteil
des komischen und humoristischen Fachs. (Sehr lesens-
wert das Folgende über die holländische Runst) . . .
Üäßlichkeit, dieser Augenschmerz, kann an sich kein
Gegenstand schöner Aunst sein. Auch Tharakteri-
st i k ist nicht die vornehmste Aufgabe des Alalers, sie
allein, selbst wenn man Sprache der Leidenschasten
und Lebhaftigkeit der Trzählung hinzunimmt, würde
nur erst einen guten Zllustrator machen, und Dilet-
tanten hatten in diesen Stücken ost mehr Glück als
große Rünstler.
Nachdem so Stellung genommen, sowohl gegen-
über den Zdealisten wie gegenüber den Zmpressionisten,
ist die Bahn sür eine würdigung der ganz eigen-
artigen und dabei durch und durch echten, d. h. all-
gemeingültigen Runst des Velazquez geebnet. von
ihm heißt es: Oft zog ihn das schwer Faßbare und
Darstellbare an, was aber zugleich das Nächste und
Alltäglichste war, wie das allverbreitete Tageslicht:
er hat Ausgaben sich gestellt, aus die man erst in der
neuesten Zeit wieder gekommen ist. Nichtig ist sreilich,
daß dasür auch wenige so enthaltsam gewesen sind
im Gebrauch der Ahantasie, die Gelegenheit, Schönheit
zu verewigen, so wenig benutzt haben, wenige auch
sür das Verlangen der menschlichen Natur nach jenem
Nichtseienden, das uns sür die wirklichkeit lröstet, so
wenig gesorgt haben (1,7). Zhm sehlte das Organ
für das Allgemeine und solglich das Bedürfniß, ihm
Gestalt zu geben; den Rlenschen, diesen höchsten
Gegenstand der bildenden Runst, kannte er nur als
Tinzelwesen, das Zndividuum war ihm die „erste
Substanz" (II, s). IVenige giebt es, welche die Ilnter-
stützung durch das Stosfliche, die Zdeenassociation so
wenig benötigen, obwohl er soviel Gedankenverbin-
1 dungen anregt (II, s).
IVenn er weniger als alle Anderen in die Dinge
hineinlegte, so zog er dasür mehr als Alle aus ihnen
heraus. Niemand hat wie er mit Dürers Grundsatz
Lrnst gemacht, daß „wahrhastig die Runst in der
Natur steckt; wer sie heraus kann reißen, der hat
sie". Daraus beruht ihr Nang (I, 8). Zn den „Rleni-
nas" erblickte Alengs „den Beweis, daß die vollendete
Nachahmung der Natur etwas ist, das alle Arten
von Betrachtern in gleicher IVeise besriedigt" und
Zusti sügt hinzu (II, 3lö): wahrlich, wohl nie
ist jenes Dogma des Leonardo da Vinci, daß der
Nilievo „die Leele der Nlalerei" sei, daß in dem
Schein des Lrhabenen, von der Fläche losgelästen
Rörpers „die Schönheit und das erste wunder" dieser
Runst liege, mit soviel Überzeugung verstanden, mit
solcher Nlacht des Rönnens besolgt und durch die
Bewunderung der Rünstler und Laien in seiner Rich-
tigkeit bewährt worden, wie in diesem Bilde.
velazquez' kühles und doch seinsühliges wesen,
sein einfacher, redlicher, wahrhastiger Lharakter, wies
ihn aus das Bildnissach, das, mehr nach dem be-
obachtenden, nachahmenden j)ol der Runst, als nach
dem schaffenden gravitirt; störende Linmischungen der
j?hantasie, dieses oft zu stark brechenden Nlediums,
hatte er nicht zu besorgen (II, 3). Freilich hatte er
auch, würden die Frauen sagen, ein unglückliches Auge
sür absonderliche Lpiele der plastischen Natur, die ihn
mehr interessirten als das Geheimnis der bsarmonie
in der Lchönheit (I, 315).
Leine j?ortraits, Landschasten, Zagdstücke und alles
was er gemacht hat, kann als Vergleichungspunkt
gebraucht werden, an dem man die Grade oder
Neste konventioneller Lchlacke in andern abmißt.
Das Nledium, durch welches er die Natur sah, ver-
schlang, um ein physikalisches Bild zu gebrauchen,
weniger Farbenelemente als das anderer. wie neben
dem elektrischen Licht auch sonst weiß scheinende
Flammen farbig aussehen, so verlieren neben den
seinigen die werke der Naturalisten; neben velazquez
erscheint Tizians Rolorit konventionell, Nembrandt
phantastisch und Nubens mit einer Dosis manierirter
Ilnnatur behastet (I, 8). Die Details seiner IVerke
bestehen vor dem Auge des Anatomen wie des Sports-
mans und des Lchusters (I, l o). Aus einem Ilrteil
des velazquez über Tintoretto geht hervor, wie er
vor Allem die Darstellungskrast schätzt und die Znter-
pretation des Gegenstandes, die dem Laien eins und
alles ist, gar nicht bemerkt (I, 2 7 6).
So kann denn auch von einem Rüchenstück
seiner Isand gesagt werden (I, I33sg.): wohl noch
nie bis dahin hatte ein Spanier sich zu einem so an-
spruchslosen Gegenstand herabgelassen .... Aber:
da ist keine präparirte Beleuchtung (das Feuer hätte
die schönste Gelegenheit geboten), nichts vom Huut-
Zolit rasfinirter Gemeinheit und llnsauberkeit, nichts
von geschäftsmäßigen Nlodellen oder malerischen
Atelier- und Rostümfiguren, nichts von Herablassung:
bloß Lhrlichkeit. Ls ist ein Ltückchen wirklichkeit,
das aber einen Rreis von Lindrücken, Lrinnerungen
an Land und Leute ckusstrahlt.... Bei aller Nie-
drigkeit der Lphäre ein sehr bestimmter Geschmack —
in dem Rreis der Nlodelle, in dem recht haus-
hälterischen Znventar der „toten Natur", in der
Geringschätzung wohlseiler Lsfekte, endlich in dem
— 344 —
Statt der Linheit der alten Zeit, die der Liicheit des
Glaubens glich, schlägt jeglicher seinen eigenen weg
ein, wie die Füchse des Ämson u. s. w. . . . Lin
schöner j?sad zur Unsterblichkeit! Nicht nur das
Schöne verachten sie, es scheint chre Hauptsorge, ^äß-
lichkeit und wildheit und blöde Dummheit zu er-
künsteln! IVie eine ^age klingt es, was ehedem von
der Uunst gesagt wurde: ein Uttttel und Werkzeug
sei sie zum höheren Flug.
Solchen Angrifsen gegenüber macht Zusti daraus
ausmerksam, daß schon damals der sonst ganz idealistisch
gesinnte pacheco in seiner ^rte cle kintura. sagte:
Zch halte mich an die Natur sür Alles und wenn
ich sie für jeden Teil und ununterbrochen vor Augen
haben könnte, um so besser würde es sein (I, t t ö).
wie aber sindet sich Iusti mit dem ^äßlichen
ab, das sich unoermeidlicher Weise im Gesolge des
Realismus einstellt? wo die Runstsormen eines Zeit-
alters, sagt er (II, 36t) sich ausgelebt und verbraucht
haben, da treten umstürzende Bewegungen aus, die
mit der Überlieserung aufräumen. Dann sieht man
sich der unendlichen Natur ohne Nledium gegenüber,
und das Häßliche, die vielgestaltige lVelt der mensch-
lichen Thierheit, das Thaos der Affekte tritt, unter
dem Lmsluß des IViderspruchsgeistes, vor die Lichter
der Bühne. So lebendig es dabei hergehen mag, so
sind diese Dinge doch an sich noch kein neues Lebens-
element der Runst, aber sie haben ihre Bedeutung
als Zngredienzien; lhäßlichkeit z. B. als Bestandteil
des komischen und humoristischen Fachs. (Sehr lesens-
wert das Folgende über die holländische Runst) . . .
Üäßlichkeit, dieser Augenschmerz, kann an sich kein
Gegenstand schöner Aunst sein. Auch Tharakteri-
st i k ist nicht die vornehmste Aufgabe des Alalers, sie
allein, selbst wenn man Sprache der Leidenschasten
und Lebhaftigkeit der Trzählung hinzunimmt, würde
nur erst einen guten Zllustrator machen, und Dilet-
tanten hatten in diesen Stücken ost mehr Glück als
große Rünstler.
Nachdem so Stellung genommen, sowohl gegen-
über den Zdealisten wie gegenüber den Zmpressionisten,
ist die Bahn sür eine würdigung der ganz eigen-
artigen und dabei durch und durch echten, d. h. all-
gemeingültigen Runst des Velazquez geebnet. von
ihm heißt es: Oft zog ihn das schwer Faßbare und
Darstellbare an, was aber zugleich das Nächste und
Alltäglichste war, wie das allverbreitete Tageslicht:
er hat Ausgaben sich gestellt, aus die man erst in der
neuesten Zeit wieder gekommen ist. Nichtig ist sreilich,
daß dasür auch wenige so enthaltsam gewesen sind
im Gebrauch der Ahantasie, die Gelegenheit, Schönheit
zu verewigen, so wenig benutzt haben, wenige auch
sür das Verlangen der menschlichen Natur nach jenem
Nichtseienden, das uns sür die wirklichkeit lröstet, so
wenig gesorgt haben (1,7). Zhm sehlte das Organ
für das Allgemeine und solglich das Bedürfniß, ihm
Gestalt zu geben; den Rlenschen, diesen höchsten
Gegenstand der bildenden Runst, kannte er nur als
Tinzelwesen, das Zndividuum war ihm die „erste
Substanz" (II, s). IVenige giebt es, welche die Ilnter-
stützung durch das Stosfliche, die Zdeenassociation so
wenig benötigen, obwohl er soviel Gedankenverbin-
1 dungen anregt (II, s).
IVenn er weniger als alle Anderen in die Dinge
hineinlegte, so zog er dasür mehr als Alle aus ihnen
heraus. Niemand hat wie er mit Dürers Grundsatz
Lrnst gemacht, daß „wahrhastig die Runst in der
Natur steckt; wer sie heraus kann reißen, der hat
sie". Daraus beruht ihr Nang (I, 8). Zn den „Rleni-
nas" erblickte Alengs „den Beweis, daß die vollendete
Nachahmung der Natur etwas ist, das alle Arten
von Betrachtern in gleicher IVeise besriedigt" und
Zusti sügt hinzu (II, 3lö): wahrlich, wohl nie
ist jenes Dogma des Leonardo da Vinci, daß der
Nilievo „die Leele der Nlalerei" sei, daß in dem
Schein des Lrhabenen, von der Fläche losgelästen
Rörpers „die Schönheit und das erste wunder" dieser
Runst liege, mit soviel Überzeugung verstanden, mit
solcher Nlacht des Rönnens besolgt und durch die
Bewunderung der Rünstler und Laien in seiner Rich-
tigkeit bewährt worden, wie in diesem Bilde.
velazquez' kühles und doch seinsühliges wesen,
sein einfacher, redlicher, wahrhastiger Lharakter, wies
ihn aus das Bildnissach, das, mehr nach dem be-
obachtenden, nachahmenden j)ol der Runst, als nach
dem schaffenden gravitirt; störende Linmischungen der
j?hantasie, dieses oft zu stark brechenden Nlediums,
hatte er nicht zu besorgen (II, 3). Freilich hatte er
auch, würden die Frauen sagen, ein unglückliches Auge
sür absonderliche Lpiele der plastischen Natur, die ihn
mehr interessirten als das Geheimnis der bsarmonie
in der Lchönheit (I, 315).
Leine j?ortraits, Landschasten, Zagdstücke und alles
was er gemacht hat, kann als Vergleichungspunkt
gebraucht werden, an dem man die Grade oder
Neste konventioneller Lchlacke in andern abmißt.
Das Nledium, durch welches er die Natur sah, ver-
schlang, um ein physikalisches Bild zu gebrauchen,
weniger Farbenelemente als das anderer. wie neben
dem elektrischen Licht auch sonst weiß scheinende
Flammen farbig aussehen, so verlieren neben den
seinigen die werke der Naturalisten; neben velazquez
erscheint Tizians Rolorit konventionell, Nembrandt
phantastisch und Nubens mit einer Dosis manierirter
Ilnnatur behastet (I, 8). Die Details seiner IVerke
bestehen vor dem Auge des Anatomen wie des Sports-
mans und des Lchusters (I, l o). Aus einem Ilrteil
des velazquez über Tintoretto geht hervor, wie er
vor Allem die Darstellungskrast schätzt und die Znter-
pretation des Gegenstandes, die dem Laien eins und
alles ist, gar nicht bemerkt (I, 2 7 6).
So kann denn auch von einem Rüchenstück
seiner Isand gesagt werden (I, I33sg.): wohl noch
nie bis dahin hatte ein Spanier sich zu einem so an-
spruchslosen Gegenstand herabgelassen .... Aber:
da ist keine präparirte Beleuchtung (das Feuer hätte
die schönste Gelegenheit geboten), nichts vom Huut-
Zolit rasfinirter Gemeinheit und llnsauberkeit, nichts
von geschäftsmäßigen Nlodellen oder malerischen
Atelier- und Rostümfiguren, nichts von Herablassung:
bloß Lhrlichkeit. Ls ist ein Ltückchen wirklichkeit,
das aber einen Rreis von Lindrücken, Lrinnerungen
an Land und Leute ckusstrahlt.... Bei aller Nie-
drigkeit der Lphäre ein sehr bestimmter Geschmack —
in dem Rreis der Nlodelle, in dem recht haus-
hälterischen Znventar der „toten Natur", in der
Geringschätzung wohlseiler Lsfekte, endlich in dem
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