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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

DOI Heft:
Heft 3 (Dezemberheft 1929)
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Alverdes, Paul: Bemerkungen zur Buch-Kritik in Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0173

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Keine Spur, sonderii der Fall liegk viel hoffnungsloser. Es iff alles guker
Glaube, ehrliche Überzeugung, freie Meinung der Rezensenken. Die paar 2lus-
nahmen, in denen wirklich Hand die Hand gewaschen oder der Onkel den Lor-
beer für den Neffen besorgk hak, zählen hier nichk mik.

m.

Jedermann weiß, daß es in Deutfchland ein gaar große Zeikungen gibk, deren
Schrifkleikung dcr Buchkritik denselben eifernden Ernff und dieselbe verank-
workungsbewußke Tcilnahme angedeihen läßk, wie der krikifchen Beobachkung
der bildenden Kunffe, der Musik und des Theakers auch. Fehlurkcile sind auch
hier möglich, ja nichk einmal selken; abcr dann beruhen sie faff immer auf Ver-
kennung und nichk auf Unkennknis, oder auf EinseiLigkeik, aber nichk Berfchwom-
menheik der Berichkerffakker. Zndessen sind die Finger einer Hand fchon zuviel,
um diese Blätker aufzuzählen.

Zcdermann weiß ferner, daß in einer verhällnismäßig großen Anzahl deukfcher
Bläkker von Zeik zu Zcik krikifche Aufsähe von bedeukenden Dichkern, Krikikern
und Essayiffen zu lcsen sind. Jn denselben Bläkkern aber und wieviel mehr
noch in den übrigen darf sich der guke Glaube, die ehrliche Überzengung, die
freie Meinung, das heißk in diesem Falle die Hoffark, die Dummheik und die
Ahnungslosigkeik der Auch-Rezensenken ungeffraft an Aukoren nnd Publikum
vergchen. Jch sage ausdrücklich an Aukoren auch: denn nakürlich loben diese
Herren nichk in jedem Falle. Zuwcilen bekommk einer ganz glöHlich eine Ark
von krikifchem Koller und läßk an Buch und Verfasser kcine guke Faser. Aber
dann iff hunderk gegen eins zu wekken, daß er sich nichk aus äffhekifchen Erwä-
gungcn heraus so verhäll, sondern daß er enkweder einen Znden oder ei'nen
Ankisemiken gewikkerk hak, oder sonffwie dem polikifchen oder welkanfchaulichen
BekcnnLnis des Aukors nichk grün iff. Zmmerhin blciben das Ausnahmen.
Zn der Regel verffreuen sie wahllos ihr Lob mik vollen Händen, yreisen den
Gesang und das Geffokker, das Erhabene und das Gemeine, das Ilnwiederhol-
bare und das Nächgeäffkc mik den gleichen breiigen Redensarken und machen
alleo allenr glcich. Melleichk glaubk es der Verleger fchon selber nichk mehr,
wenn Herr Dokkor Soundso in der Schildaer Morgengoff seinen Aukor einen
Geniuo der Poesie nennk, obwohl er nichk einmal ein giller Schriftffeller ist,
aber das Publikum, oder doch wenigffens zehn vom Dutzend, glaubk es noch
immer, weil eine Zeikung ihr Siegel darunker gesetzk hak; kann man es ihm also
verargen, daß er sich gerne bedienk und für seincn Werbezettel ein paar Sätzchen
herausfifchk, auch wcnn deren Ahnungslosigkeik nur noch von derjenigen des
Publikums überkroffen wird, für das sie beffimmk sind?

IV.

Albrechk Dürer hak gegen Ende seines Lebens cinmal verzweifelk bekannk, daß
er nicht wisse, was die Kunff sei. Es iff nichk wahrfcheinlich, daß inzwifchen
einer eine bessere Ankwork auf die Frage danach gefunden hak; und sie könnte
wohl auch dann nichk von den Zeikungsrezensenken erwarkek werden, wenn die
Schrifkleitungen bei der Vergebung und Aufnahme von Buchreferaken weniger
unbedcnklich und vcrankworkungslos verführcn. Aber was von ihnen verlangk
werden kann und muß, iff die Erkemllnis dessen, was nichk Kunff, nicht Gc-
 
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