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Kunstwart und Kulturwart — 27,2.1914

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Heft 7 (1. Januarheft 1917)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14288#0075

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und dieses Mindeste von hellen
Flecken in den Gestalten--Schatten,
wie zuckt's und sticht's.

Ich halt es für sehr wahrschein-
lich, daß dieser und jener jetzt den
Kunstwart wegen seiner Bemühun-
gen um so „einfache" Techniken, wie
Schattenschnitte und Druckschnitte
auslacht. „Laß er doch!«, sagt der
Ostpreuße. Der Farbenautotypie-
Rummel, den soundso viele Ver»
leger für Massenlieferungen aus-
schlachten und den soundso viele
immer noch für eine „kunsterzieheri-
sche" Errungenschaft halten, beginnt
nun auch schon in den Monatsschrif-
ten und Büchern den Rest von etwa
noch gebliebener Augenfeinheit zu
verderben. Wer's ernst mit der Ge-
schmacksbildung meint, sollte dieses
Geschenk Satans des Verführers da-
hin wünschen, woraus er bei Klemm
aufsteigt. Kunst ins Haus, die noch
ihr Werde-Leben zeigt, und je
schlichter sie angezogen ist, je bes-
ser! A

Die katholische Geistlichkeit
und die christliche Kunst

an hat gerade der katholischen
Kirche nachgerühmt, daß sie es
meisterlich verstehe, bei aller Wah-
rung ihrer überlieferten Grundsätze
sich gewissen allgemeinen Kultur-
wandlungen anzupassen, ja sich ihrer
zu bemächtigen und sie in den Dienst
ihres Dogmas zu stellen. Davon
verriet leider der Kunsterlaß des
verstorbenen Erzbischofs von Köln
nicht eben viel, der im Sommer M2
bekannt wurde, denn er verlangte
kategorisch für neue Kirchen den ro-
manischen, gotischen oder den soge-
nannten Abergangsstil; der Archi-
tekt habe überhaupt „stilrein" zu
schaffen und alle Versuche in mo-
dernen Formen, „im sogenannten
Iugendstile", zu unterlassen. Die
Kirchenmalerei, sollte nach ihm im
Anschluß an die deutschen Meister
des späten Mittelalters gehalten

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sein, als passendste Vorbildersamm-
lung wurden die j82l—18H0 erschie-
nenen Lithographien nach Altar-
bildern der Sammlung Boisseree
empfohlen usf.

Heute liegt eine andere Außerung
über kirchliche Kunst vor; ein Hirten-
brief des Bischofs von Negens-
burg an den Klerus seiner Diözese.
Dieser Kirchenfürst verwechselt die
moderne Kunst nicht mehr mit dem
Iugendstil. Er wünscht zunächst für
alle seine Kleriker eine gute Ver-
trautheit mit den Schätzen alter
religiöser Kunst innerhalb seines
Sprengels. Aber wichtiger noch, so
fährt er fort, ist ihm die Förderung
der christlichen Kunst der Gegen-
wart. Auf dem Wege des richtigen
Auftrages könne der Klerus dazu
helfen. Als die wichtigsten Merk-
male eines wahren religiös-kirch-
lichen Kunstwerkes bezeichnet der
Prälat die Vollkommenheit der
äußeren Darstellung, den Aus-
druck religiösen Geistes und die
liturgische Korrektheit.

Was die Vollkommenheit an-
lange, so sei ihr höchster Grad wohl
nicht immer erreichbar, doch sollte
grundsätzlich nie zu geringwertigem
Eriatz gegriffen, sondern gespart
werden, bis die Mittel für Besseres
ausreichen. Der Ausdruck religiösen
Geistes sei in jeder bildenden Kunst
verschieden. Zu verlangen sei, daß
der Geist des Weltlichen ausge-
schaltet werde. Darunter will der
Bischof aber keineswegs alles ver-
standen wissen, was nicht seinem
inneren Wesen nach religiös ist.
Schönheit der äußeren Erscheinung,
ritterliche Lleganz, natürliche Würde
— all das sei zwar dem Wesen nach
nicht religiös, aber ohne diese welt-
lichen Elemente könne die religiöse
Kunst nicht auskommen: „Eine
feinere Art der Verweltlichung des
Religiösen liegt in dem Süßlichen,
Sentimentalen, Charakter-
losen, das einem mitunter selbst in
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