Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstwart und Kulturwart — 27,2.1914

DOI Heft:
Heft 8 (2. Januarheft 1914)
DOI Artikel:
Schmidt, Leopold: Bies "Oper"
DOI Artikel:
Grupe, Margot: Vom Einfluß der Frau auf das allgemeine Modebild
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14288#0126

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
lung niedergelegt, sondern läßt zugleich die ganze Geschichte der Oper
aller Zeiten und Länder in anschaulichen Bildern an uns vorüberziehn. Zuin
erstenmal ist hier dieser Riesenstoff bewältigt. Bies unerzwungene Origi--
nalität, sein weiter Blick, der tausend Zusammenhänge sieht und sein Ilrteil
reifen ließ, die Liebe zum Gegenstand und der Reiz und die Meisterschaft
in der sprachlichen Darstellung bilden die Vorzüge des Werkes. So
ist zwar keine Geschichte der Oper im historisch-wissenschaftlichen Sinn
entstanden; wohl aber ein Buch, wie es anziehender seit langem auf dem
Gebiet der Musikliteratur nicht geschrieben worden, ein Kunstwerk selber,
das sich schon äußerlich durch die vornehme Ausstattung und den wertvollen
künstlerischen Bildschmuck empfiehlt. Leopold Schmidt

Vom Einflutz der Frau auf das allgemeine Modebild

^^^er aus Äberzeugung gegen die Mode schwimmt, hat immer etwas
D Hvom Märtyrer, und wer es aus Zwang oder Not tut, wird sich be-
drückt und unfrei fühlen. Viel lieber will man aus übertriebener
Mode auffallen als aus Unmodernität.

Rur ein sehr überlegener Geist mag die Mode ignorieren aus Miß-
achtung, oder ein sehr eitler — aus Pose. Nnd wer wirklich die gerade
herrschende Mode nicht mitmacht, trägt der nicht die Reste einer ver-
gangenen an sich, die sich nach Iahrgängen verzeichnen läßt und anzeigt,
daß sich der Träger doch einmal der Mode fügte? Ist „das Eigen-
kleid", das nicht der ganz allgemeinen Mode folgen will, — paradox
mag das klingen, nicht ebenso zur Mode geworden wie alles andre?
Gibt es noch „das Eigenkleid", und wenn ja: ist etwa „das Eigenkleid"
wünschenswert für die große Menge? Ist es nicht besser, dem Nngeschmack
und unsicheren Geschmack der großen Allgemeinheit gewisse Normen zu
bieten, durch die sie sich leiten lassen kann? Diese Normen gibt die herr-
schende Mode, wird sie immer geben und hat sie gegeben, solange wir
überhaupt von Kleidung und Trachten sprechen können. Oder glauben
wir etwa, die Griechin, die Römerin, die Damen der Renaissance, des
Rokoko seien keiner Mode gefolgt, hätten nicht mit Eifer studiert, was
dieser Haarkünstler, jener Schneider Neues ersonnen und ausprobiert hatte?
Nur ging der Wechsel von einem Extrem zum andern wohl mehr in ruhiger
Entwicklung vor sich, nicht so schnell und unvermittelt, wie er es heute
dank unserer rapiden Verbreitung alles Neuen und unsern gesteigerten
Lebensbedingungen, aber auch dank dem Geschäftssinn der Interessenten tut.

Im Rückblick gewinnt die große Linie der Mode ganz andre Bedeutung
für uns. Da gehört sie zur Stilentwickelung ihrer Zeit und charakterisiert
ganze Epochen. Historische Ereignisse, kulturelle Einflüsse spiegeln sich in
ihr wieder. Könnten wir uns die Menschen der Freiheitskriege in Rokoko-
tracht denken? Man könnte mit Fug und Recht sagen: Iede Zeit hat
die Mode, die sie verdient. Ie unsinnigere Dinge zuzeiten als Mode
aufkommen können, je schlechter muß es um Vernunft und Geschmack der
Leute bestellt sein, die sie annehmen. Während in Zeiten des Aufschwunges
und der Befreiung auch die Tracht etwas davon widerspiegeln wird.

Nun scheint es, als ständen wir Heutigen den Moden kritischer gegen-
über als unsre Vorfahren. Als ergriffen wir nicht mit der naiven Freude
und Selbstverständlichkeit wie jene das Neue. Wir haben gewisse Be-

97
 
Annotationen