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Kunstwart und Kulturwart — 27,2.1914

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Heft 11 (1. Märzheft 1914)
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Avenarius, Ferdinand; Wyneken, Gustav: "Freideutschtum" und "Jugendkultur"
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https://doi.org/10.11588/diglit.14288#0410

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Iahrg. 27 Erstes Märzheft 1914 Heft 1 l

„Freideutschtum" und „Jugendkultur"

Zu den Vorgängen in München

den Angriffen auf die freideutsche Bewegung in Bayern, die zu so
Hregen Erörterungen in Presse, Landtag und Protestversammlung
^^geführt haben, wissen unsre Leser aus der Tagespresse. Lin „bay--
rischer Schulmann" hatte „znr Beurteilung der »modernsten« Form »freier«
Iugenderziehung" „Dokumente" zusammengestellt, wobei er besonders den
„Anfang" der Herren Georges Barbizon-Berlin und Siegsried Bernfeld-
Wien als „V e r b a n d s z e i t s ch r i f t" verwendete, während der „Anfang"
mit dem Freideutschen Iugendtag nichts weiter zu tun hatte, als daß
er seinerseits dabei sein wollte. Die Schrift des „Schulmanns" er-
schien Abgeordneten und Ministern als genügend sichere Anterlage für
entrüstete Angriffe gegen die freideutsche Bewegung. Ich meine aber: da
seitdem eine Menge mündlicher und schriftlicher Erklärungen herausge-
kommen sind, so brauchen wir von diesen Irrführungen und Mißver-
ständnissen an dieser Stelle hier nicht mehr zu reden, wo Natorp über
den Plan des Freideutschen Iugendtages gesprochen hat (Kw. XXVII, 2)
und wo ich selbst nach eigenem Miterleben vom Meißnertage und seinen
Eindrücken berichtet habe (Kw. XXVII, ^). Das Bild, das der „bay-
rische Schulmann" und die seinem weisenden Finger folgten, von der
freideutschen Bewegung gezeichnet haben, stimmt so ungefähr, wenn man's
umkehrt. Darüber sind jetzt wohl alle einig, die überhaupt nachgeprüft
haben. Und zudem hat keiner erbarmlicher Wehe über den Freideutschen
Iugendtag gerufen, als gerade die dem „Anfang" so nahestehende „Aktion".

Ein Punkt aber bedarf der weiteren Klärung. Es ist Tatsache, erstens:
daß Gustav Wyneken, der sich lebhaft am Freidentschen Iugendtage be-
teiligt hat, für den „Anfang" Barbizons und Bernfelds verantwortlich
zeichnet, und zweitens: daß man dieses Organ der „Iugendkultur" auf
dem Hohen Meißner unter den freideutschen Iungen und Mädeln zu
propagieren suchte. Ist dagegen nichts einzuwenden, da ja die sreie Aus-
sprache eine der Grundsätze der freideutschen Bewegung ist, oder ver-
trägt sich die Propaganda des „Anfangs" mit den freideutschen Auf-
gaben trotzdem schlecht? Wer sich darüber eine Meinung bilden will, muß
vor allem einmal wissen, was Wyneken unter „Iugendkultur" versteht.
Wir haben ihn schon vor einiger Zeit gebeten, seine Meinung darüber
im Kunstwart auszusprechen und geben nun zunächst ihm selber das Wort.

Iugendkultur

(7>as Schlagwort Iugendkultur, das im verflossenen Iahre in der Öffent-
^lichkeit aufgetaucht ist, bedeutet zunächst eine besondere, ihrem Wesen
angemessene Lebensführung der Iugend, einen besonderen jugendlichen
Lebensstil. Hierunter würde sich mancher wahrscheinlich nichts vor-
stellen können, wenn es nicht seit mehr als einem Iahrzehnt den Wander-

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