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Kunstwart und Kulturwart — 27,2.1914

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Heft 10 (2. Februarheft 1914)
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Miltitz, Dietrich von: Der Salon
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https://doi.org/10.11588/diglit.14288#0301

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Der Salon

cr Solon, das „SälHcrr" ist. wic sciuc LN)mologie schon zeigt, als
cirr Mittclding zwischcn dcin clgcütlichcir Fcstraum oder Saal und dem
gewöhnlichcn Gebrauchsranin odcr Zinnncr gedacht. Seine Be-
stimmung ist irn Boechscl dcr Zcircil nnd Stilarteu die gleiche geblieben.
Der Stil ist belanglos, aus dcn Zwcck t'oinrnt cs au, uud nur wo dieser sich
geäudert hat, hört der Salon ans, Salon zn scin. Nun kommt eine
Ketzerei: sogar der Gcschmack ist snr dcn Salon nicht unbedingt erforder-
lich — denn sonst hätte kaum cinc Dame. die sich zum Veispiel in den
achtziger Iahren eingerichtet hat, cincn, weil der darnals herrschende Ge-
schmack schlecht war. Aber „wciblichen^ Charakter und eine gewisse, wenn
auch einfache Sleganz muß cin Salon habcn, denn das verlangt sein Haupt-
zweck. Dieser nämlich ist: cincr Dame als 'Anfenthalt sür ihre Muße-
stunden und als Gmpsangsranin sür ihre Gäste zn dienen. Wenn eine
Dame nur Mußestunden hat, so verbringt sie den ganzen Tag in ihrem
Salon; auch daun, wenn ihre Beschästigungen derart sind, daß sie dem
Salon seinen stets etwas festlichen Charakter nicht nehmen, wie Sticken,
Häkeln, Lesen und Schreiben. Wenn eine Frau dagegen malt, modelliert
oder schneidert, muß sie ein Arbeitszimmer haben oder, wenn das nicht
möglich ist, ihr Schlafzimmer dazu benutzen; denn ein Zimmer, in dem
es nach Gips oder Ölfarbe riecht, in dem eine Nähmaschine steht und Stoff-
schnipsel herumliegen, ist kein Salon mehr. Das allzeit festliche, gewisser-
maßen „angezogene" fehlt, wenn der Salon erst hastig ausgeräumt werden
muß, sobald es klingelt. Eine Frau, die sich viel ihren Kindern widmet
— und das tun hoffentlich alle, die solche haben — kann ihnen erlauben,
im Salon ein Bilderbuch anzusehen, auch mit einer Puppe oder einem
Pferdchen zu spielen, aber nicht einen Waschzuber darin aufzustellen,
um Schiffchen schwimmen zu lassen. Will sie sich an diesem Spiel er-
götzen, so muß sie sich ins Kinderzimmer bemühen.

Ist das Leben einer Frau so ausgefüllt, daß sie keine Zeit übrig behält,
die sie in ihrem Salon verbringen könnte, so wird er zum unpersönlichen
Festraum, zur „guten Stube". Ich will gegen diese nicht unbedingt zu
Felde ziehn, solange man ihr nicht den Namen „Salon" widerrechtlich
beilegt, obwohl man gegen die gute Stube als den Liebling der deutschen
Kleinbürgersfrau einwenden kann, daß der beste Raum einer oft kleinen
Wohnung Hauptsächlich dazu dient, Sonnabends gereinigt zu werden. In
größeren Verhältnissen wird zuweilen ein Teil der Zimmer zu unpersönlichen
Festräumen, weil man sich eben nur in einem Raum auf einmal aushalten
kann und gewöhnlich einen bestimmten bevorzugt. Man nennt die andern
meist auch Salons, aber mit Recht eigentlich nur dann, wenn hie tzausfrau
soviel Gäste bei sich sieht, daß alle Räume HLufig benutzt werden und
gewissermaßen „Verlängerungen" oder Filialen des eigentlichen Salons
bilden.

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