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Kunstwart und Kulturwart — 27,2.1914

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Heft 10 (2. Februarheft 1914)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14288#0366

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Weisen. . . . Hat der Gastwirt im
Hause einen Phonographen?
Schnarrt der Phonograph? Ia. Die
sieben Weisen. . . . Was spielt er?
Das Lied von der kleinen Puppe,
die sein — des Phonographen —
Augenstern sei. . . . Die sieben. . .
Du gibst es auf.

Es ist eine Störung und eine
unerträgliche dazu. Dem Broterwerb
von ein paar hundert Gesang-
lehrerinnen und der Äberschätzung
der Musik in fünfhundert Bürgers-
familien steht die Ruhe einer gan-
zen Einwohnerschaft gegenüber.
Schleppte dich jemand in ein Kon-
zert und zwänge dich, zuzuhören: du
würdest ihn der Freiheitsberaubung
anklagen — gegen die Hausmusik,
die in unseren Großstädten einen
Grad erreicht hat, wie nie zuvor,
sollte es keine Rechtsmittel geben?
Der grobe Unfugparagraph gehört
hier nicht her, weil seine fortwäh-
rende Anwendung unter ihn selbst
fällt. Aber zivilrechtlich soll und
muß ein Schutz geschaffen werden
gegen die Dudler, die Schreier, die
Musikmacher. Mögen sie Musik
treiben (das richtige Wort), mögen
sie sich ergötzen an dem, was sie
ihre Abendunterhaltung nennen...
aber sie mögen uns, die Arbeiten-
den, nicht stören.

Nur die Rechtsprechung kann hier
helfen. Das klappert in jedem Haus
wie eine Mühle, das Wasser rauscht,
das Wasser schwoll, das rasselt,
dröhnt und arbeitet ununterbrochen,
wie Fabriklärm, bullert dumpf und
läßt keinen zur Ruhe kommen. Noch
hat jeder seinen Musikfeind, dessen
Fehler, überstürzte Triolen, Nnarten
er genau kennt: „Ah, das ist weiter
nichts! Lr spielt nur seinen Faust-
walzer!" Seinen — seit drei Iah-
ren — nachmittags von drei bis fünf.
Nichtstuer, Schädlinge der Kunst
und rücksichtslose Gewerbetreibende
. . . nur die Rechtsprechung kann
helfen. Ignaz Wrobel

Zuttus Zaiezeks ^Ferdinand
und Luise"

Stuttgarter Theater

ie Umarbeitung von dramatischen
Meisterwerken zu Operntexten hat
bis jetzt den Komponisten meist wenig
Glück gebracht. Auch Iulius Zaiczek,
der sich von August Koppits Schillers
„Kabale und Liebe" zu einem vier-
aktigen Opernlibretto umarbeiten
ließ, wird voraussichtlich an seinem
Werk wenig Freude erleben.

Schon das Libretto muß gegen
das Werk einnehmen, denn Kop-
pits hat, bei meist wörtlicher Benüt-
zung des Schillerschen Dramas, die-
ses durch Zusammenstreichen und
teilweise Verstümmelung der Haupt-
charaktere so sehr mißbraucht, daß
der gute Geschmack sich dagegen auf-
lehnen muß.

Was die Musik anbelangt, so ist
sie in der Hauptsache eine melodra-
matische Untermalung des Textes.
Es ist nicht zu leugnen, daß der
Komponist nach der lyrischen Seite
hin eine eigene Note entfaltet und
zuweilen ganz Ansprechendes ge-
schaffen hat. Aber in der Erfindung,
in der klanglichen Gestaltung der
dramatischen Steigerungen lehnt er
sich in der Hauptsache an erfolgreiche
Vorbilder an, ohne die Formen, die
er wählte, innerlich beleben zu kön-
nen. Vielfach sucht er durch gewalt-
sameEfsekte, wie zum Beispiel die rüt-
telnden Aktschlüsse, den Mangel an
leidenschaftlichem Feuer zu verdecken.
Trotzdem er teilweise mit flüssiger
Beweglichkeit den einzelnen Stim-
mungen nachgeht, lastet auf dem
Ganzen eine gewisse Monotonie.
Die den Hauptpartien mitgegebene
Musik läßt manchmal in Melodien,
die leicht über dem Orchester schwe-
ben, die lyrischen Vorzüge des Kom-
ponisten wieder erkennen, meist aber
bleibt es bei einem oberflächlichen
Konversationsstil. Die Begabung
Zaiczeks weist nach diesem Werk
 
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