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Kunstwart und Kulturwart — 27,2.1914

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Heft 10 (2. Februarheft 1914)
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14288#0387

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und Stiefel zu absichtlich überkorrekter Modebilder-Zeichentechuik führt.
Björnson, ganz und gar anders, nur zwanzig Striche, aber solche, die
auch in der Zeichentechnik einen lustigen Zuschuß von Theater-Genialität
höchst merkwürdig mit echter vermischen. Die Duse, nür Auge, und zwar
schlagend ähnliches Auge, das in aller Karikatur als Naturschönheit
imponiert. Halten wir noch den Dichter Karl Vollmöller daneben, so
sehen wir an diesen paar Zeitgenossenbildern zugleich, wie Gulbransson
auch im Artistischen individualisiert. Keinerlei Manier, der Strich wie
die Komposition sind stets aus dem Psychischen des einzelnen „Falls" ent-
standen.

Die eigentlichen Scherzbilder dann bitten wir zunächst einmal daraufhin
anzusehn, ob sie wirklich Verspottungen in dem Sinn von Herabwürdigungrn
sind, an den man gewöhnlich bei Verspottungen denkt. Wer das noch
glaubt, wolle das „Professorenduell" daraufhin prüfen, das an einen seiner-
zeit viel besprochenen Fall anknüpft. Hätte Gulbransson die zwei „herab-
würdigen" wollen, so hätte er sie unzweifelhast als seige Leute geschildert,
aber sie halten mit ganz bravem Ernst der Kugel stand, sie wissen schon,
was sie sich schulden, nur ist ihren Nerven der Amgang mit diesen knallen-
den Instrumenten höchst peinlich. Worüber gelacht wird, das ist die
Weltfremdheit und Ungeschicklichkeit — spürt man das wirklich nicht, daß
der schlimme Mann im Grunde den beiden gut ist? Sogar der wunder-
bare Tenor macht ihn viel zu fröhlich, als daß er nicht mehr über seine
Verehrerinnen lachte, als über ihn. Der tripolitanische Ringkampf
zwischen dem kleinen Choleriker und dem großen Phlegmatiker zeigt wieder,
wie er beide gern hat. Selbst der Schmock, der Roosevelt ausfragt, hat
bei seinem ehrlichen Erstaunen vor dem immer Lachenden etwas von seiner
Sympathie, der eifrige Leutnant, der dem Papst die Schweizergarde in
preußische Ordnung bringen will, sogar sehr viel.

Auf Gulbransson den politischen Satiriker werfen wir nur zwei Blicke,
da an diese Stelle das „garstige Lied" nicht gehört. Immerhin mag das
Blatt „Wie wir's möchten" zeigen, wie er auch darin sein kann. Meister-
werkchen, auf die wir ganz besonders aufmerksam machen, sind die vier
kleinen Swinegelblätter „Ick bün all hier" aus King Edwards Einkreise-
Reisezeit.

Schließen wir mit allem Behagen des Gulbranssonschen Heims. Kann
es lustigere Selbstschilderung geben als das Blatt aus der Müllerschen
Mappe, wo er, ein katzenartig Getier aus der Stange, neben all diesen
Angehörigen seiner „Familie" sitzt, auf welche die Gattin ein bißchen
eisersüchtig scheint? Rnd dann die schlechthin köstliche Groteske „Olaf
um fällige Honorare bittend". Die Olafsche Robbe verwandelt in einen
Regenwurm von gewundener Demut, aber mündend in unübersehbar ein-
dringlich geöffnete Hand. Ein Blatt von einer Komik der Linie und von
so entzückender närrischer Liebenswürdigkeit, wie es die gnte Fee auch
dem Genie nur an Iubeltagen beschert. A

^vvrenn wir, im Anschluß an unsern Artikel über die Operette, heut zwei
^»^heitere Notenstücke bringen, so bedarf das wohl in einem Karnevalhest
keiner weiteren Begründung. Ist doch die Operette, wie sie war und
sein soll, so recht aus karnevalistischem Geist heraus geboren, aus jener
Stimmnng, in der man, des Weines voll, die Dinge dieser Welt gern
einmal aus den Kopf stellt, um zu sehn, ob sie so sich besser ausnehmen; wo
man sich selbst die Narrenkappe aufsetzt und Freude am Mummenschanz

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