Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstwart und Kulturwart — 27,2.1914

DOI Heft:
Heft 11 (1. Märzheft 1914)
DOI Artikel:
Vom Heute fürs Morgen
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.14288#0483

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
zweiinalhunderttausend Autos, die
den Stempel tragen. Schauen
wir hinein — wer sitzt darin?

Ia so: da wehen keine grünen
Damenschleier. Da sitzt keine be--
schauliche Behäbigkeit aus Polstern.
Der in diesem Auto sährt, ist kein
Vergnügungsmann. Nein, das ist
ein Mann der Arbeit. Ford hat
keinen Lhrgeiz in bezug auf Luxus-
Autos. Ford überläßt die Städte
seiner Konkurrenz. Ford liefert seine
Zweimalhunderttausend an das
platte Land der Farmer. Zweitau--
send Mark das Stück.

Die Weizenselder rauschen von
der Atlantis zum stillen Ozean —
hoch steht der tzafer vom Missouri zu
den Seen — starr stehn die Kolben
gelben Maises vom Ohio nach dem
Mississippi — weiß quillt es aus
den Baumwollstauden von Louisiana
— und zwischen Weizen, Hafer,
Mais und Baumwollflocken schießen
die zweimalhunderttausend Autos
emsig hin und her auf einer Fläche,
die so groß ist wie Europa.

Darinnen sitzt der Farmer am
Steuer und fährt inspizierend seine
weiten Felder ab. Darinnen sitzt
er und bringt die Saat hinaus.
Darinnen sitzt und fährt er seine
Arbeitsleute auf das Feld. Darin-
nen fährt er seine Frucht zu Markt.

Unaufhörlich flitzen die zweimal--
hunderttausend Automobile durch
das arbeitsdampfende Land, wirre
Wege hin und zurück. Und ziehn
sie nicht Fäden hinterher? Schießt
es nicht von hunderttausend Fäden
kreuz und quer übers Land?

Ia, sie schlingen sich und knüpfen
sich und weben den Teppich der Ar--
beit auf dem platten Lande. Und
die surrenden Webeschiffchen, die den
Teppich weben helfen, schießen alle
aus einem Punkt in das Gewebe,
aus der einen Fabrik. Die fünfund--
zwanzigtausendmal zwei Hände in
dieser Fabrik sind im Grunde eben--
soviel Hände der Landwirtschaft und

bauen mit an hunderttausend Ackern.
Und die Hunderttausende von Land-
arbeitern draußen sind im Grunde
Industriearbeiter und bauen mit
an zweimalhunderttausend Automo-
bilen.

Der Graben zwischen Industrie
und Landwirtschaft ist künstlich. Ls
wird Zeit, ihn zuzuschütten.

Fritz Züricher

Anzeigen als Anzeichen 25

Aus einer Berliner Zeitung:

Beharrung und FortschritL
iw Staatsleben

s ist eine durch Natur und Men-
schengeschichte hindurchgehende
Lrscheinung, daß in aller Entwick-
lung eine beharrende Tendenz mit
einer verändernden, ablenkenden
im Kampf steht und daß die Ent-
wicklung eine unendliche Komplika-
tion beider sich widerstrebenden Ten-
 
Annotationen