Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 8.1863

DOI Heft:
Nr. 12 (December 1863)
DOI Artikel:
Über die Sammlungen des Hôtel de Cluny zu Paris
DOI Artikel:
Correspondenzen
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.25927#0366

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
356 —

(n. 3127). Beide gehören indess schon dem XV. Jahr-
hundert an.
Neben ihnen steht eine etwa li/g Fuss hohe siiberne
Figur (n. 3125), auf deren Rückseite man Best, dass Hans
Greift', ein Nürnberger Goldschmied, dieselbe im
J. 1472 gemacht habe. Er hat die heil. Anna auf einem von
drei Löwen getragenen Stuhle sitzend dargestellt, über dem
ein gothischer Baldachin schwebt, dessen spitzes, fein cise-
lirtes Dach in eine Blume endet. Die Heilige tragt ein lang
herabwallendes Kleid, auf dem vorne an der Brust ein
Geschmeide in Form einer Blume angebracht ist. Darüber
ist ein Mantel geschlagen, unter dem sie ihre Arme hervor-
streckt, um zwei Kinder zu halten, die auf ihren Knieen
stehen, die Jungfrau Maria, mit einer Krone auf dem
Haupte, und einen Knaben, der Legende nach ihren Bru-
der. Diese halten zwischen sich ein für Reliquien be-
stimmtes kleines Kästchen. Die nackten Tlieile sind
emaillirt.
Deutscher Herkunft ist auch eine vorzüglich schöne,
grosse Agraffe (n. 3134) mit vergoldetem Silber, eine
Arbeit des XIV. Jahrhunderts, vielleicht ursprünglich dazu
bestimmt, einen Krönungsmantel auf der Brust zu schlies-
sen. Sie stellt einen einköpfigen Adler mit ausgebreiteten
Schwingen und geöffneten Fängen dar. Auf dem Kopfe
trägt er eine Krone, auf der eine Perle angebracht ist,
andere Perlen hängen aus seinem Schnabel, an den Kral-
len und am Schwänze herab; Körper und Flügel, so wie
der quadratische Grund, auf dem sie ruhen, sind reich mit
feinen Steinen besetzt. Vier grössere und vier kleinere
bogenförmige Streifen fassen den letzteren ein, sie sind
schön emaillirt und tragen in der Mitte Verschlüsse aus
Bergkrystall, die für Reliquien bestimmt waren.
Kurz erwähne ich noch einer wunderlichen, eben-
falls deutschen Goidscbmiedeaibeit aus dem XVI. Jahr-
hundert. Sie stellt ein grosses Kriegsschiff, vergoldet und
emaillirt, dar, und darauf ausser seiner Bemannung den
Kaiser Karl V. sammt den Grosswürdenträgern des Rei-
ches. Durch einen Mechanismus lassen sich die Figuren
in Bewegung setzen. Das Ganze diente ursprünglich als
Tafelaufsatz.
Es mangelte mir die Zeit, um die Werke der fran-
zösischen Goldschmiedekunst einzeln durchzugehen, unter

denen sich besonders einige Kreuze in getriebener Arbeit
und mit Heiligenverzierungen auszeichnen. Auch unter den
Bronzen ist manches, das Beachtung verdient, weniger
die Stücke aus der Renaissance, als die sogenannten
Arbeiten aus Limoges, die dem XI. und den folgenden
Jahrhunderten angehören. Viele derselben sind mit Email
ausgelegt. Unter denZinngefässen sind wenige, die
sich durch eine besondere Feinheit der Kunstübung aus-
zeichnen; indess bemerkt man unter ihnen (S. III oben)
eine Reihe von deutscher Herkunft aus dem XVII. Jahr-
hundert. Es sind Teller, auf denen zwischen verkom-
menen Renaissanceornamenten bald die Figuren der alt-
römischen Kaiser, bald Gustav Adolf und andere Feld-
herren des dreissigjährigen Krieges, bald der deutsche
Kaiser mit den Kurfürsten dargestellt sind (n. 1366 ff.).
Die Elfeubeinschuitzwerke des Hotel de Cluny sind
zahlreich und gehen theilweise noch vor das X. Jahr-
hundert zurück; auch unter ihnen sind deutsche
Arbeiten. Sehr bunt ist die Reihe der Faiencen, vorzugs-
weise italienische und französische, doch auch deutsche
und spanische. Die Glasmalereien sind unbedeutend, meist
nur Fenster von sehr kleinen Dimensionen, unter denen
sich einige Schweizer mit Porträts aus dem Anfänge des
XVII. Jahrhunderts auszeichnen. Unter den Gemälden ist
mir nichts besonderes aufgefallen, unter den gestickten
Tapeten dagegen findet man eine vorzügliche Folge von
flandrischen aus dem XVI. Jahrhundert mit der Geschichte
David's und der Betseba (Saal der Tepp.), so wie andere
nach Tenier's Zeichnungen ausgeführte, von den aller-
lebhaftesten Farben.
Möge der Leser diese kurze Übersicht der Schätze
des Hotel de Cluny nicht mit den Anforderungen aufnehmen,
die an eine strenge, wissenschaftliche und archäologische
Arbeit gelegt werden. Eine solche zu gehen war der
Verfasser nicht im Stande. Er musste sich begnügen, nur
vorläufig auf diejenigen Monumente aufmerksam zu machen,
die seinem Auge durch irgend welche Eigentümlichkeit
unter der Masse des Unbedeutenden auffielen, und wird
sieh glücklich schätzen, wenn es sich bei späterer wissen-
schaftlicher Ausbeutung des Stoffes herausstellt, dass er
sich in seinem Urteile nicht oft geirrt hat.
D. D.

Correspondenzen

*Wa€M. Am 31. October d. J. starb zu Karlsbad J. C. Ritter
v. Arneth, Directordes k. k. Münz- und Antiken-Cabinetes und
Mitglied der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhal-
tung der Baudenkmale — einer der verdienstvollsten österreichischen
Forscher auf dem Gebiete der classiseben Alterthumskunde. Indem
wir uns Vorbehalten, ausführlicher auf das literarische Wirken
Ritter v. Arneth's zurückzukommen, wollen wir vorläufig nur fest-
steilen, dass die k. k. Central - Commission an den Verstorbenen
in Bezug auf Erklärung von Funden und Inschriften ein sehr thätiges

Mitglied verloren hat. Diesem kaiserlichen Institute seit seiner Be-
gründung angehörend, hat er nicht nur zahlreiche und werthvolle
Gutachten, sondern auch durch eine Reihe von Abhandlungen und
Aufsätzen in den Publicationen der k. k. Central-Commission seinen
regen Antheil an dem bisherigen Aufschwünge derselben bewährt.
* Se. Excellenz der Herr Staatsminister hat den k. k. Sectionsrath
Dr. Gustav H eider über dessen Ansuchen seiner Stellung als Mit-
glied der k. k. Central-Commission enthoben und an dessen Stelle den
k. k. Sectionsrath Hm. Ritter v. Heufier in die Commission berufen.
 
Annotationen