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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0084

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80

Kapitel 1

Dieser Sicht schloß sich Herta Zutt im wesentlichen an^. Das Substantiv adal
und die daraus abgeleiteten Adjektive beziehen sich nach Zutt auf Abstammung,
Geschlecht, meist in aristokratischem Sinn, also auf Eigenschaften qua Geburt. Die
Verbindung mit dem ethischen Bereich habe in der Salierzeit begonnen. Friedrich
Maurer kam nach einer Untersuchung der Begriffe Adel und edel zu einem ähnli-
chen Ergebnis und zog daraus den Schluß, erst im Hochmittelalter sei der Gedan-
ke aufgekommen, daß es sich hier um eine Verhaltensweise handle, die man auch
bei Nichtadligen finden könnet
Die These vom Bedeutungswandel der Wörter im hohen Mittelalter steht na-
türlich im Zusammenhang der Wertschätzung germanischer Traditionen. In dieser
Perspektive war nicht zu erwarten, daß Vorstellungen von einem „Tugendadel"
schon in der Frühzeit eine Rolle gespielt haben könnten. Bereits Waitz hatte die
Ansicht begründet, daß Dienst und Adel unvereinbar gewesen seien und damit
etwa auch den Beifall von Heinrich Brunner und in jüngerer Zeit sogar von Arno
Borst gefunden^. Richtet man jedoch das Augenmerk auf die Bedeutung der Re-
zeption römisch-antiker Kategorien, dann wird klar, daß die Vorstellung vom
ethischen Charakter des Adels schon vor dem Hochmittelalter eine Rolle spielte^.
Hans-Werner Goetz hat die Auffassung von Zutt demnach auch abgelehntW
Im Jahre 1953 hat Horst Skerhutt erneut die Meinung vertreten, daß edel und
noMis einfach „Abstammung von einem Geschlecht" bedeuten^", während Ger-
hard Köbler 1972 vermutete, daß adal und adallih das vornehme Geschlecht be-
zeichnten. Eher vorsichtig ging Köbler davon aus, daß auch „Beziehungen" zu
uodal (im Sinne von Heimat, Eigentum, Grundbesitz, Stammgut), bestünden, al-
lerdings werde adal mit noMis usw. übersetzt. Hinweise auf Grundbesitz seien
nicht zu finden^.
Oswald Szemerenyi richtete sich in erster Linie gegen Neckel, aber auch gegen
Behaghel. Die Verbindung zwischen odal und adal existiere, die Grundbedeutung
beziehe sich jedoch auf die Abstammung, nicht auf ein StammguPA Neuere Dar-
stellungen lassen das Problem explizit offen^; Werner Betz stellt zusammenfas-
send fest, daß sich eine sichere Etymologie für das Wort Adel nicht geben läßPA
Betz verwies auf das Tocharische, eine indogermanische Sprache, in der atäl mit
Mann, vom Mann abstammend, zu übersetzen sei; dann sei (wie bei kunni) eine
406 Vgl. Zurr, Adel.
407 Vgl. F. MAURER, Adel.
408 Vgl. WAITZ, Verfassungsgeschichte, Bd. 2, 1, S. 379; H. BRUNNER, Rechtsgeschichte, Bd. 1, S. 350
Anm. 48; BORST, Lebensformen, S. 441.
409 Vgl. dazu heute auch THEIL, Fragen, S. 80f.
410 Vgl. GOETZ, Nobilis, S. .157 Anm. 23, S. 184f.
411 Vgl. SKERHUTT, Ständebegriff, S. 16f.
412 Vgl. KÖBLER, Lehre, S. 172f.
413 Vgl. SZEMERENYI, Etymology.
414 Vgl. H. KUHN, Adel, in: RGA 1,1973, S. 59f.
415 Vgl. BETZ, Wörterbuch, S. 9f.
 
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