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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0335

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Die Struktur der adligen Familien: Von der Sippe zum Geschlecht

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geschlechtePA Damit wären Wappen von Beginn an als Familienzeichen zu inter-
pretieren. Diese Überlegung ermöglicht es wiederum, an eine ältere Theorie anzu-
knüpfen. Schon Homeyer, Ilgen und Meyer hatten die Wappen als Fortsetzung des
Handgemals betrachtet^. Diese Theorie war zwar bereits von Kittel verworfen
worden^, wurde aber von Störmer wieder aufgenommerFA Daß dies im Zusam-
menhang mit dem Bemühen zu sehen ist, die germanische Kontinuität sehr stark
hervorzuheben, liegt auf der Hand. Belegbar ist diese Auffassung kaum.
Während man sich in der Heraldik ausführlich mit der Bedeutung einzelner
Symbole befaßte, machte man sich erstaunlich wenig Gedanken über die soziale
Bedeutung von Wappen. Jüngste Untersuchungen im Rahmen kulturwissenschaft-
licher Ansätze bieten neue Fragestellungen, deren Erklärungspotential noch kei-
neswegs ausgeschöpft worden ist. So interpretiert Werner Paravicini die Wappen
als Zeichen und soziale Bedeutungsträger, die für die soziale Positionierung von
Personen und Familien und damit für die Konstruktion sozialer Wirklichkeit eine
kaum zu überschätzende Rolle gespielt hätten^. Ulrich Ranft sieht Wappen-, Tur-
nier-, Haus- und Familienbücher als Ausdruck des Bewußtseins einer sozialen
RangstellungiA Den Kontext dieser Ansätze bildet die Vorstellung von einer
Ranggesellschaft, in der mit Hilfe von Zeichensystemen sozialer Status und Ver-
haltensweisen zugeschrieben und öffentlich demonstriert wurden.

6.4. Die Adelsburg
Die Beschäftigung mit Adelsburgen stand lange Zeit im Zeichen eines antiquari-
schen Interesses an den materiellen Überresten des Mittelalters. Demzufolge be-
faßte sich die Forschung, sieht man von zahllosen lokal- oder heimatgeschichtlich
orientierten Einzeluntersuchungen einmal ab, überwiegend mit kunst- und archi-
tekturgeschichtlichen Fragestellungen. Diese galten vor allem den noch sichtbaren
Burgen, so daß im wesentlichen die Stauferzeit, also das 12. und 13. Jahrhundert,
als Ara des Burgenbaus Beachtung fand. Welche Form der Gesellschaft oder wel-
ches politische System den Kontext des adligen Burgenbaus bildete, wurde eher

160 Vgl. FENSKE, Adel und Rittertum, S. 1531.
161 Vgl. HOMEYER, Heimat, S. 79f.; ILGEN, Hantgemal; MEYER, Handgemal. Vgl. auch ULMENSTEIN,
Ursprung, der eine Entwicklungslinie vom Handgemal als Familienzeichen über die Siegel zu den
Wappen aufzeigen wollte.
162 Vgl. KITTEL, Wappentheorien, S. 20.
163 Vgl. STÜRMER, Früher Adel, S. 117. Vgl. auch SCHEIBELREITER, Tiernamen, S. 121, 134. Scheibeireiter
vertritt die These, daß zumindest die Welfen ihr „Geschlechtszeichen" zur Wappenfigur machten.
164 Vgl. PARAVICINI, Gruppe. Zur Interpretation von Siegellegenden vgl. SCHÖNTAG, Amts-, Standesbe-
zeichnungen. Zu Wappen als Träger von Kommunikation vgl. jetzt BIEWER, Wappen.
165 Vgl. RANFT, Wappen-, Turnier-, Haus- und Familienbücher.
 
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