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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0433

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Diese Interpretation stieß allerdings auf Widerspruch. Barthelemy monierte im
Rahmen seiner Kontinuitätsthese den späten Zeitpunkt, den Flori für die Entste-
hung des Rittertums angab. Viele Elemente des Rittertums habe es schon seit dem
9. Jahrhundert gegeben*^. Auch Floris Thesen über die Entwicklung von Segnun-
gen und Umgürtungen mit dem Schwert sind nicht allgemein akzeptiert worden^.

10.3. Einzelprobleme

10.3.1. Wurzeln
Wiederum hängen alle Einzelprobleme vom Ansatz ab. Dies gilt zunächst für die
schon früh und sehr häufig erörterte Frage nach den „Wurzeln" des Rittertums.
Die ältere französische Forschung sah die Ursprünge des Rittertums in Frank-
reich. Diese Sicht ließ sich mit dem Verweis auf die zahlreichen französischen
Lehnwörter, die mit dem Phänomen Zusammenhängen, plausibel begründen.
Zudem sind wichtige Elemente der kulturellen Seite des Rittertums offensichtlich
französischen Ursprungs; die Geschichte des Turniers dürfte das Musterbeispiel
dafür sein.
Zu dieser Sicht wurde natürlich auch ein Gegenentwurf formuliert, der insbe-
sondere germanische Traditionen ins Zentrum der Betrachtung rückte^. Es ist
schwerlich ein Zufall, daß er in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts einen
gewissen Anklang fand. Als Höhepunkt dürfte die Darstellung des Germanisten
Hans Naumann gelten, der auf der Basis literarischer Quellen das idealisierte und
ideologisierte Bild eines staufischen Rittertums mit germanischen Wurzeln ent-
warf. Der Ritterstand sei „zum tragenden Gerüst der Kaiser- und Reichsidee und
zum Schöpfer unserer bisher männlichsten und zartesten, wahrhaft frömmsten
und zugleich schönsten Kultur" geworden^. Der Ursprung liege im Gefolg-
schaftsdenken der altgermanischen Zeit: „Germanien schlug im staufischen Ritter-
tum wieder die Augen auf und erwachte"^. Von einem französischen Einfluß auf
das staufische Rittertum könne man nicht sprechen^. Auch Eberhard Otto lehnte
1937 die Vorstellung ab, daß das Rittertum der Stauferzeit ein Produkt französi-

47 Vgl. BARTHELEMY, La chevalerie carolingienne; DERS., Qu'est-ce que la chevalerie, S. 38-43.
48 Vgl. unten 8.3.4.
49 Vgl. dazu bereits ROTH V. SCHRECKENSTEIN, Ritterwürde, S. 203.
50 NAUMANN, Deutsche Kultur, S. 1. Vgl. auch DERS., Der staufische Ritter.
51 NAUMANN, Deutsche Kultur, S. 9. Vgl. ähnlich HÖFLER, Kontinuitätsproblem, S. 24f.
52 Vgl. NAUMANN, Deutsche Kultur, S. 3f.
 
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