Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0453

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
11. Das Spätmittelalter -
Die Ausprägung sozialer und politischer Stände

11.1. Die Verfestigung sozialer Grenzen
Nach vorherrschender Meinung festigten sich im Spätmittelalter die sozialen
„Stände" zumindest im Denken der Zeitgenossen^ Die Überwindung ihrer Gren-
zen erforderte zunehmend einen rechtlichen Akt. Am Beginn der Neuzeit erschei-
nen die sozialen Verhältnisse daher als relativ starr. Diese Entwicklung ist gerade
beim Adel erkennbar. Zwar wurde die in der Heerschildordnung lehnrechtlich
definierte Schranke zwischen Adel und „Nicht-Adel" in der Praxis unscharf, doch
änderte sich dies durch die Bildung der landständischen Verfassungen und des
Reichstags. Im Zusammenhang damit lösten sich die Schranken zwischen Ministe-
rialität und freiem Adel auf, wobei der Zeitpunkt allerdings je nach Region sehr
unterschiedlich sein konnte. Auch wenn die Entstehung politischer Stände nicht
unbedingt mit der Entwicklung sozialer Stände identisch wah, so erforderte sie
doch - auf mehreren Ebenen -, soziale Grenzen präziser zu definieren. Für „Zwi-
schenschichten" in der „Grauzone" zwischen Adel und „Nicht-Adel" ergaben sich
vorübergehend „Zuordnungsprobleme". Nicht zuletzt ermöglicht das Resultat
beider Prozesse, für die frühe Neuzeit von einer „Gesamtgesellschaft" zu spre-
chen.
Selbst wenn man nach wie vor große regionale Unterschiede in Rechnung stel-
len muß, so wird man doch von einer gewissen Vereinheitlichung im Reich spre-
chen dürfen. Am deutlichsten zeigt sich dies vielleicht am Beispiel der Verhältnis-
se in Friesland, wo durch die zunehmende Adaption der allgemein üblichen Ter-
minologie für soziale Kategorien der friesische „Adel" in das zeitgenössische Ge-
samtbild der ständischen Gesellschaft eingegliedert wurde.

11.1.1. Die Entstehung des Adels als sozialer Kategorie
Joseph Morsel hat in jüngerer Zeit darauf hingewiesen, daß sich die Folgen dieser
Wandlungen gerade auch in einer Veränderung der zeitgenössischen Terminolo-

1 Vgl. MORAW, Verfassung, S. 66-78; PRESS, Führungsgruppen, S. 516; DERS., Adel, Reich, S. 329f.
2 Vgl. aber OEXEE, Entstehung, S. 154.
 
Annotationen