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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0277

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König und Adel im Ostfrankenreich

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gar nicht so frei in der Besetzung der Bistümer gewesen, sondern habe auch adli-
gen Interessen Rechnung tragen müssenW Nicht weniges von dem, was typisch
ottonisch erscheine, sei bereits spätkarolingisch, etwa der Zugriff auf Bistumsbe-
setzungenio6. Andererseits sei die Vergabe von Grafschaften und die integrative
Personalpolitik eher spät- oder nachottonischW Finckenstein hob besonders den
Aspekt der Integration des Reichs durch die Personalpolitik des Königs hervor^,
während Thomas Vogtherr bei seiner Untersuchung der Reichsabteien die Kirche
wieder eher als Instrument königlicher Politik betrachtete^. Hartmut Hoffmann
meinte, daß die Grafschaftsschenkungen in spätottonischer und frühsalischer Zeit
nicht dazu dienten, dem Adel ein Gegengewicht gegenüberzustellen; sie hätten
„zu dem mühsamen Prozeß der Zähmung des Laienadels" gehörPA
Im Rahmen neuerer Ansätze ergibt sich demnach eine gewisse Akzentver-
schiebung. Kirchliche Ämter erscheinen primär weder als königliches Instrument
einer gegen den Adel gerichteten Politik noch als eine weitere Säule der Adels-
herrschaft, sondern als ein Reservoir von Posten, über die der Herrscher mit Ein-
schränkungen verfügen konnte. Zum einen dienten sie demnach der Befriedigung
von Ansprüchen adliger Familien, zum anderen war gerade dies aber auch ein
Mittel des Königs, Rangordnungen in der Adelsgesellschaft zu stabilisieren oder
zu verändern. Die offene Frage nach den karolingischen Wurzeln der ottonisch-
salischen Reichskirche verweist auf das bereits erwähnte grundsätzliche Problem,
ob sich die Rahmenbedingungen in Staat und Gesellschaft mit dem Ende des
Karolingerreichs grundsätzlich gewandelt hatten.

5.5. Der Reichsfürstenstand
Julius Fickers klassische Unterscheidung zwischen einem älteren und einem jün-
geren Reichsfürstenstand prägte die ältere Forschung. Ficker hatte zwar eher eine
Materialsammlung vorgelegt und sich bei der Zusammenfassung von Ergebnissen
noch eher zurückgehalten; die Rezeption seiner Thesen, die weitgehend über die
Darstellung von Fritz Schönherr stattfandW führte allerdings zur Auffassung, daß
seine Typologie trefflich mit der herrschenden Vorstellung über die Entwicklung
der Reichs Verfassung vom Vorherrschen des Amtsrechts zum Bedeutungsgewinn

105 Vgl. SCHIEFFER, Ort, S. 15f.; vgl. auch DERS., Reichsepiskopat.
106 Schon PRINZ, Klerus, S. 65, hatte mit einiger Vorsicht die Ansicht geäußert, daß der Begriff des
Reichskirchensystems bereits für das 8. Jahrhundert angemessen sei.
107 Vgl. SCHIEFFER, Kirchenpolitik, S. 325.
108 Vgl. FlNCK VON FINCKENSTEIN, Bischof.
109 Vgl. VOCTHERR, Reichsabteien, S. 286f.
110 Vgl. H. HOFFMANN, Grafschaften, S. 480.
111 Vgl. SCHÖNHERR, Lehre.
 
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