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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0189

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3. Die Karolingerzeit

3.1. Die rechtsgeschichtliche Sicht: Der karolingische Beamtenstaat
und der ältere Reichslürstenstand
Von einem Staat der Karolinger zu sprechen war für den größten Teil der For-
schung am Ende des 19. Jahrhunderts völlig selbstverständlich. Die Maßnahmen
der karolingischen Könige wurden als Wiederherstellung, Reform und Ausbau
des merowingischen Staates der Gründerzeit gewertete Wie kaum jemals zuvor
oder später im Mittelalter erschien die Verfassung, vor allem in der Zeit Karls des
Großen, als das Ergebnis zweckrationalen Handelns von Herrschern, die ein
Beamtensystem aufbauten, das in seiner Funktionalität und Rationalität durchaus
mit modernen Verhältnissen verglichen werden konnte. Für einen „Adel" als ei-
genständige politische und soziale Größe war in diesem Bild natürlich kein Platz;
denkbar war nur ein „Beamtenadel", der seine Stellung, seine Befugnisse und vor
allem seine Legitimation allein königlicher Beauftragung verdankte. Das damit
entworfene Bild war durchaus mit den für zentral gehaltenen Quellen dieser Zeit
zu vereinbaren; dies gilt in erster Linie natürlich für die Rechtsquellen, die Kapitu-
larien und die Leges. Häufig hervorgehoben wurden dabei Nachrichten über Auf-
steiger, die das Grafenamt erhielten. So berichtet etwa Adrevald von Fleury, daß
Karl der Große Leute geringerer Geburt zu Grafen und dttcgs gemacht habek Jan
Dhondt meinte daher feststellen zu können, daß Karl gerade auch Unfreie als Gra-
fen eingesetzt habek Julius Ficker hat in seinem grundlegenden Werk von einem
älteren, amtsrechtlich begründeten Reichsfürstenstand gesprochen, dem alle ange-
hörten, die mindestens Grafen warenk

1 Vgl. nur BRUNNER/SCHWERIN, Rechtsgeschichte, S. 13,109.
2 Miracula Sancti Benedicti auctore Adrevaldo monacho Floriacensi, in: Les miracles de Saint Benoit,
ecrits par Adrevald, Aimion, Andre, Raoul Tortaire et Hugues de Sainte Marie, moines de Fleury,
hrsg. v. E. de CERTAIN, Paris 1858 (ND 1968), S. 43.
3 Vgl. DHONDT, Das frühe Mittelalter, S. 232.
4 Vgl. FICKER, Reichsfürstenstand, Bd. 1, S. 93.
 
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