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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0334

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330

Kapitel 6

hervor^. Die Entwicklung der Rüstung, insbesondere die Einführung geschlosse-
ner Helme, habe es erforderlich gemacht, Krieger auf eine andere Art zu identifi-
zieren; verwiesen werden konnte dabei u.a. auf die Probleme Wilhelms des Erobe-
rers während der Schlacht bei Hastings. Die Identifizierung sei zunächst durch auf
den Schildern angebrachte Zeichen ermöglicht worden, deren Ursprung unter-
schiedlich gewesen sei.
Diese Einschätzung war mit der Vorstellung, Wappen seien als persönliche
Zeichen entstanden, nicht unbedingt vereinbar und legte die Suche nach anderen
Wurzeln nahe. Größeren Anklang fand zunächst die Heerzeichentheorie von Alf-
red Anthony von Siegenfeld. Die alten plastischen Heerzeichen seien durch Zei-
chen auf farbigen Fahnentüchern abgelöst worden, die dann von Rittern in abge-
wandelter Form adaptiert wurden. Aus Heerzeichen seien also Persönlichkeitszei-
chen geworden^. Diese Auffassung haben etwa Gritzner und von Brandt über-
nommen, die die ersten Wappen als Heerbannzeichen betrachteten^. Klassisch
geworden ist im Rahmen dieser Interpretationsrichtung der Ansatz von Galbreath,
dessen vermittelnde Lösung weitgehend akzeptiert wurde. Feldzeichen, Siegelbil-
der und Bemalungen bzw. metallene Verstärkungen von Schilden seien zentrale
Elemente des entstehenden Wappenwesens gewesen. Die Betonung der militäri-
schen Wurzeln legte jedenfalls die Annahme nahe, daß Wappen zunächst nur
persönliche Zeichen oder Zeichen militärischer Einheiten waren, die sich erst spä-
ter zu „beständigen Kennzeichen der Familie"*^ entwickelten.
Widerspruch gegen Galbreath kam von Carl Erdmann, der die Auffassung ver-
trat, daß Fahnen im vorheraldischen Zeitalter schon als solche Symbolwert hatten,
nicht nur durch Farbe und Zeichen^. Heinrich Appelt meinte, das steirische Lan-
deswappen sei aus einem Fürstenwappen mit einem frei gewählten Panther her-
vorgegangen und nicht, wie Siegenfeld behauptet hatte, aus einem Heerzeichen.
Die Zeichen seien überhaupt frei gewählt worden; auch der Adler der Babenber-
ger sei ein Familienwappen, kein Symbol des Amtes. Die Tendenz zum Familien-
wappen sei schon in den Anfängen des Wappenwesens erkennbarW
In einigen neueren Untersuchungen wird, auch als Folge dieser Einschätzung,
der Einfluß militärischer Änderungen auf die Entstehung des Wappenwesens
relativiert. Lutz Fenske sieht einen Zusammenhang mit dem Wandel der Familien-
struktur im hohen Mittelalter und verweist auf die Formierung agnatischer Adels-

154 Vgl. nur PASTOUREAU, Traite, S. 28; GALBREATH/jEQUIER, Handbuch, S. 19fi.; BRANDT, Werkzeug, S.
119ff.; Wappenfibel, S. 20-23; jüngst BIEWER, Wappen, S. 145f.
155 Vgl. SIEGENFELD, Landeswappen.
156 Vgl. GRITZNER, Heraldik, S. 66f.; BRANDT, Werkzeug, S. 120.
157 Wappenfibel, S. 23. Vgl. etwa auch NEUBECKER, Wappenkunde, S. 8f.; DERS., Heraldik, S. 6; BuMKE,
Höfische Kultur, Bd. 1, S. 219.
158 Vgl. ERDMANN, Entstehung, S. 30-47.
159 Vgl. APPELT, Entstehung.
 
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