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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0121

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Die Merowingerzeit

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schätzte Werner die Bedeutung des Dienstgedankens als zentral ein; gerade die
Verbindung von Dienst und Herrschaft kennzeichne den Adel. Wer dem Adel
angehörte, sei von Geburt zur Herrschaft berufen gewesen. Konsequenterweise
kommt Werner zum Schluß, daß Adelsherrschaft in der Merowingerzeit keines-
wegs „private", sondern „öffentliche" Herrschaft gewesen seiA Abzeichen der
Amtsstellung sei das cz'zzgzzizzzzz itzz'ü'iargA Die germanisch-fränkische Elite sei von
Chlodwig nicht anerkannt worden, sofern sie nicht in die tzoMz'üzs eintrat, die eid-
lich zum o&sc^zzzzzzzz verpflichtet warA Chlothars II. Edikt von Paris 614 erschien in
dieser Perspektive nicht mehr nur als Magna Charta des Frankenreichs^, als Ver-
such, pax gf dz'scz'püzza wiederherzustellen oder als Schutz vor Überfremdung der
drei Teilreiche durch „auswärtige" Machthaber^, sondern als Ausdruck der Be-
mühungen des Königs, groß und reich gewordene pofgrzfgs, die Werner als Groß-
grundbesitzer, die nicht zur zzzz'ü'ü'zz przzzcz'pz's gehörten, betrachtete, als Teil der zzoH-
iz'üzs zu integrieren^. Damit sei die im Prinzip illegale Macht jener pofgzzfgs legali-
siert worden.
Dieser Grundgedanke konnte zur These ausgebaut werden, daß der Adel die
„Mehrzweck-Elite" des gesamten Mittelalters und weit darüber hinaus gewesen
seiA „Nicht der europäische Adel in seiner biologischen Substanz ist römisch,
wohl aber seine Grundideen und Strukturen, deren nicht nur begriffliche Durch-
gängigkeit über mehr als anderthalb Jahrtausende ich allerdings glaube nachwei-
sen zu können"A Dieser Adel sei keineswegs nur eine Schöpfung des prz'zzcgps
gewesen, sein Ursprung lag vor dessen Aufstieg. Aus den Reihen der adligen ggzz-
fgs, die in der griechischen wie römischen Antike den Staat regierten, war der
prz'zzcgps nach Werner einst selbst hervorgegangen. „Herrscher und Adel bedienen
sich, ergänzen sich als die Pole eines bipolaren Phänomens... Wo keine Diener
sind, gibt es auch keine Herren"^. Die zzoMz'üzs sei in Europa seit der Spätantike im
Prinzip ausschließlich christlich. Sie habe geherrscht, ihrem prz'ncgps dienend.
Diese Perspektive führte Werner zu dezidiert normativen Wertungen. Der
Adel erschien ihm als soziale Kategorie, die über 1000 Jahre lang herrschte und
gestaltete und „in Kirche und Welt nahezu unser gesamtes kulturelles Erbe her-
vor(brachte)"A Werner verzichtete nicht darauf, gegen die „heutige Elite" zu po-
lemisieren, der es an Werten fehleA
65 Vgl. K.F. WERNER, Du nouveau, S. 195.
66 Vgl. K.F. WERNER, La place, S. 209.
67 Vgl. K.F. WERNER, Naissance, 325, 416f.
68 Vgl. PRINZ, Grundlagen, S. 70f.; IRSIGLER, Untersuchungen, S. 169.
69 Vgl. EWIG, Merowinger, S. 118.
70 Vgl. K.F. WERNER, Naissance, S. 245f.
71 Vgl. K.F. WERNER, Mehrzweck-Elite.
72 K.F. WERNER, Schlußwort, S. 457.
73 K.F. WERNER, Schlußwort, S. 455.
74 K.F. WERNER, Schlußwort, S. 456.
75 Vgl. K.F. WERNER, Naissance, 505, 509-514, bes. 512.
 
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