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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0123

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Wurzel betrachtet werdenA Aus diesem Grund könne man bei adliger Herrschaft
nicht zwischen öffentlicher und privater Macht unterscheiden^.
Zusammenfassend wird man festhalten dürfen, daß sich die Unterschiede der
Interpretation nicht auf terminologische Probleme reduzieren lassen; sie beruhen
offensichtlich auf unterschiedlichen Vorstellungen von der „Verfassung" des Me-
rowingerreichs. Der Zusammenhang ist umgekehrter Art: Die unterschiedlichen
Gesamtbilder fuhren zu unterschiedlichen Interpretationen zentraler Quellenbe-
griffe wie popains oder Franc! usw. Ob unter dem popnlns der Quellen das Volk, die
Großen (als Repräsentanten des Volkes) oder ein Terminus technicus für den Adel
als staatstragender Schicht^ zu verstehen ist, dürfte mit Hilfe begriffsgeschichtli-
cher Analysen nicht zu klären sein. Die Frage, ab wann die Großen das Volk re-
präsentierten, kann nicht unabhängig von der Rahmentheorie beantwortet wer-
den^. Schon die Angaben des Tacitus lassen unterschiedliche Auffassungen zuA
Ebensowenig kann man auf diese Weise entscheiden, ob man die Franc! der
Quellen als freie Franken, als Königsfreie oder als fränkischen Adel betrachten
soll. Die ältere Forschung sah in den Franc! ganz selbstverständlich die Gesamtheit
des Volkes, und noch Rolf Sprandel war dieser Auffassung gewesen^. Im Rahmen
der Königsfreientheorie formulierte Eberhard Otto dagegen die Ansicht, daß man
unter den Franc! den ursprünglichen Kriegeradel verstehen müsseA Dieser Auf-
fassung folgten mit Einschränkungen etwa auch Erich Zöllner^, Dietrich Claude^
oder Friedrich PrinzV Theodor Mayer meinte dagegen, die Königsfreien selbst
seien so bezeichnet wordenA In der Forschung wird inzwischen allerdings sogar
die Frage aufgeworfen, ob der Begriff überhaupt in einem ethnischen Sinn zu ver-
stehen seiA Seebold sieht in den frühen Franken landsuchende „Frisien" und
Chamaven, die ihre Unabhängigkeit bewahrten; auf welche Weise der Begriff auf
andere „Stämme" ausgeweitet worden ist, sei unklarA

81 Vgl. LE }AN, Familie, S. lOOf.
82 Vgl. LE JAN, Familie, S. 99-122.
83 So K.F. WERNER: Volk, Nation, Nationalismus, Masse, in: BRUNNER/ CONZE/ KOSELLECK, Geschichtli-
che Grundbegriffe Bd. 7,1992, S. 204. Zum Problem vgl. auch BOSL, Staat, S. 703, 762.
84 Vgl. dazu auch TABACCO, Zusammenhang, S. 238ff.
85 Vgl. dazu nur J. WEITZEL, Volksversammlung, in: Lex MA 8, 1997, Sp. 1816; GlESE, Reichsstruktur-
probleme, S. 275.
86 Vgl. SPRANDEL, Bemerkungen, S. 290.
87 Vgl. OTTO, Adel, S. 100f., 112f.
88 Vgl. ZÖLLNER, Stellung, S. 64.
89 Vgl. CLAUDE, Untersuchungen, S. 60f.
90 Vgl. PRINZ, Frühgeschichte, S. 297.
91 Vgl. Th. MAYER, Königtum, S. 154f.
92 Vgl. unten 2.3.7.
93 Vgl. SEEBOLD, Franken.
 
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