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Kapitel 2
kirchenwesen gesprochen, sondern nur materiellen Wohlstand als Voraussetzung
für die Errichtung von Eigenkirchen betrachtet: „Auf dem Grund und Boden eines
wohlhabenden Germanen steht eine Kirche"^. Hans Erich Feine hat diese Auffas-
sung in seiner kirchlichen Rechtsgeschichte übernommen und ganz allgemein vom
„indogermanischen Hauspriestertum" gesprochen^. Herbert Meyer verknüpfte
diese Sicht mit seiner Vorstellung über den Charakter des Handgemals^.
Bei diesem Thema allerdings war die Kontinuitätsfrage schon früh umstritten.
Alfons Dopsch wies auf die römischen Wurzeln der Eigenkirchen hin: Sie seien ein
Attribut der Grundherrschaft gewesen^". Feine hat diese Sicht allerdings explizit
abgelehnEW
Verändert wurde die Lehre von Stutz und Feine dann im Zuge der Adelsherr-
schaftstheorie, als nun ein Zusammenhang zwischen Eigenkirchen und Standes-
qualität hergestellt wurde. Heinrich Mitteis betrachtete die Eigenkirche als eine
Erscheinungsform der germanischen AdelsherrschafBA diese Auffassung wurde
u.a. von Karl Hauck, Karl Bosl und Wilhelm Stürmer übernommen, die nicht zu-
letzt auf diese Weise die Bedeutung der germanischen Kontinuität erweisen woll-
ten^. Daß im Eigenkirchenrecht das adlig-germanische Hauspriestertum fortlebe,
hat insbesondere Friedrich Prinz zu einem der Ausgangspunkte seiner Untersu-
chungen über das frühe Mönchtum gemacht^. Noch heute beruft sich Gerhard
Dilcher auf Stutz, wenn er die These formuliert, daß wegen dieser Grundlagen die
mittelalterliche Kirche eine Adelskirche geworden seBA
Dennoch ist die These von den germanischen Wurzeln des Eigenkirchenwe-
sens gerade in jüngerer Zeit auf Kritik gestoßen. Angesichts der Bemühungen, das
spätantike Erbe im Merowingerreich hervorzuheben, hat die These von Dopsch
mit einigen Modifikationen wieder an Bedeutung gewonnen. Insbesondere Karl
Ferdinand Werner weist mit Nachdruck auf die antiken Traditionen der fränki-
schen Kirche schon in merowingischer Zeit hin und bestreitet die Existenz eines
germanischen Eigenkirchenrechts^A Die Frage nach den Wurzeln erscheint der
Forschung heute nach wie vor offeMA
Verknüpft wurden die beiden Themenkomplexe „Adel und Kirche" sowie
„Adelsheil" in den Untersuchungen der Heiligen in fränkischer Zeit, die für die
397 STUTZ, Eigenkirche, S. 19.
398 Vgl. FEINE, Rechtsgeschichte, Bd. 1, S. 161.
399 Vgl. MEYER, Handgemal, S. 75.
400 Vgl. A. DOPSCH, Grundlagen, Bd. 1, S. 233.
401 Vgl. FEINE, Rechtsgeschichte, Bd. 1, S. 161.
402 Vgl. MlTTEIS, Formen, S. 647.
403 Vgl. HAUCK, Geblütsheiligkeit; BOSL, Kontinuität, S. 88ff.; STÜRMER, Früher Adel, S. 358, 373.
404 Vgl. PRINZ, Frühes Mönchtum, S. 489ff.
405 Vgl. DILCHER, Adel, S. 73.
406 Vgl. K.F. WERNER, Le röle, S. 51.
407 Vgl. R. SCHNEIDER, Frankenreich, S. 149f.; BORGOLTE, Kirche, S. 97-100.
Kapitel 2
kirchenwesen gesprochen, sondern nur materiellen Wohlstand als Voraussetzung
für die Errichtung von Eigenkirchen betrachtet: „Auf dem Grund und Boden eines
wohlhabenden Germanen steht eine Kirche"^. Hans Erich Feine hat diese Auffas-
sung in seiner kirchlichen Rechtsgeschichte übernommen und ganz allgemein vom
„indogermanischen Hauspriestertum" gesprochen^. Herbert Meyer verknüpfte
diese Sicht mit seiner Vorstellung über den Charakter des Handgemals^.
Bei diesem Thema allerdings war die Kontinuitätsfrage schon früh umstritten.
Alfons Dopsch wies auf die römischen Wurzeln der Eigenkirchen hin: Sie seien ein
Attribut der Grundherrschaft gewesen^". Feine hat diese Sicht allerdings explizit
abgelehnEW
Verändert wurde die Lehre von Stutz und Feine dann im Zuge der Adelsherr-
schaftstheorie, als nun ein Zusammenhang zwischen Eigenkirchen und Standes-
qualität hergestellt wurde. Heinrich Mitteis betrachtete die Eigenkirche als eine
Erscheinungsform der germanischen AdelsherrschafBA diese Auffassung wurde
u.a. von Karl Hauck, Karl Bosl und Wilhelm Stürmer übernommen, die nicht zu-
letzt auf diese Weise die Bedeutung der germanischen Kontinuität erweisen woll-
ten^. Daß im Eigenkirchenrecht das adlig-germanische Hauspriestertum fortlebe,
hat insbesondere Friedrich Prinz zu einem der Ausgangspunkte seiner Untersu-
chungen über das frühe Mönchtum gemacht^. Noch heute beruft sich Gerhard
Dilcher auf Stutz, wenn er die These formuliert, daß wegen dieser Grundlagen die
mittelalterliche Kirche eine Adelskirche geworden seBA
Dennoch ist die These von den germanischen Wurzeln des Eigenkirchenwe-
sens gerade in jüngerer Zeit auf Kritik gestoßen. Angesichts der Bemühungen, das
spätantike Erbe im Merowingerreich hervorzuheben, hat die These von Dopsch
mit einigen Modifikationen wieder an Bedeutung gewonnen. Insbesondere Karl
Ferdinand Werner weist mit Nachdruck auf die antiken Traditionen der fränki-
schen Kirche schon in merowingischer Zeit hin und bestreitet die Existenz eines
germanischen Eigenkirchenrechts^A Die Frage nach den Wurzeln erscheint der
Forschung heute nach wie vor offeMA
Verknüpft wurden die beiden Themenkomplexe „Adel und Kirche" sowie
„Adelsheil" in den Untersuchungen der Heiligen in fränkischer Zeit, die für die
397 STUTZ, Eigenkirche, S. 19.
398 Vgl. FEINE, Rechtsgeschichte, Bd. 1, S. 161.
399 Vgl. MEYER, Handgemal, S. 75.
400 Vgl. A. DOPSCH, Grundlagen, Bd. 1, S. 233.
401 Vgl. FEINE, Rechtsgeschichte, Bd. 1, S. 161.
402 Vgl. MlTTEIS, Formen, S. 647.
403 Vgl. HAUCK, Geblütsheiligkeit; BOSL, Kontinuität, S. 88ff.; STÜRMER, Früher Adel, S. 358, 373.
404 Vgl. PRINZ, Frühes Mönchtum, S. 489ff.
405 Vgl. DILCHER, Adel, S. 73.
406 Vgl. K.F. WERNER, Le röle, S. 51.
407 Vgl. R. SCHNEIDER, Frankenreich, S. 149f.; BORGOLTE, Kirche, S. 97-100.