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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0198

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194

Kapitel 3

Studien zum Adel im frühmittelalterlichen Bayern^ oder die bereits mehrfach
angesprochenen Arbeiten von Wilhelm StörmerA Auf die rapide zunehmende
Zahl prosopographischer Abhandlungen über einzelne Familien im Gefolge des
Tellenbach-Ansatzes sei nur am Rande hinge wiesenA

3.3. Grafen und Grafschaften
Die von der Forschung weitgehend akzeptierte Annahme, daß die karolingischen
Herrscher einen „Plan" hatten, der die Integration des Adels als Ziel verfolgte,
wirft die Frage auf, inwieweit dies realisiert werden konnte. Damit ist das Problem
der Grafschaftsverfassung in fränkischer Zeit angesprochen; es umfaßt eine Reihe
von Aspekten, die auf grundsätzliche Fragen der fränkischen Verfassungsge-
schichte zielen. Insbesondere für die Verhältnisse im Osten des Frankenreichs
erschwert die sehr dürftige Quellenlage die Formulierung von zufriedenstellenden
Antworten. Natürlich hängt es von der Einschätzung der Staatlichkeit im Karolin-
gerreich ab, welche Rolle man den Grafen in der Reichsverfassung zugesteht. Da-
raus folgt, daß es auf die schlichte Frage, was denn ein Graf eigentlich gewesen sei,
mehrere Antworten geben kann.
Die klassische Lehre der deutschen Rechtsgeschichte von Waitz über Sohm bis
Heinrich Brunner sah im Grafen einen königlichen Beamten, dessen Stellung sich
prägnant auf einen knappen Nenner bringen ließ: „Der ordentliche Beamte der
Grafschaftsverwaltung hieß Graf oder comes"A in Verbindung damit sprach die
ältere Forschung von einem flächendeckenden Netz von Grafschaften; die Unter-
suchung von Gotthold Wagner, der noch 1952 fränkische Grafschaften explizit mit
modernen Verwaltungsbezirken wie den heutigen Landkreisen gleichsetzte A
repräsentiert eine extreme, wenngleich nicht untypische Variante des älteren An-
satzes. Diese Einschätzung war das Resultat einer Sichtweise, die dem Karolinger-
reich ein sehr hohes Maß an moderner Staatlichkeit zuschrieb und demgemäß
auch die Verwaltungseinheiten analog zu modernen Staaten beschrieb. Verfallen
sei diese Verfassung durch das Aufkommen von Immunitäten, durch „Graf-
schaftssammler" und durch Zerschlagung großer Grafschaften als Folge von Erb-
fällen in der ausgehenden Karolingerzeit A

56 Vgl. MAYR, Studien.
57 Vgl. STÜRMER, Adelsgruppen; DERS., Früher Adel.
58 Vgl. die Überblicke bei HLAWITSCHKA, Frankenreich, S. 233fi.; TELLENBACH, Liber Memorialis, S.
468f.; K. SCHMID, Geblüt, S. 81t. mit Anm. 240.
59 BRUNNER/SCHWERIN, Rechtsgeschichte, S. 218.
60 Vgl. G. WAGNER, Verwaltungsgliederung, S. 5.
61 Vgl. dazu PRINZ, Pagus, S. 339f.
 
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