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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0279

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König und Adel im Ostfrankenreich

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Urkunden Heinrichs IV. zum Schluß, daß „Principes die Personen genannt (wur-
den), deren Bedeutung hervorgehoben werden sollte. Um einen Standesbegriff
habe es sich bis zum Ende des 12. Jahrhunderts nicht gehandelt. Heinrich Koller
meinte, daß der Titel pn'nceps vor 1180 keineswegs als Ausdruck eines Standes,
sondern eher unspezifisch und mit sehr großer Bandbreite verwendet worden sei.
Ein exklusiverer Charakter des Titels sei erstmals im Zusammenhang mit dem
Prozeß gegen Heinrich den Löwen in der Zeugenliste der Gelnhäuser Urkunde
erkennbar.
Von einem älteren Reichsfürstenstand spricht die Forschung daher heute nicht
mehr. Weitgehend einig war man sich dagegen, daß in der Zeit nach 1180 ein
Reichsfürstenstand existierte, wenngleich jetzt natürlich nicht mehr von einem
„jüngeren" Reichsfürstenstand die Rede sein konnte. Probleme aber warf die Frage
nach den Kriterien der Zugehörigkeit auf. Sie schienen zunächst nicht völlig klar
zu fassen zu sein.
Wenig Schwierigkeiten bereitete die Frage nach den Grundlagen der Stellung
geistlicher Reichsfürsten. Bischöfe gehörten zum Reichsfürstenstand, wenn sie
direkt durch den König investiert wurden; davon gab es nur wenige Ausnahmen.
Desgleichen gehörten - aus demselben Grund - Äbtissinnen und Äbte von
Reichsklöstern sowie Pröpste von Reichsstiften zum Reichsfürstenstand^^.
Im Hinblick auf die Stellung der weltlichen Reichsfürsten war die lehnrechtli-
che Komponente unproblematisch. Schon Ficker stellte fest, daß Reichsfürsten
Lehen nur vom König oder von der Kirche erhalten konnten. Dies genügte aber
nicht, um zu den Reichsfürsten gezählt zu werden. Tatsächlich hatte der König
natürlich auch noch andere Lehnsleute, deren Zahl, wie insbesondere Karl-
Friedrich Krieger in neuerer Zeit gezeigt hat, im Spätmittelalter sogar noch deut-
lich zugenommen haW°. Demnach mußte - nahm man die Unterscheidung des
Sachsenspiegels zum Ausgangspunkt der Theoriebildung - auch noch ein „land-
rechtliches" Kriterium existieren. Keutgen sprach noch eher unbestimmt von „rea-
ler Macht, deren Inhalt nicht genauer zu bestimmen ist"^L Eugen Rosenstock-
Huessy versuchte, dieses Kriterium erstmals präziser zu fassen. Er sah in einer
„übergräflichen" Herrschaft das landrechtliche Kriterium. Ein Reichsfürst benötig-
te ein Herzogtum oder eine Mark-, Land-, oder Pfalzgrafschaft mit Grafen als Va-
sallen. Rosenstock-Huessy kam nicht nur aufgrund einer empirischen Analyse zu
diesem Ergebnis, er suchte vor allem nach dem rechtlichen Hintergrund dieser
Feststellung. Noch im 12. Jahrhundert sei die Genossenschaft eines ehemaligen
Stammeslandes oder einer Mark zwingend nötig als Basis für ein weltliches

118 GAWLIK, Intervenienten, S. 183.
119 Vgl. die Liste bei KRIEGER, Lehnshoheit, S. 159-168.
120 Vgl. KRIEGER, Lehnshoheit, zusammenfassend S. 577-588.
121 Vgl. KEUTGEN, Staat, S. 91.
 
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