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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0292

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288

Kapitel 5

Ansicht, daß sich unter den Bischöfen, deren Herkunft nicht genauer festzustellen
war, eine größere Anzahl von Ministerialen befand, bestätigte sich nicht. Immer-
hin konstatierte Zielinski, daß weniger die hochadlige Herkunft für eine erfolgrei-
che geistliche Karriere von Bedeutung gewesen sei als vielmehr Beziehungen zu
einflußreichen Personen in der Umgebung des Königs. Im späteren Mittelalter war
für nichtadlige Bischöfe ein Studium nahezu unverzichtbar. Tatsächlich legen
neuere Forschungen zur mittelalterlichen Universität die Annahme nahe, daß das
Studium Nichtadliger offensichtlich vor allem dazu diente, die nötigen persönli-
chen Beziehungen überhaupt erst zu knüpfenW Im Anschluß an Zielinski hat sich
Thomas Zotz noch etwas skeptischer über die Aufstiegsmöglichkeiten Nichtadli-
ger zur Bischofswürde geäußert'^. Berücksichtigen sollte man allerdings die Quel-
lenproblematik: Tatsächlich ist bei einem Großteil der Bischöfe des 9. bis 12. Jahr-
hunderts die Abstammung nicht zu klären. Dieser Befund kann als ein Argument
sowohl für als auch gegen die These von der Adelskirche verwendet werden. Wo
man die Beweislast sieht, hängt alleine von der Rahmentheorie ab.
Auf die Frage, wie diese „Adelskirche" überhaupt entstanden war, gibt es zwei
mögliche Antworten, die ganz offensichtlich vom zeitlich übergreifenden Ver-
laufsmodell abhängen. Hebt man die Bedeutung germanischer Kontinuitäten her-
vor, so erscheint als Ausgangspunkt eine Kirche, die zunächst von Bischöfen aus
der Senatorenaristokratie geprägt worden ist und damit noch keineswegs als eine
Form der germanischen Adelsherrschaft verstanden werden kann. Das Interesse
des fränkischen Adels an kirchlichen Ämtern wird in dieser Sicht auf die Erfolge
der iroschottischen Mission zurückgeführt; so wird etwa Lisieux als Ausbildungs-
ort von künftigen Bischöfen fränkischer Herkunft betrachtet. Friedrich Prinz hat
die Entstehung eines „hohen Klerus" aus Bischöfen und Äbten in die Zeit der
ersten beiden karolingischen Könige verlegt und auf den politischen und gesell-
schaftlichen Hintergrund verwiesen. Die Äbte und Bischöfe seien jetzt, anders als
noch zur Merowingerzeit, in weltliche Angelegenheiten verwickelt worden; dies
interpretierte Prinz als Zeichen für die zunehmende Bedeutung der Bischofskir-
chen und Klöster im Reich. Die Könige mußten nun folglich ein Interesse an einer
effektiven „Personalpolitik" bekommen, während diese Ämter für den Adel inte-
ressant wurden. Prinz sprach von der Abschließung des adligen Reichsklerus von
der übrigen Kirche seit Karl dem Großen; die „Militarisierung" dieses Klerus sei
durch dessen adlige Herkunft erleichtert worden. Die Herrschaft des Adels in der
Kirche sah Prinz als „geistige Voraussetzung" für einen Wandel des Verhältnisses
zum KriegW Daß man den hohen Klerus mit der weltlichen Oberschicht paralleli-
sieren könne, hat im Anschluß an Friedrich Prinz etwa auch Franz Felten hervor-

185 Vgl. zusammenfassend SCHWINGES, Student, S. 187-193.
186 Vgl. Zoiz, Formierung, S. 46. Zum Problem vgl. auch ALTHOFF, Verwandte, S. 68.
187 Vgl. PRINZ, Klerus, bes. S. 196.
 
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