Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0397

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Ministerialität

393

dabei erzielten Ergebnisse hängen vielmehr ziemlich unmittelbar von der verwen-
deten Theorie ab.
Daher ist es kaum verwunderlich, daß heute sehr unterschiedliche Sichtweisen
vertreten werden. Deutlich geworden sein dürfte in jedem Fall, daß sich eine Ge-
schichte der Ministerialität im Reich nicht als Addition von Regionalstudien
schreiben läßt. Dies liegt keineswegs in erster Linie an den großen regionalen Un-
terschieden, die es gegeben haben mag, sondern vielmehr an der Tatsache, daß
diese Studien zumindest partiell auf unterschiedlichen Ansätzen beruhen. Zu-
sammenfassende Einschätzungen, wie etwa Karl Ferdinand Werners an zentraler
Stelle formulierte These von einem „massiven" Eintritt Freier in die Ministeriali-
täTA sind nach wie vor nur mit großer Vorsicht zu betrachten.

9.4. Doppelministerialität
Ein besonderes Problem werfen Ministerialen auf, die in den Quellen mehreren
Herren abwechselnd oder sogar gleichzeitig zugeordnet werden. Der in der For-
schung übliche Begriff der „Doppelministerialität" wird allerdings nicht immer in
einem eindeutigen Sinn verwendet. Karl Bosl, Heinz Dopsch oder Winfried Witzei
bezeichneten so auch Ministerialen, die Besitz außerhalb des Herrschaftsbereichs
ihres Herrn hatten, doch handelt es sich hier wohl um Fälle, in denen man wahr-
scheinlich kaum von der gleichzeitigen Zuordnung von Ministerialen zu zwei
Dienstherren sprechen kann, da dieses Phänomen lediglich eine Stufe im Emanzi-
pationsprozeß betrifftW
Unstrittig ist in der Forschung, daß Doppelministerialität bei Erbteilungen auf-
treten konnte. So spricht Bradler für die Verhältnisse in Schwaben nach dem Tode
Heinrichs des Schwarzen und dem Heinrichs des Stolzen von einer welfischen
Doppelministerialität^ Ministerialen wurden offenbar sowohl Welf VI. als auch
Heinrich dem Löwen zugeordnet. Nach der Erbschaftsregelung Welfs VI. könne
man sogar eine welfisch-staufische Doppelministerialität feststellen.
Häufiger nachweisbar sind Ministerialen, die zwei oder sogar mehreren kirch-
lichen Institutionen gleichzeitig zugeordnet wurden^. Die Doppel- und Vielfach-
ministerialität, die Schulz für Angehörige des Kölner Meliorats feststellen konnte,
war wohl das Resultat der Bemühungen, durch das Eingehen von Dienstverhält-

175 Vgl. K.F. WERNER, Adel, in: LexMA 1,1980, Sp. 123.
176 Vgl. BOSL, Ius, S. 319; H. DOPSCH, Landherr, S. 376-379; DERS., Wandlungen, S. 239; WlTZEL, Die
fuldischen Ministerialen, S. 38.
177 Vgl. BRADLER, Studien, S. 332, 41ff.
178 Vgl. J. REtMANN, Ministerialen, S. 144,183f.; WlTZEL, Die fuldischen Ministerialen, S. 40-44.
 
Annotationen