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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0409

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Ministeriaütät

405

folgenden Landeshistorikern sind die alten Adelsgeschlechter weitgehend ver-
drängt oder sogar ausgerottet worden. Auf der Basis dieser Annahme suchte man
in der Literatur die Thematisierung des Konflikts zwischen Ministerialität und
altem Adel oder der Auseinandersetzungen zwischen Landesherr und alten Adli-
gen im Kontext der entstehenden LandesherrschafPA Während Birkhan meinte,
die Gedichte des sog. Seifried Helbling hätten das Recht des Einschildritters gegen
„Ubergenossen" und reich gewordene Bauern vertreten^, sprach Liebertz-Grün
von einer antihabsburgischen Gesellschaftskritik im Dienste oppositioneller Land-
herren^A Dies traf auf die Kritik von Wolf, der nur den „Versuch einer
ständeübergreifenden Didaxe" erkennen konnte^. Wiederum war es Max Weltin,
der Liebertz-Grüns Deutung grundsätzlich ablehnte^A In den Gedichten sei nur
Kritik am dauernden Aufenthalt der Landherren am Wiener Hof geäußert
worden. Es liegt auf der Hand, daß unterschiedliche Modelle der Entstehung der
Landesherrschaft die Ursachen für den Dissens bilden; Weltin berief sich auf Otto
Brunner. Fritz-Peter Knapp hat die These, daß das Nibelungenlied eine altadlige,
gegen die Dienstmannen gerichtete Ideologie propagiere, explizit mit dem
Hinweis auf die Vorstellungen Weltins zurückgewiesen: Wenn es keine
grundsätzliche Konfliktlinie zwischen einer aufstrebenden Ministerialität und den
alten Adelsgeschlechtern gegeben hat, dann mußten natürlich auch die Versuche
sinnlos erscheinen, diese in der Literatur zu suchen^.
Auch die Bemühungen, die Thematisierung des Konflikts zwischen einem auf-
strebenden Bürgertum und der Ministerialität bzw. dem Adel in der Literatur
nachzuweisen, sind auf wenig Anklang gestoßen. Urs Herzog und Werner Wun-
derlich wollten dies für den Guten Gerhard des Rudolf von Ems nachweisen^A
Dagegen hat Ursula Peters grundsätzlich eingewandt, daß der Deutungsrahmen
aufstrebendes Bürgertum vs. bedrohter Adel nicht zu erweisen sePA Dieser An-
sicht hat sich auch Sonja Zöllner im wesentlichen angeschlossen^A Den Hinter-
grund der Kritik bildete bereits die Rezeption neuerer Forschungen, in denen be-
tont worden war, daß sich die Begriffe Bürger und Ministeriale keineswegs dazu
eignen, zwei voneinander abgegrenzte gesellschaftliche Gruppen oder Schichten
zu bezeichnen.

242 Vgl. KAISER, Textauslegung.
243 Vgl. BlRKHAN, Ministerialenliteratur, S. 31.
244 Vgl. LlEBERTZ-GRÜN, Seitried.
245 Vgl. G. WOLF, Kunst, S. 309.
246 Vgl. WELTIN, Gedichte, bes. S. 371.
247 Vgl. KNAPP, Nibelungentreue.
248 Vgl. HERZOG, Erlösung; WUNDERLICH, Kaufmann.
249 Vgl. PETERS, Literatur, S. 41^5.
250 Vgl. ZÖLLNER, Kaiser, S. 167-174. Vgl. auch SPRANDEL, Beziehungen, S. 30f.
 
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