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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0457

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Das Spätmittelalter - Die Ausprägung sozialer und politischer Stände

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Einheirat in den Adel. Kein Kriterium sei alleine ausschlaggebend gewesen, aber
die Kombination mehrerer Kriterien habe entsprechende Sicherheit gegeben^.
Lehnsbesitz war schon seit dem hohen Mittelalter kein Kriterium mehr, das die
Zugehörigkeit zum Adel begründet hätte. Insbesondere im Spätmittelalter konn-
ten auch Bauern und Bürger Empfänger von Lehen sein. Krieger hat auf die regio-
nalen Unterschiede in der Praxis hingewiesen. Noch im Sachsenspiegel war
Lehnsbesitz für Bauern und Bürger verboten^; tatsächlich lassen sich für Sachsen
noch bis ins 15. Jahrhundert Einschränkungen nachweisen. Anders war dies im
west- und süddeutschen Raum, wo Bürgerlehen vor allem seit Mitte des 14. Jahr-
hunderts nachzuweisen sind. Die Diskriminierung von bürgerlichen Vasallen
verschwand dort frühV
Welche Bedeutung man dem Erwerb von qualifizierendem Eigen für den sozia-
len Aufstieg zuerkennt, hängt nicht zuletzt davon ab, wie man die Frage nach der
kausalen Verknüpfung zwischen Standesqualität und der Rechtsqualität von Gü-
tern im Hochmittelalter beantwortet. Betrachtet man die Abstammung als aus-
schlaggebend für die Adelsqualität, liegt die Annahme nahe, daß bei der Entste-
hung der politischen Stände sowohl auf Reichs- als auch auf Landesebene ein
besonders qualifizierter Besitz zunächst allenfalls eine untergeordnete Rolle spiel-
te. In dieser Perspektive erscheint die Annahme gerechtfertigt, daß die Erstellung
von Ritterzetteln, Landtafeln, Gültbüchern u.ä. als Übergang vom Personalprinzip
zum verdinglichten Prinzip des Güterbesitzes interpretiert werden kann. In vielen
Territorien fand dieser Prozeß noch im 15. Jahrhundert statt. Erst als Folge dieser
Entwicklung wurde die Fähigkeit zur Teilnahme an Landtagen an rechtlich be-
sonders qualifizierten Besitz geknüpft. Vertritt man dagegen mit Mitterauer und
Feldbauer die Ansicht, daß spezifischer Besitz mit den zugehörigen Herrschafts-
rechten die Standesqualität bestimmte, dann wird man in der schriftlichen Fixie-
rung der Landtagsfähigkeit nur die Festschreibung des Status quo sehenV
In jedem Fall wird man festhalten dürfen, daß diese Entwicklung den sozialen
Aufstieg durch den Erwerb rechtlich qualifizierten Besitzes erleichterte, jedoch
nicht zwangsläufig mit sich brachte^. Die soziale Herkunft scheint nicht zur Ne-
bensache geworden zu sein; sie entschied häufig darüber, ob solcher Besitz über-
haupt erworben werden konnte und alle damit prinzipiell verbundenen Rechte
ausgeübt werden durften. Noch Friedrich III. sprach in seinen Nobilitierungsur-
kunden davon, daß die besonderen Herrenrechte nur geborenen Herren zuste-

15 Vgl. dazu exemplarisch PFEIFER, Neuer Adel; P. WlESFLECKER, Weg.
16 Vgl. Sachsenspiegel, hrsg. v. K. A. ECKHARDT, MGH Leges, Fontes Iuris Germanici antiqui, NS 1, Bd.
2: Lehnrecht, 3. Aufl. Göttingen-Berlin-Frankfurt a.M. 1973, 2 § 1, S. 19.
17 Vgl. KRIEGER, Lehnshoheit, S. 157-151, 225ff.; DERS., Landbesitz, S. 85.
18 Vgl. dazu H. DOPSCH, Landherr, S. 344ff.; 392; DERS.; Probleme, S. 229f.; WELTIN, Seifried, S. 375f.
19 Vgl. BELOW, System, S. 87; K.-H. SPIESS, Aufstieg, S. 10-13.
 
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