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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0484

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480

Kapitel 11

men^7 - und die zeitliche Verzögerung dieses Prozesses. Die Entwicklung begann
im Westfrankenreich bereits in spätkarolingischer Zeit, erreichte Bayern und
Österreich aber zum Teil erst im 14. Jahrhundert.
Die noch von Lamprecht und Inama-Sternegg, später dann etwa auch von
Theodor MayeWs vertretene These, daß die adlige Eigenwirtschaft aufgegeben
wurde, gilt heute allerdings als überzogen. Schon Alfons Dopsch hatte betont, daß
dies nicht generell der Fall gewesen sei. Die ältere Forschung habe nicht berück-
sichtigt, daß die Urbare das von den Grundherren selbst bebaute Fand im Normal-
fall gerade nicht aufnahmeWU Ähnlich sah dies AbePU Werner Rösener hat bei
seinen Untersuchungen der südwestdeutschen Verhältnisse tatsächlich festgestellt,
daß die Eigenwirtschaft zwar zurückging, aber nicht völlig verschwandW In den
östlichen Neusiedelgebieten herrschten ohnehin besondere Verhältnisse: Der Aus-
bau der Eigenwirtschaft begann dort bereits im SpätmittelalteUA
Konkrete Aussagen über die Entwicklung der adligen Grundherrschaft sind
mit großen Unsicherheitsfaktoren belastet^. Im Vergleich zu geistlichen Grund-
herrschaften sind Urbare und verwandte Aufzeichnungen auch für das späte Mit-
telalter selten und schwer zu interpretieren^. Selbst die Überlieferung landesherr-
licher Urbare setzt erst seit dem 13. Jahrhundert ein und kann noch lange nicht als
besonders dicht gelten^. Den Hintergrund bildet nicht nur der Vorsprung, den
die landesfürstliche Verwaltung bei Rationalisierungsbemühungen hatte; Urbare
waren lange Zeit offenbar in der Praxis nicht nötig und wurden nicht zuletzt erst
dann angefertigt, wenn Grundherrschaften verkauft oder vererbt worden waren
oder werden sollten.
Unklar ist schon die Ausgangssituation. Inwieweit adliger Grundbesitz, insbe-
sondere weniger vermögender Familien, überhaupt in der Form der Villikations-
verfassung organisiert war, ist schwer einzuschätzenW Zumindest für die Herr-
schaft der Grafen von Falkenstein läßt sich zeigen, daß ein Teil des Besitzes im 12.

157 Vgl. LÜTGE, Deutsche Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, S. 108-127; daran anknüpfend H.K. SCHUL-
ZE, Grundherrschaft, in: HRG 1,1971, Sp. 1836-1839.
158 Vgl. Th. MAYER, Wirtschaftsgeschichte, S. 55ff.
159 Vgl. A. DOPSCH, Herrschaft, S. 128, 132-135, 233f.
160 Vgl. ABEL, Geschichte, S. 70.
161 Vgl. RÖSENER, Die spätmittelalterliche Grundherrschaft; DERS., Grundherrschaften des Hochadels,
vgl. als Beispiel auch ZEHETMAYER, Urbar, S. 108.
162 Vgl. HARNISCH, Gutsherrschaft; DERS., Grundherrschaft; HENNING, Landwirtschaft, Bd. 1, S. 19,165-
172; DERS., Handbuch, Bd. 1, S. 415-419.
163 Vgl. DOLLINGER, Bauernstand, S. 27ff., 38; RÖSENER, Agrarwirtschaft, S. 106f.; KUCHENBUCH, Po-
testas, S. 129f., 140.
164 Vgl. BÜNZ, Probleme, S. 50; ZEHETMAYER, Urbar, S. 9, 79.
165 Zur Urbarforschung vgl. OTT, Probleme; BÜNZ, Probleme; zu den grundsätzlichen Fragen vgl. RICH-
TER, Lagerbücher- oder Urbarlehre. Zur Gesamteinschätzung vgl. KUCHENBUCH, Potestas, bes. S.
129f.
166 Vgl. RÖSENER, Grundherrschaften des Hochadels, S. 91ff.; DERS., Wirtschaftsverhältnisse, S. 327;
allgemein VERHULST, Aspekte, S. 16, 30.
 
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