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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0514

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510

Kapitel 11

Christine Reinle hat in jüngster Zeit ausführlich die Verbreitung dieses Phäno-
mens nachge wiesen^.
Wie man die sogenannten „Bauernfehden" erklären will, hängt von der Rah-
mentheorie ab^k Man kann sie als Relikt des Widerstandsrechts aller Freien ver-
stehen oder aber, ganz im Gegenteil, als neuartige Entwicklungen des späten Mit-
telalters. Schon Otto Brunner hatte mit dieser Frage Schwierigkeiten. Er verwies
auf die herkömmliche Meinung, wonach Bürger und Bauern im allgemeinen kein
Fehderecht hatten; allerdings habe es Ausnahmen gegeben. Ob es sich dabei um
Reste eines älteren Zustands oder aber um lokale Sonderentwicklungen gehandelt
habe, sei ungewiß^. Nach einer Analyse der Fehde Peter Paßlers, eines ehemali-
gen Fischers des Bischofs von Brixen, kam Brunner zum Schluß, daß die bäuerliche
Fehde ursprünglich eine „echte Fehde" gewesen sei, die erst allmählich zum Land-
friedensbruch herabgedrückt wurde. Diese - auf den ersten Blick erstaunliche -
Übereinstimmung mit der älteren rechtsgeschichtlichen Forschung ist natürlich
das Resultat seiner Ansicht, die Fehde sei als Bestandteil des Landrechts aufzufas-
sen, die wiederum auf seiner These über die Bedeutung des Landes im späten
Mittelalter beruht. Man könne nicht von einer bloßen Nachbildung der Ritterfehde
sprechen, sondern von einem verschütteten RechWL Dies bezweifelte in jüngerer
Zeit Patschovsky. Die Bauernfehde sei Ausdruck der revolutionären Forderung
nach rechtlicher Gleichheit, also ein Produkt des ausgehenden Mittelalters^.
Christine Reinle allerdings hob hervor, daß man eher von einer langen Kontinuität
des bäuerlichen Fehdewesens im hohen und späten Mittelalters sprechen sollet
Wie kompliziert die Verhältnisse in der Praxis sein konnten, hat Andreas
Widmer am Beispiel der Gruber-Fehde von 1390 bis 1430 aufgezeigt. Als sich der
Walliser Bauer Johann Gruber in einen Rechtsstreit mit der Eidgenossenschaft
verwickelte, mietete er als Fehdehauptleute etwa 15 Niederadlige aus der Ortenau,
dem Schwarzwald und der schwäbischen Alb an. Diese hatten mit finanziellen
Problemen zu kämpfen und waren vom sozialen Abstieg bedroht^.

341 Vgl. REINLE, Bauemfehden, zusammenfassend S. 343.
342 Schon in der älteren Literatur war dieses Thema umstritten; vgl. den Überblick von ROTHERT, Feh-
dewesen, S. 149f.
343 Vgl. O. BRUNNER, Land, S. 62.
344 Vgl. O. BRUNNER, Land, S. 71f.
345 Vgl. PATSCHOVSKY, Fehde, S. 171.
346 Vgl. REINLE, Bauernfehden, bes. S. 343f., 350.
347 Vgl. WlDMER, Untersuchung, bes. S. 288.
 
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