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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0530

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526

Kapitel 11

vertrat die Auffassung, daß der bewaffnete Reiter mit der Entwicklung von effek-
tiven Handfeuerwaffen wieder in die Geschichte zurückgekehrt sePA
Mehrfach ist hervorgehoben worden, daß sich seit dem 12. Jahrhundert die
passive Bewaffnung änderte^. Dies läßt sich natürlich auf militärische Erforder-
nisse zurückführen; die „explodierenden Kosten" für die ritterliche Rüstung etwa
seit der Mitte des 14. Jahrhunderts erscheinen insbesondere der Militärgeschichts-
schreibung als ein Resultat waffentechnischer Innovationen^". Indessen ist auch
ein anderer Kontext hervorgehoben worden. Wegen der sozialen Veränderungen
seien im Spätmittelalter die sozialen Aufwandsnormen gestiegen^. Der soziale
Konkurrenzdruck habe demnach maßgeblich die immer aufwendiger gestaltete
Rüstung erfordert. Beide Sichtweisen wären durchaus mit der Vorstellung von
einer Krise des Adels zu vereinbaren. Wenn man davon ausgeht, daß hier weniger
ein Problem der Funktionalität vorliegt, dann dürfte auch die spätmittelalterliche
Rüstung als ein Zeichen im Rahmen symbolischer Kommunikation zu verstehen
sein.
Der Bedeutungsverlust der Burgen kann wohl ebenfalls kaum auf die Entwick-
lung der Feuerwaffen zurückgeführt werden. Wie Ernst Schubert treffend be-
merkt, konnte man von Burgen auch herunterschießerPA Die Tatsache, daß im
Spätmittelalter Adelsburgen als Wohnsitze aufgegeben wurden oder zumindest
ihre frühere Rolle verloren, erschien der älteren Forschung als ein weiterer Indika-
tor für den Niedergang des Adels. Wiederum sieht dies die heutige Forschung, vor
allem angesichts der Entdeckung der Multifunktionalität der Adelsburg, etwas
anders; wirtschaftliche Probleme werden kaum mehr als Ursachen genannt^". Die
herrschaftliche Umstrukturierung, insbesondere der Aufbau der Landesherrschaft,
führte in dieser Perspektive zum Bedeutungsverlust adliger Burgen. So haben
etwa Karl-Heinz Spieß und Ernst Schubert davon gesprochen, daß eine andersar-
tige Verwaltung die Burgen letztlich überflüssig gemacht hätterPA Wenn sie mili-
tärstrategische Bedeutung besaßen, wurden sie von Landesherren erworben und
zu Festungen umgebaut. Joachim Zeune und Werner Meyer, die die Burg zualler-
erst als Status- und Herrschaftssymbol betrachten, haben in diesem Zusammen-

438 CARDINI, Krieger und Ritter, S. 128.
439 Vgl. nur VERBRUGGEN, Warfare, S. 25f.; RÖSENER, Wirtschaftsverhältnisse, S. 302-305, 319-322; GAM-
BER, Bewaffnung; SCHMIDTCHEN, Kriegswesen, S. 138f., 146,149.
440 Vgl. VALE, War, S. 125ff.
441 Vgl. v.a. RÖSENER, Wirtschaftsverhältnisse, S. 331ff., 337; SABLONIER, Zur wirtschaftlichen Situation,
S. 16f., 33f.; DERS., Adel, S. 250f.
442 Vgl. E. SCHUBERT, Einführung, S. 214.
443 W. MEYER, in: Burgen in Mitteleuropa, Bd. 2, S. 108, hat systematisierend mehrere Gründe für den
Niedergang der Adelsburg aufgezählt: Auflassung infolge wirtschaftlichen Niedergangs, Auflas-
sung infolge territorialpolitischen Drucks, Auflassung infolge herrschaftlicher Umstrukturierung,
Auflassung infolge des Wandels im adligen Lebensstil.
444 Vgl. E. SCHUBERT, Einführung, S. 213; K.-H. SPIESS, Burg, S. 205.
 
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