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Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft — 3.1903

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Habich, Georg: Hans Kels als Konterfetter
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https://doi.org/10.11588/diglit.47725#0027

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12

Freilich, es handelt sich hier nicht um ein
Modell, sondern um ein selbständiges Porträt-
medaillon. Dies würde genügen, um manche
Abweichungen von der Gepflogenheit des zünf-
tigen Medaillenkünstlers erklärlich zu machen.
Es bedarf des positiven Nachweises, wer der
Autor ist.
Unter den deutschen Kleinmeistern, die hier
in Betracht kommen, hat meines Erachtens Keiner
so viel Anwartschaft auf das Werk, als Hans
Kels, der Meister des köstlichen Spielbretts aus
der Ambraser Sammlung in Wien (s. Jahrb. d.
Kunsts, des all. Kaiserhauses Bd. III, Taf. V—XIII.
Alb. 11g.) (Taf. 8.) Die subtil gearbeiteten
Medaillonbildnisse von Mitgliedern des Habsburgi-
schen Kaiserhauses, welche die Aussenseiten dieses
an Reichtum der dekorativen Erfindung, an Pracht
der Ausstattung und Eleganz der Arbeit einzig
dastehenden Kunstgegenstandes schmücken, lassen
seinen Schöpfer ohne weiteres auch als gelernten
und geübten Medailleur erkennen. Es sind incless
weniger diese medaillenartigen Porträts als die nicht
minder reizvoll durchgeführten figürlichen Dar-
stellungen auf den vollzählig erhaltenen 24 Brett-
steinen (s. Abb. 2, 3, 4, 5), welche die nächsten
stilistischen Vergleichungspunkte zu unserm Fugger-
Medaillon bieten und Hans Kels als Urheber auch
dieses Bildwerks zu erkennen geben. Biblische
und klassisch-mythologische Gegenstände, sowie
Szenen aus der römischen Geschichte, alles natür-
lich durchaus im Kostüm der Zeit behandelt, bilden
den Inhalt dieser aufs feinste in hellem Holz aus-
gearbeiteten und aufgesetzten Reliefbilder. Trotz
des landschaftlichen Hintergrundes entsprechen die
zierlichen Figürchen unserem Fugger, wie in der
gar nicht abstrakten, sondern höchst gegenständ-
lichen Behandlung des Reliefs, so in allem äusseren
Detail, namentlich im Kostümlichen. Man sehe
diesen Tarquinius in der Lucretiaszene (Abbildg. 3)
— könnte der stattliche Fugger nicht Modell dazu
gestanden haben? Für das Kostüm vergleiche
man ferner die reichen Trachten auf den Szenen:
Abb. 3, 4 u. 5.
Der Cupido mit den verbundenen Augen auf
der Rückseite des Medaillons hat in dem kleinen
Begleiter der „Venus Anadyomene“ (Abbildg. 2)
ein Gegenstück von brüderlicher Aehnlichkeit. Man
beachte in formaler Beziehung die Behandlung des
Nackten, der Flügel u. s. w. Dagegen findet, was
das Bewegungsmotiv anlangt, der kleine Bogen-
schütze eine schlagende Analogie in dem niedlichen
Figürchen des bogenschiessenden Herkules der
tragischen, das Motiv der „Insel der Seligen“ va-
riierenden Idylle von Nessos und Deianira (Ab-
bildg. 6). Für kleinere Details, wie die spezifische
Form des Bogens oder des Köchers, giebt es auf
den Brettsteinen mancherlei Entsprechendes. Man
vergleiche übrigens auch die Wellenbildung auf
der Venusdarstellung mit dem Wolkengebilde zu
Füssen des Cupido. Scheinbare Nebensächlich-
keiten, wie die mit Ballen von Granatkernen durch-
setzten Festons (s. Taf. 8), Zwickelrahmen der
grossen Monogramme (FA) wird der Medaillen-
kenner nicht unterschätzen; sie finden ihre Ent-

sprechung in dem feinen Laubkranz, der das Fugger-
medaillon umgiebt.1)
Was die Persönlichkeit des Künstlers angeht,
so hat in der angeführten monumentalen Publikation
des Spielbretts Alb. Hg das Wenige, was ihm be-


Abbildg. 6.
Detail vom Spielbrett des Hans Kels: Medaillon mit Darstellung des
Nessos und der Deianira, im Hintergrund Hercules.
Wien, Hofmuseum.

kannt war, zusammengestellt. Auf dem 1537 fertig-
gestellten Spielbrett nennt jener sich „Hans Kels
zu Kaufbeiren“. In der That ist in der alten
schwäbischen Reichsstadt eine Bildschnitzerfamilie
dieses Namens urkundlich nachweisbar. Ueber
H’ans Kels Lehrgang und seine Entwicklung fehlt
indes leider jeder Anhalt. Bis Ende der dreissiger
Jahre scheint er in Kaufbeuren thätig gewesen zu
sein. 1541 treffen wir ihn in Augsburg, wo er am
6. Dezember die Gerechtigkeit als Bildhauer erhält.2)
Dem freundlichen Entgegenkommen des Herrn
Stadtarchiv-Sekretärs Hirschmann in Augsburg
verdanke ich folgende, die Resultate der Vischer-
schen „Studien“ aufs willkommenste ergänzende
Mitteilungen. Hans Kels war verheiratet mit Bar-
bara Flicker und wohnte anfänglich im Hause


seines Schwiegervaters, des Goldschmieds Hans
Flicker, in der Gegend des (1826 abgebrochenen)
1) Amor auf der Kugel stehend, wie auf dem Fuggermedaillon, aber
mit einer nackten, weiblichen Flügelfigur, ähnlich wie auf dem Brettstein,
sowie mit einem anderen Amorino vereinigt, findet sich auf der Rück-
seite einer Nürnberger Medaille, darstellend den Stephan Praun,
(Abbildg. 7). Venus geflügelt, geht auf italienische Vorstellung zurück,
vergl. die kleine Plakette mit der Schmiede des Vulkan: Molinier No. 481,
Bode-Tschudi, Bildwerke des Berl. Museums No. 666 u. 667.
2) S. Rob. Vischer, Stud. zur Kunstgeschichte S. 526 u. 564. Ueber
einen „Veit Kelhs“ s. ebenda S. 528. Von diesem Veit findet sich
im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe ein kunstvoll gearbeitetes
Uhrgehäuse. Einen Martin Kels erwähnt Baader, Beiträge S. 5 unter
den Nürnberger Künstlern.
 
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