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Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft — 3.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.47725#0039

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Fürstenzüge Friedrichs II., sondern durch die Bettel-
prozessionen der Scalzi beeindruckt. Der Vater
erscheint als der letzte machtvolle Repräsentant des
mittelalterlichen Imperiums, dessen scheidender
Glanz von diesem letzten Propheten noch einmal
besungen wird. Der Sohn erlebt das Morgenrot
einer neuen Zeit, die mit dem Orden des heiligen
Franz von Assisi anbricht.“ So fasst Schubring
den Unterschied von Vater und Sohn, der in Tem-
perament und künstlerischer Erziehung begründet
ist. Vielleicht könnte die Erwägung, wie sehr
Giovanni Toskaner war, zu der Annahme führen,
es müsse seine Mutter, die Gattin Niccolos, aus
diesem Lande, vielleicht aus Pisa stammen.
Der von Giovanni Pisano erbaute Camposanto
ist dann ein Hauptschauplatz für die Entfaltung der
Trecentomalerei geworden. Die Besprechung des
Freskenschmuckes gab dem Verfasser Gelegenheit,
ein Lieblingsgebiet, das er auch sonst schon zum
Gegenstand genauer Forschungen machte, zu be-
rühren. Seine Ausführungen geben dem Laien eine
willkommene Anleitung zum Verständnis und Genuss
der ausdrucksstarken eindringlichen giottesken
Malereien, dem Forscher aber wertvolle Beobacht-
ungen, Hinweise und Zusammenstellungen. Alle
Nachrichten über in Pisa Ansässige oder von Aus-
wärts berufene Künstler sind sorgfältig gesammelt,
die erhaltenen Werke hinsichtlich ihrer ästhetischen
sowie kunstgeschichtlichen Bedeutung gewürdigt.
Dem Rundgang durch den Camposanto 'und das
Museo Civico folgt ein solcher durch die kleineren
Kirchen des IX. bis XIV. Jahrhunderts. Was im
XV. und XVI. Jahrhundert entsteht, ist von Künstlern
geschaffen, die aus Florenz, Siena, später auch aus
Rom requiriert wurden. Die politische Unfreiheit
Pisas seit 1406, welche nur noch einmal durch einen
kurzen Freiheitstraum (nach 1494) unterbrochen
wurde, hatte schnellen Niedergang zur Folge.
Das Positive aber, die dauernde künstlerische
Bedeutung Pisas, ist in warmem Tone in dem vor
uns liegenden Buche geschildert. Wie es der Liebe
zu diesen Kunstwerken entsprang, so wird es auch
imstande sein, das liebevolle Verständnis derselben
in weiteren Kreisen zu wecken. Auch die best-
bekannte, vornehme Ausstattung und die überaus
reiche Illustrierung (mit 140 Abbildungen) wird dazu
nicht unwesentlich beitragen. (Dr. Wilhelm Suida.)
Biirkner, R. Geschichte der kirchlichen Kunst. 464 S.
mit 74 Abbildgn. 8°. Woetzel, Freiburg i. B. 1903.
Mk. 8.—, gbd. Mk. 12.—.
Der Verfasser ist kein Kunstgelehrter im engeren
Sinne des Wortes, das hat er sowohl mit seinem
„Grundriss des deutschen evangelischen Kirchen-
baues“ als auch mit dem obigen Werke bewiesen.
Seine Absichten gehen auch nicht dahin, neue
Perspektiven zu eröffnen oder mit kritischem Blick
an die vorhandenen Materialien der kirchlichen
Kunst heranzutreten, um ihnen irgend welche neue
Deutungen zu geben. Dafür besitzt er aber in
nicht gewöhnlichem Masse die Gabe, in allgemein-
verständlicher und fesselnder Weise einen gründ-
lichen Ueberblick über die Geschichte der kirch-
lichen Kunst zu geben und technische Dinge dem
Laien ohne Fachausdrücke in der klarsten Weise
zu veranschaulichen. Bürkners Schilderungen be-
ziehen sich namentlich auf die Gestaltung und Aus-
schmückung des christlichen Kultus und zwar vom
modernen protestantischen Standpunkt aus. Aus-
gehend vom antiken Tempelbau, verfolgt er die
christlichen Kultusstätten durch die Jahrhunderte
hindurch bis zur Neuzeit, ohne dabei die übrigen

Kunstarten, soweit sie im Zusammenhang mit der
Kirche stehen, zu vergessen. Den letzten drei
Jahrhunderten sind 40 Seiten des Buches gewidmet,
wovon 3 auf die Malerei und Bildnerei des 19.
Jahrhunderts entfallen. Diese Beschränkung dürfte
dem Buche ebensowenig zum Vorteil gereichen,
wie die vom Verfasser selbst gefertigten Illustrationen,
die kaum als zweckentsprechendes Anschauungs-
mittel betrachtet werden können. Diese Punkte
dürften bei einer Neu-Auflage des sonst sehr
schätzenswerten Werkes nicht wieder äusser Acht
gelassen werden. Dr. p.
Goeler von Ravensburg, F. Grundriss der Kunst-
geschichte. 2. Aufl. von M. Schmid. 3.—5. Lfg.
(S. 161—400 mit 5 Taf.) gr. 8U. Duncker, Berlin
1902. Je Mk. 1.—.
Gradmann, E. Geschichte der christlichen Kunst.
Herausgegeben vom Calwer Verlagsverein. VI,
616 S. mit 320 Abbildgn. gr. 8°. Verlag der Vereins-
buchhandlung Calw und Stuttgart. 1902.
Gradmanns Buch ist keine allgemeine Kunst-
geschichte der christlichen Zeit, sondern eine Dar-
stellung der Geschichte des Christentums an seinen
Kunstdenkmalen. Es berücksichtigt daher in erster
Linie die Anschauungen der Kirche, welche auf die
Kunst von bestimmendem Einfluss waren. Natur-
gemäss musste der frühchristlichen Kunst und ihrer
reichen Symbolik ganz besonderes Augenmerk zu-
gewendet werden. Es beanspruchte darum auch
dieser als „Altertum“ bezeichnete Abschnitt mehr
Raum, als die Abschnitte, in denen das Mittelalter
und die Neuzeit behandelt wird. Durchweg behält
diese Kunstgeschichte die engste Fühlung mit der
Kirchengeschichte und der Altertumskunde. Sie
erklärt die kirchlichen Bauformen und Gerätschaften
aus den Bedürfnissen des Gottesdienstes, die Bild-
werke, die Andachtsbilder und den Gräberschmuck
aus den religiösen Idealen und Stimmungen, wobei
die literarischen Quellen eine bedeutsame Rolle
spielen. Bei einer solchen Darstellungsweise darf
es nicht auffallen, wenn dem Typischen ein breiterer
Raum zugestanden wird, als dem Individuellen und
dadurch die Künstlerbiographie und Stilkritik in den
Hintergrund tritt. In der Durchführung macht sich
eine Ungleichheit geltend, die auf das Konto derer
gesetzt werden muss, welche Gradmanns Arbeit,
die in der Hauptsache in den beiden ersten Teilen
des Buches „Altertum“ und „Mittelalter“ besteht,,
im dritten Teil „Neuzeit“ zu Ende geführt haben.
Während dort reiches Wissen, Rücksichtnahme auf
den Stand der neueren Forschung und systematische
Gruppierung des Stoffes die Darstellung in aner-
kennenswertester Weise stützten, finden wir hier,
besonders gegen den Schluss, meist nur ein trockenes
Aufzählen der Tatsachen. Wenn wir hiervon ab-
sehen, so muss gesagt werden, dass Gradmann mit
dieser christlichen Kunstgeschichte ein Werk ge-
schaffen hat, das den christlichen und kirchlichen
Kreisen in jeder Weise Genüge leistet. Die 320
sorgsam ausgewählten Abbildungen, die viel neues
Material vorführen, bieten der Anschauung vorzüg-
lichen Stoff. Dr.p-
Hausschatz älterer Kunst, eine Auswahl der besten
Radierungen nach Gemälden alter Meister, erscheint
in 20 Heften mit je 5 Blatt Radierungen im Format
30: 40 cm. ä Heft Mk. 3.—Gesellschaft für ver-
vielfältigende Kunst, Wien.
Wir haben schon in Nummer 11 des vorigen
Jahrganges dieser Zeitschrift auf die besonderen
Vorzüge des Hausschatzes älterer Kunst nachdrück-
lichst hingewiesen und aus Heft 1 der Publikation,
 
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